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„Frauen, die beim Lachen sterben“

Katzen mit Durchfall, Frauen mit Trennungsschmerzen, Künstler:innen mit Komplexen. Alexandra Stahls Roman „Frauen, die beim Lachen sterben“ ist bissig, ironisch und vor allem eines - gelungen!

Von Zita Bereuter

„Die Katzen hatten alle Durchfall. Und eine hinkte. Es waren fünf Stück. Rot-weiß getigerte, alle noch klein.“

Wo Katzen Dünnschiss haben, wird sich so bald keine Entspanntheit ausbreiten. Die Ich-Erzählerin Iris hat sich auf eine griechische Insel zurückgezogen, um ihre Wunden zu lecken. Es ist Nebensaison. Und wie Nebensaison fühlt sich ihr Leben an, ist sie doch von ihrem Freund verlassen worden. Dieses Szenario war Autorin Alexandra Stahl gleich klar, erzählt sie im Interview: „Ich wusste von Anfang an, dass da eine Frau erzählt aus so einer Isolation und Verlassenheit heraus. Ich wusste auch, dass es eine Frau sein soll, die sehr lange mit einem Mann zusammen ist, den sie eigentlich gar nicht mag und mit dem sie trotzdem immer zusammenbleibt. Die ein ganzes Buch lang darüber nachdenkt, ihn zu verlassen, bis er dann geht.“ Die Rede ist von Stefan, einem angehenden Autor.

Alexandra Stahl

Rosa Ludwig

Alexandra Stahl ist Journalistin und Schriftstellerin und schreibt Reisereportagen, Essays und Prosa.

„Ich ahnte, dass mir nicht gefallen würde, was er machte. In seiner Wohnung standen nur Bücher von Alkoholikern und Ehebrechern herum, Bukowski, Frisch, Knausgård, die reinste Gockelzucht. Simon besaß nicht ein Buch von einer Autorin, aber er verehrte Houellebecq.“

Iris leidet. Weniger, weil Stefan weg ist, sondern viel mehr, weil sich ihre Freundin Katja nicht mehr meldet. Mit Katja war immer was los, mit Katja hat man was erlebt, Katja war eine Alphafrau. Eine toxische.

„Katja erzählte immer nur Geschichten aus dem Leben anderer Menschen, immer nur Geschichten, in denen anderen etwas passiert war, andere litten, andere schlecht wegkamen, nie sie selbst.“

Alexandra Stahl wollte von einer Frau schreiben, „der eigentlich ihre Freundschaften wichtiger sind als jetzt unbedingt die Erfüllung einer romantischen Beziehung“. Und so erzählt Iris in Rückblicken von ihrer Freundschaft mit Katja und Ella und von Beziehungen. Aber auch von ihrem Leben in Berlin und ihrem ehemaligen Job in einer Künstler:innenresidenz.

„Mit dem Beginn der Pandemie verwaiste unser Haus an der Havel. Die Künstler konnten nicht mehr anreisen, und ich begann mein Leben zu überdenken. Den Rest davon vielleicht doch mit anderen Dingen zu verbringen als Honorarverträgen, Stehempfängen, Get-together-Events, Wochenmenüs, Schlüsselübergaben und Putzplänen. Nicht zu vergessen all die Notizbücher und Kaschmirpullover, die ich ihren Besitzern quer durch die Welt hinterherschickte.“

Buchcover: Jemand blickt durch ein kreisrundes Loch

Jung und Jung

„Frauen, die beim Lachen sterben“ von Alexandra Stahl ist bei Jung und Jung erschienen.

Iris bleibt eine „blasse Figur am Rande, die dabei mittendrin ist und das natürlich auch mit ihrem Blick bewertet“, meint Alexandra Stahl. „Das macht sie ja die ganze Zeit, aber sie sagt es ja nicht. Ist ja alles nur in ihrem Kopf.“ Gleichzeitig unterschätzt sich Iris selbst:

„Ich bin nicht gut im Geschichtenerzählen, ich vergesse wichtige Teile, ich fange mit der falschen Szene an, ich finde den Weg nicht zur Pointe, ich vergesse die Pointe.“

„Jeder, der verlassen wird, muss sich darüber eine Geschichte erzählen.“

Iris ärgert sich mehrfach über andere und erzählt dabei ihre Geschichte des Verlassenwerdens. Wie auf dem gelungenen Cover weiß man nicht, ob man mit Iris durch ein Bullauge schaut, oder ob sie den Lesenden einen Spiegel vorhält. Alexandra Stahl: „Das passt natürlich sehr zu dieser Frau, die sich selbst betrachtet, indem sie alle anderen betrachtet. Oder vielleicht auch nicht.“

Und ihre Geschichte der Freundschaft zwischen Ella, Katja und Iris. Eine Frauenfreundschaft mit schönen und hässlichen Seiten. Daraus hat sich auch der Titel entwickelt: „Frauen, die beim Lachen sterben“, erklärt Alexandra Stahl, „Iris, Katja und Ella, die ja viel miteinander lachen, aber eigentlich dann auch viel übereinander und hinter dem Rücken übereinander vor allem“. Es ist ein witziger und absurder Titel, der bestens zu dem bissig ironischen Roman passt. Die Ich-Erzählerin Iris schwankt da zwischen Melancholie und manchmal fast Depression. Dennoch lacht man immer wieder. Humor ist für Alexandra Stahl wichtig. „Ich kann mir nicht vorstellen, etwas zu schreiben, das nicht auch lustig ist. Ich finde eigentlich, dass es das Herausforderndste ist, es zu schaffen, so eine Balance zu halten zwischen der Tragik und der Komik. Ich möchte selber auch nichts lesen, wo ich nicht auch mal lachen kann. Deswegen möchte ich so was auch nicht schreiben.“

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