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Schule ohne Lehrer:innen

Stell dir vor es ist Unterricht und kein Lehrer ist da. Das ist die Realität an einigen Schulen in Österreich. Das Bildungsministerium versucht es also mit Quereinsteiger:innen. Doch was hat das für Auswirkungen?

Von Gersin Livia Paya

Wieder einmal ist ein Schuljahr mit zu wenig Lehrer:innen gestartet. Das Problem ist nicht neu, aber es spitzt sich von Jahr zu Jahr zu. Wie viel Lehrkräfte dieses Schuljahr aber in Summe fehlen, ist nicht bekannt. Es mangelt an Transparenz der Zahlen, um die so heiß diskutiert wird, und die Recherche zeigt einen großen Unmut über Missstände von allen - Junglehrer:innen, Quereinsteiger:innen und auch Schüler:innen.

„Wir hatten oft keinen Ersatzlehrer.“

Auch der Bundesschulsprecher erzählt: „Der Mangel an Lehrerinnen und Lehrer ist für uns ein riesiges Problem. Die Zugangsvoraussetzungen für Quereinsteiger:innen zu heben, ist qualitätssichernd. Quereinsteiger:innen sind keine die langfristige Lösung für diesen Zustand. Aufklärungskampagnen sind zum Beispiel eine Lösung.“ - so der 18-jährige Marius Hladik im FM4-Gespräch.

Bei einer Straßenumfrage mit Schüler:innen hören wir ähnlich Berichte. „Eine Lehrerin von uns hat 5 Klassen zugleich und das ist auch für sie anstrengend!“, sagt eine Schülerin. Doch nicht alle Schulen sind betroffen und von Bundesland zu Bundesland ist es unterschiedlich. Eine der Auswirkungen ist, dass in manchen Fächern der Unterricht entfällt. „Letztes Jahr hatte ich keine Italienisch Lehrerin, es gab dann einfach keinen Unterricht. Wir hatten eine Stunde frei“, so ein Schüler in Wien.

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Gersin Livia Paya

Um das zu verhindern, unterrichten in den Klassen immer öfter Junglehrer:innen, Quereinsteiger:innen und Studierende. Um das Problem in den Griff zu kriegen, wird das Lehramtstudium um ein Jahr verkürzt. Damit in diesem Schuljahr tatsächlich Stunden gehalten werden können, wird neben Lehramtsstudierenden mittels einer Dienstrechtsnovelle auf Quereinsteiger:innen gesetzt. Bisher gab es laut Bildungsministerium jährlich rund 300, dieses Jahr sind es doppelt so viele.

Doch wie wirkt sich das alles auf die Bildungsqualität aus, hinterfragt Hannah, eine Lehramtabsolventin aus Wien: „Entwicklungspsychologisches Wissen ist wichtig und fachliches Wissen, doch ein Quereinsteiger mit spezifischem Fachwissen gleicht einfach nicht einer gesamten Lehramtausbildung. Quereinsteiger sind schnell überfordert, der Lehrberuf gilt als einer der stressigsten mit sehr vielen Burnout-Fällen. Ich frage mich, ob sie langfristig den Beruf ausüben können, sodass es ihnen und den Schüler:innen gut geht?“

„Wenn man so lange studiert hat, fühlt man sich ungerecht behandelt“

Zahlen zur Nachbesetzung 2023/24 gibt es allerdings schon: Etwa in der Steiermark wurden dieses Jahr 187 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger als zusätzliche Lehrkräfte eingestellt, während weitere 18 Lehramtsstudierende beschäftigt wurden. In Tirol sind 55 Quereinsteiger:innen neu angestellt worden, andere Zahlen gibt es nicht. Eine Lehramts-Studierende erzählt: „Manche sind fertig mit dem Studium und bewerben sich an über 60-70 Schulen und bekommen einfach keine Stelle, solche Berichte höre ich immer wieder“. Immer wieder beklagen Junglehrer:innen, die regulär Lehramt studiert haben, eine vermeintliche Bevorzugung von Quereinsteiger:innen.

„Für die Zufriedenheit der Lehrpersonen ist es wichtig, Wertschätzung zu bekommen. Wozu studiert man sechs Jahre, wenn man es auch ohne könnte?“

Die Studierende möchte anonym bleiben, wie viele andere auch - denn die Angst davor, dadurch noch weniger Berufsmöglichkeiten zu bekommen ist sehr groß. Und das, obwohl ein Mangel an Lehrkräften herrscht. In welchen Schulen? Wie viele Lehrer:innen gibt es? Wie viele werden gesucht? Und werden Quereinsteiger:innen den Lehramtabsolvent:innen vorgezogen? Und wenn ja, wieso? Dieselben Fragen stellen sich auch Lehramt-Studierende, in Chatgruppen zeichnet sich ein Bild über Unzufriedenheit.

Screenshot Lehramtsabsolvent:innen

Screenshot Facebook

Der Lehrergewerkschafter Herbert Weiß befürchtet, dass „die Quereinsteigerinnen Regelung zu einer Entwertung führen“ kann. „Grundsätzlich sehe ich eine Gefahr, dass die Qualität des Unterricht leidet, denn unbegründet ist die pädagogische Ausbildung nicht.“ Auf Nachfrage nach Zahlen zu Lehrer:innenmangel erzählt Weiß: „In den Pflichtschulen sind großteils schon Quereinsteigerinnen im System, in den AHS Standorten ist es eher noch einen überschaubare Sache.“

Wie überschaubar die Sache ist und wie Junglehrer:innen und Quereinsteiger:innen sowie Schüler und Eltern darüber denken, darüber diskutieren wir heute Abend in FM4 Auf Laut ab 21 Uhr.

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