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Stephan Ziegler mit einem Rad

Simon Welebil

In Wien kann man Fahrräder jetzt abonnieren

Gleich drei Unternehmen bieten in Wien seit Kurzem All-inclusive-Abos an, mit denen man ein Fahrrad dauerhaft mieten kann. Das Angebot reicht von Fahrrädern für die Stadt bis hin zu leistungsstarken E-Mountainbikes.

Von Simon Welebil

Weil Stephan Ziegler während seiner Studentenzeit einfach zu faul gewesen sei, den Patschen an seinem Fahrrad zu flicken, sei es monatelang herumgestanden. „Da hab’ ich damals schon gedacht, wie lässig wäre das, wenn mir das jemand machen würde“, erzählt der junge Wiener. Statt in eine Fahrradwerkstatt zu gehen, ist daraus die Idee entstanden, ein Unternehmen zu gründen.

Gemeinsam mit Philipp Eder hat er Eddi Bike ins Leben gerufen, ein „All-inclusive-Fahrradabo“, bei dem man für rund 25 Euro im Monat nicht nur ein Rad samt Beleuchtung und Schloss nach Hause geliefert bekommt, sondern auch den dazugehörigen Service abonniert, egal, ob es darum geht, einen Patschen zu flicken, die Bremsen einzustellen, oder gar gröbere Reparaturen zu machen sind.

„Mobilität on demand“ nennt Ziegler das Konzept von Eddi, hinter dem aber vor allem auch „Convenience“ steckt, also die Bequemlichkeit, die den Kunden von der Couch aus all seine Bedürfnisse befriedigen lässt.

Stephan Ziegler mit einem Rad

Simon Welebil

Eddi Bike versteht sich als „Urban Brand“.

„Wir wollen die Räder nicht im Donaukanal haben“

Das Eddi-Bike, das sich das junge Startup in Rumänien zusammenschrauben lässt, ist ein „Urban Bike“, ein sportliches schwarzes Rad mit 3-Gang-Nabenschaltung und weißen Reifen und macht einen hochwertigen Eindruck. Darum geht es den Gründern auch, denn die Kunden sollen das Rad auch wertschätzen, im Sinne des Unternehmens und auch der Nachhaltigkeit. „Wir sehen das Rad auch als Ressource. Wir wollen nicht wie Sharing-Anbieter unsere Räder im Donaukanal haben.“

Über 100 Räder haben Ziegler und seine mittlerweile fünf Partner*innen schon in Umlauf gebracht, an Privat-, aber auch an Businesskunden wie Lieferservices, bis Ende des Jahres sollen es 1.000 sein. Das Rad soll dabei laufend verbessert werden, ein Modell mit Tiefeinstieg dazu kommen und auch ein E-Bike.

Mieträder erobern Europa

Dass das Ganze auch in größerem Maßstab funktionieren kann, zeigt Swapfiets aus den Niederlanden. 2014 von drei Studierenden gegründet, ist Swapfiets inzwischen von einem großen niederländischen Konzern aufgekauft worden. Swapfiets hat in ganz Europa über 220.000 Kund*innen, seit Kurzem auch in Wien.

Frau auf einem Holland-Rad

Swapfiets.com

Swapfiets setzt auf Holland-Räder. Hier gibt’s den Praxistest der Radlobby.

Swapfiets hat vor allem „gemütliche Stadträder“ im Angebot, so Vinzenz Goidinger, der Shopleiter von Swapfiets in Wien: ein klassisches 1-Gang-Hollandrad ab rund 17 Euro pro Monat, das in Wien aber wegen der doch recht hügeligen Topographie nicht so stark nachgefragt wird, eine abgeänderte Form davon mit einer 7-Gang-Nabenschaltung und ein E-Bike, das für die Stadt optimiert ist. Letzteres kostet etwa 75 Euro im Abo.

Das Interesse seit der Shop-Öffnung in Wien sei sehr groß, erzählt Goidinger, mittlerweile habe man von den Rädern mit den auffälligen blauen Vorderreifen schon mehr als 200 auf den Wiens Straßen, mit Tendenz nach oben.

Swapfiets will eine möglichst breite Zielgruppe ansprechen, beginnend bei Studierenden, Erasmus-Studierenden, die nur für eine begrenzte Zeit in Wien sind, „Young Professionals“, im E-Bike-Bereich speziell Leute zwischen 40 und 50, die es ausprobieren, aber nicht gleich die ganz große Investition tätigen wollen. Der begrenzbare Zeitrahmen kommt aber auch einer anderen Nutzergruppe zugute, wie Goidinger schildert: „Viele Leute sagen, dass sie das Fahrrad nur über die Sommermonate brauchen und deswegen die Abo-Option perfekt für sie ist. Sie leihen es sich im Sommer aus, geben es im Herbst wieder zurück und im Sommer holen sie sich wieder eines.“

Nicht nur für die Stadt

Der dritte Anbieter namens Bike Gorillaz hebt sich ein wenig von den anderen beiden ab. Erstens, weil die Bike Gorillaz nur E-Bikes im Sortiment haben, zweitens, weil sie ihre Räder nicht vorrangig als Verkehrsmittel sehen, sondern als Freizeitgeräte. Mit ihren E-Mountain- und Trekkingbikes kann man auch die Trails um Wien unsicher machen und auf Urlaub fahren. Ihre leistungsstarken E-Bikes von Markenherstellern bekommt man im All-inclusive-Abo (auch mit Versicherung) ab 99 Euro im Monat.

Nikolaus Mautner Markof und Arjun Ahluwalia von Bike Gorillaz mit E-Bikes vor einem weißen Lieferwagen

Bike Gorillaz

Nikolaus Mautner Markhof und Arjun Ahluwalia von Bike Gorillaz. Die Radlobby hat auch ihre Bikes getestet.

Ein weiterer Unterschied ist, dass man die Räder von Bike Gorillaz auch kaufen kann, wenn sie einem behagen. Theoretisch könnte man mit dem Abo jedes Jahr auf das neueste E-Bike-Modell umsteigen, was aber nicht unbedingt dem ökologischen Gedanken hinter Bike Gorillaz entspricht, wie Mitgründer Arjun Ahluwalia erklärt. 500 Räder zu vermieten haben sich die Bike Gorillaz als Ziel bis Jahresende gesteckt, das Ahluwalia mit ihrem „Rundum-Sorglos-Paket“ als erreichbar ansieht.

Die Lieferprobleme, die die Radindustrie insgesamt in diesem Jahr hat, betreffen natürlich auch die drei Mietrad-Anbieter in Wien, aber alle bekommen laufend Nachschub und gehen nicht von längeren Wartezeiten für ihre Kund*innen aus.

Platz für alle

Die Konkurrenz - alle drei sind fast gleichzeitig auf den Wiener Markt erschienen - fürchtet übriges niemand. Noch unterscheiden sie sich deutlich genug im Angebot und noch gibt es jede Menge Kund*innen für ihre Räder. „Wir glauben, es ist Platz für alle drei da“, sagt etwa Vinzenz Goidinger von Swapfiets, und „schlussendlich verfolgen wir alle das gleiche Ziel, nämlich Städte lebenswerter zu machen“. Erstaunlich oft reden die Interviewpartner von Eddi, Swapfiets oder Bike Gorillaz übrigens von Nachhaltigkeit, einem „Impact“, von Kreislaufwirtschaft und neuen Formen von Mobilität. Wenn man damit auch Geld verdienen kann und Städte lebenswerter macht, umso besser.

„Ein All-inclusive-Modell zu machen für Bikes ist ein zeitgeistiges Thema, mit dem sich viele beschäftigt haben. Und warum alle drei innerhalb von drei Wochen gestartet haben, hat etwas mit dem Frühlingsbeginn zu tun, die ideale Zeit, wo man sich als Privatperson mit einem Bike beschäftigt“, sagt Arjun Ahluwalia von Bike Gorillaz.

Eddi Bike und Bike Gorillaz planen nach dem Start in Wien übrigens den Sprung nach Salzburg, Graz, Linz oder Innsbruck. Bei Swapfiets hingegen will man sich erst einmal genügend Zeit nehmen, um sich nach einem schnellen Wachstum in ganz Europa zu konsolidieren.

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