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Eingeklapptes Faltrad

Kristian Davidek

Eine Ode an das Faltrad

Wie ein Nischenprodukt meine Mobilität komplett verändert hat.

Von Kristian Davidek

Vor sieben Jahren bin ich auf ein Faltrad umgestiegen und es begleitet mich seitdem überall hin. So, wie die beste Kamera jene ist, die man immer dabeihat, ist auch das beste Fahrrad jenes, das man fast immer dabeihaben kann. Sei es für die berühmte letzte Meile oder gleich für den sogenannten modalen Split, also das Aufteilen eines Weges auf verschiedene Verkehrsträger. Außerdem kommt man von fast jeder Destination zurück, denn Falträder sind in zusammengeklapptem Zustand die einzigen, die man in jedes öffentliche Verkehrsmittel mitnehmen darf.

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Mein Arbeitsweg war beispielsweise viele Jahre eine Strecke von knapp neun Kilometern pro Richtung. Unzählige Male habe ich das Rad nicht verwendet, weil ich wusste, dass der Hinweg super, der stetig bergauf verlaufende Heimweg in der Nacht aber furchtbar werden würde. Ich bin kein Bike-Ninja wie Kollege Heinz Reich, ich möchte nicht zu meinem ganzen Arbeitsequipment auch noch Gamaschen, Regenhosen, Funktionsjacken und Snowboardfäustlinge mitnehmen, nur um bei gefrierendem Regen auf Eis am Rad nachhause zu eiern.

Zu meiner eigenen Überraschung ist dann aber mit dem Faltrad genau das Gegenteil eingetreten: Im Wissen darum, jederzeit in Öffis oder notfalls sogar in ein Taxi einsteigen zu können, habe ich viele Male auch Regen, Kälte und Müdigkeit am Weg ausgehalten und bin erst umgestiegen, wenn es gar nicht anders ging. Aus ein paar Kilometer Radfahren pro Monat sind so rasch 150 bis 200 geworden. Pro Woche.

Sieht komisch aus, fährt aber ganz normal

Gute Falträder haben ein solides Fahrverhalten und eine erstaunlich erwachsene Geometrie, die sich in der Art, wie man draufsitzt, nicht wesentlich von großen Tourenrädern unterscheidet, auch nicht bei zwei Meter großen Menschen, das ist im engen Freundeskreis erprobt. Billige Falträder hingegen können eine Qual sein, weil sie über die Größe hinaus weitere Kompromisse machen (Haltung, Gewicht, Verarbeitung, Faltmechanismus usw.). Extreme Falträder wiederum sind nur etwas für sehr kurze Strecken. Die meisten – auch meines – sind ganz üblich ausgestattet. Wer auf jedes Gramm achtet, könnte Schaltung, Licht, Kotflügel oder Gepäckträger weglassen, verliert aber dann die Praktikabilität für Touren. Das wäre schade, denn ein Faltrad bietet eben auch die Möglichkeit, ohne Vorbuchungen oder Aufzahlungen international mit dem Zug unterwegs zu sein. Genial sind Falträder, die eine Rahmenaufhängung für Gepäck bieten, so lassen sich bis zu 10 Kilo und mehr bequem transportieren und der Rücken bleibt frei.

Der Faltprozess in Bildern

Kleine Reifen fordern allerdings auch Tribut. Der Komfort leidet, schlechte Wege sind kaum eine Option und die Abnützung ist höher. Man darf auch nicht den gleichen Geradeauslauf wie bei einem Rennrad erwarten. Geschenkt. Ein gutes Faltrad macht einfach viel Freude und ist so zu einem treuen Begleiter geworden. Und es wird in wenigen Sekunden so groß wie ein Handgepäckstrolley.

Abschließender Tipp: Lieber nicht elektrifizieren, das Faltrad verliert dadurch viel von seiner Leichtigkeit und Unkompliziertheit. Außerdem ist es ratsam, verschiedene Marken und Modelle zur Probe zu fahren, unterschiedliche Konfigurationen anzusehen und auch die Ersatzteilversorgung zu erfragen. So wird rasch klar, welche herausstechen. Es gilt das gleiche, wie für alle Produkte: Wer billig kauft, kauft zweimal (oder ist enttäuscht). Das erste Faltrad in unserer Familie wurde 1995 um 870 Euro angeschafft, damals eine Riesensumme, aber auch das beste Modell. Es ist 19 Jahre später um 400 Euro verkauft worden, unter anderem deshalb, weil der Gebrauchtmarkt sehr überschaubar ist. Dieses Faltrad hat über seine Nutzungszeit also pro Monat ohne Serviceaufwand etwas über 2 Euro gekostet und wird heute noch verwendet. Was gibt es heute noch um knapp 25 Euro pro Jahr? Vor allem etwas, das dein Leben verändern kann?

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