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Der Song zum Sonntag: Dora Jar - „Lagoon“

„Comfortably in Pain“ wird der neueste Release der New Yorker-Musikerin Dora Jar heißen, in ihrem Song „Lagoon“ findet sie jetzt schon die schönsten Metaphern für Sehnsucht und Liebe.

Von Christoph Sepin

Das erste Mal hat Dora Jar vor ca. einem Jahr herum größere Wellen geschlagen: „Did I Get It Wrong“ heißt ihr verschwommener Song irgendwo zwischen Dream-Pop und eigentlich schon Trap. Ganz schön schwer und ganz schön beeindruckend hat diese frühe Arbeit geklungen. Und so sollte es dann über die kommenden Monate weitergehen.

Was in schwarz-weißen Noten verwaschen herumgegeistert ist, ist mittlerweile in spätsommerliche, orange Sonnenuntergänge getaucht. Auch wenn Dora Jars nächste EP den Namen „Comfortably in Pain“ tragen wird, steht der Komfort über dem Schmerz: Ihr neuer Song „Lagoon“ ist ein Liebeslied, aber nicht irgendeines, sondern eine mit feinster Feder geführte Bestandsaufnahme, wie sich das denn anfühlt, wenn man so richtig in love ist.

Die Menschen sind von den Bildern, die sie am Fernseher, auf der Kinoleinwand oder am Notebook- bzw. Handybildschirm sehen, sozialisiert. Protagonist*innen ihrer eigenen Geschichten sind die allermeisten gerne, auch wenn das bedeutet, dass man sich dafür das Leben manchmal schreibt, wie in der Rom-Com oder Soap. Beziehungen, Break-Ups und alles dazwischen, die man in Filmen und Shows vorgesetzt bekommt, werden nachgelebt - oder man versucht’s. Kennt man ja nur so, wie es TV-Serien vorgezeigt haben.

Solche Relationshipmodelle hört man dann auch in den allermeisten Songs, dazwischen gibt’s aber zum Glück ab und zu so große Songschreiber*innen wie Dora Jar, die aus diesen Entwürfen ausbrechen und die richtigen, echten Worte finden. Auch wenn die von Metaphern durchzogen sind.

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Und denen bedient sich die in Kalifornien aufgewachsene Dora Jar, die sich eigentlich viel lieber als New Yorkerin sieht, in „Lagoon“ auch: „I’d like to be suddenly discovered by you, when I’m washed up on the shore“, singt sie zu Beginn des Songs und klingt nach Fiona Apple. Ihr Herz, so erzählt sie weiter, während die Instrumentierung sommerlich-psychedelischer wird, sei ein Krustentier, „could you come and crack it open?“, so die Frage. Das ist schon sehr gut.

Und dann noch größere Zeilen, die auch für sich alleinstehend herausragend sind: „I’m comfortably in pain, I’m happily insane“ heißt es da einmal, dann wieder „my mouth is like an open wound and words are bleeding out“. Das ist es. Das ist simpel und poetisch und trotzdem nicht kitschig.

Wenn man solche Lyrics schreibt, kann man eigentlich nur irgendwann zum Superstar werden. Wenn es Nacht wird über der Lagune, dann werden Melodien in Richtung des Mondes gesungen: „Singing a lonеly tune, my echo bouncing off the moon“ heißt es da. Dann noch ein paar Bilder: Dora Jar sei Patientin der Liebe („I wanna be medically examined by you, I’ll be patient while you collect droplets of dew“), sie ist ein Warnschild, Liebe ist dann ein Geheimnis, wie Flecken auf dem Sofa („Every secret is a stain upon the mеmory couch“) und am Ende noch einmal in Richtung Zukunft blickend: „Oh, I wonder if you’ll ever become my boo“.

„Lagoon“ ist ein Lied aus der Perspektive einer Meerjungfrau, so Dora Jar. Sie sucht Connections und Intimität, aber die Tiefen ihres Herzens könnten zu tief sein, um von irgendjemandem verstanden zu werden. Wunderschöne Worte, nicht nur für Mermaids, sondern auch für alle anderen. Botschaften, die heuer wohl noch viel mehr Menschen erreichen werden: Dora Jar geht nächste Woche gemeinsam mit Billie Eilish auf Amerikatour.

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