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Buchcvoer "Memphis" von Tara Stringfellow

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„Memphis“, der Debütroman von Tara M. Stringfellow

Die US-Autorin Tara M. Stringfellow erzählt in ihrem Debütroman „Memphis“ von den Frauen einer Schwarzen Familie in Memphis im Süden der USA.

Von Eva Umbauer

Die Familie lebt unter einem Dach: Joan, Mya, Miriam, August und Hazel. Mya ist die Jüngste, die Tochter von Miriam. Joan ist Myas ältere Schwester und August ist die Schwester von Miriam. Hazel ist die Matriarchin der Familie.

„Miriam sah nicht von ihrem Roman auf, als die Glocke über der Tür des Schallplattengeschäfts das Eintreffen neuer Kundschaft ankündigte. (…) Der Schallplattenladen war heruntergekommen und staubig. An den Wänden hingen Vinylhüllen: eine lächelnde Bessie Smith, eine traurige Roberta Flack und Sgt. Pepper von den Beatles. Überquellende Plattenstapel waren an drei Seiten des Ladens aufgereiht. (…) Miriam trug ihr Haar in einem großen krausen Afro, der dem von Diana Ross Konkurrenz gemacht hätte.“

Tara Stringfellow

Matthew Thomas

„Memphis“ von Tara M. Stringfellow ist im Ecco Verlag erschienen, in das Deutsche übersetzt von Marion Kraft, die Germanistin, Amerikanistin und Literaturwissenschafterin ist; ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf Schwarzer feministischer Theorie und Literatur.

Miriam hat diesen Ferienjob in einem Plattenladen in Memphis vor Jahren gemacht. Jetzt - es handelt sch um das Jahr 1995 - ist sie wieder zurück in der Stadt, nämlich in ihrem Elternhaus, das ihr Vater in den Vierzigerjahren selbst gebaut hat. Miriam war länger nicht hier gewesen. Ihre Tochter Joan war damals noch ein Kleinkind. Joan erinnert sich weder an die geschäftige Beale Street an lauen Sommerabenden noch an den Geruch der Blumen vor der Veranda des Hauses. Aber tief drinnen erinnert sich Joan, als sie nun mit ihrer Mutter und Schwester das Haus betritt, an etwas Traumatisches, das mit ihrem Cousin Derek, der nun ein Teenager ist, zu tun hat. Joan wird mit den hochkommenden Erinnerungen von der Vergangenheit eingeholt.

Hommage an die Schwarzen Frauen von Memphis

Die Geschichte, die Tara M. Stringfellow erzählt, bewegt sich zwischen Gegenwart und Vergangenheit und erstreckt sich insgesamt über rund siebzig Jahre. Hazels Mann, der das Haus der Familie im Schwarzenviertel Douglass erbaut hatte, war der erste Schwarze Kriminalbeamte von Memphis. Er wurde ermordet. Hazel war eine der ersten Schwarzen Krankenschwestern in Memphis.

August kann richtig gut singen, an eine Karriere ist letztlich aber nicht zu denken, denn August muss sich um ihren kleinen Sohn kümmern. Sie betreibt einen Frisiersalon vom Haus aus, und dieser ist eine Art Zentrum für die Frauen der Community, ein Ort, an dem man sich trifft und alles Mögliche bespricht.

„Augusts Laden war voll an jenem Freitag. An dem einen Ende der zwei Ebenen des Hauses befand sich hinter der Küche eine Tür, die über drei kleine Stufen zu Augusts Frisiersalon im Untergeschoß führte. Sie hatte die Wände mit alten Schallplattenhüllen dekoriert. (...) Miriam konnte backen, aber August war Stylistin, Schneiden, Locken wickeln, festigen, Flechtfrisuren - dafür hatte sie eine Begabung. Sie schaffte es, dass die zerzausteste, aschfahlste Frau in North Memphis wie die leibhafteste Miss Diana Ross aus ihrem Laden ging.“

Musikstadt Memphis

Musik kommt immer wieder vor in Tara M. Stringfellows Roman „Memphis“, schließlich ist die Stadt im Süden der USA eine sehr musikalische Stadt, die für Blues-Musik bekannt war und in der Plattenlabels wie Stax Records in den Sixties und Seventies des letzten Jahrhunderts Memphis-Soul veröffentlichten und weit über die Stadt hinaus bekannt machten.

„Stanley´s war ein kleines Warenhaus in der Nachbarschaft. (...) In der Ecke spielte ein vergoldeter Victrola ununterbrochen das sanfte Stöhnen von Blind Boy Fuller, Bessie Smith und Memphis Minnie.“

Tara M. Stringfellow sagt über ihren Debütroman, an dem sie vier Sommer lang schrieb, dass sie eine Art „Black fairy tale“ schreiben wollte - ein Schwarzes Märchen. „Memphis“ ist voller Freude, aber auch Schmerz. Es geht um frühe Mutterschaft, Rassismus, Durchhaltevermögen und die Stärke einer Community in einer Stadt, die einmal blühte, die sich über die Jahrzehnte aber verändert hat. Sie ist aber nicht einfach ein Ort, an dem man lebt, sondern die Neighborhood ist eine Art erweiterte Familie.

„Memphis“ von Tara M. Stringfellow liest sich sehr lebendig. Es ist ein lebhaftes Buch - Fiktion, die sich wie eine wahre Geschichte anhört. Die Autorin hat dabei auch teils auf ihren ganz persönlichen Familienhintergrund zurückgegriffen. Nach Stationen in Ghana, Spanien oder Italien lebt Tara M. Stringfellow wieder in Memphis, wo sie, eigenen Angaben nach, jeden Abend mit ihrem Hund auf ihrer Veranda sitzt, Platten hört und mit Nachbar:innen plaudert.

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