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Bildungsminister Polaschek

APA/EVA MANHART

Interview

Bildungs- und Wissenschaftsminister Martin Polaschek im Interview

„Chaos“ zu Schulbeginn, Rumoren durch Quereinsteiger:innen, Lehramtsstudierende, die Studium und Unterrichten vereinbaren müssen und der Stand beim Uni-Budget. Darüber haben wir mit Martin Polaschek, Minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung aus dem ÖVP-Regierungsteam, gesprochen.

Von Lena Raffetseder

FM4: Das Bachelorstudium für Lehrer:innen an AHS, Mittelschulen und weiterführende Schulen wollen Sie um ein Jahr, von vier auf drei Jahre, verkürzen. Die Reform wird schon länger verhandelt, die Lehrervertretung ist dafür, auch die Pädagogischen Hochschulen. Die Grünen sind jetzt doch gegen die Umstellung, Sie waren darüber letzte Woche “verwundert“, haben Sie das inzwischen schon geklärt?

Polaschek: Wir sind in intensiven Gesprächen mit dem Koalitionspartner und ich hoffe, dass wir eine gemeinsame Lösung finden werden.

FM4: Mehr Einblick können Sie nicht geben?

Polaschek: Ich habe sofort, nachdem ich das gehört habe, das Gespräch mit dem Koalitionspartner gesucht und wir werden gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass diese Änderung Sinn macht und wie man an den Rückmeldungen aus den verschiedensten Bereichen gesehen hat, aus der Praxis, aus den Ländern, es sind eigentlich alle davon überzeugt, dass wir das jetzt brauchen. Und ich werde deshalb weiter dranbleiben.

FM4: Zu Schulbeginn haben Lehrervertreter:innen von Chaos gesprochen, und dass es eben ohne Lehramtsstudierende gar nicht ginge. Aber: Studierende, die mehr in der Klasse stehen, brauchen dann länger fürs Studium, sind nicht in der Mindeststudienzeit, es dauert dann auch länger bis sie voll verdienen. Wie wird denn darauf geachtet, dass diese Studierenden keinen Nachteil im Studium haben?

Polaschek: Wir müssen alle Unterrichtsstunden abhalten, und das ist uns auch heuer wieder gelungen. Dazu müssen wir zum Teil auf Studierende zurückgreifen, die aber im fortgeschrittenen Semester sein sollen. Das heißt, Studierende, die selber schon einen Gutteil ihres Studiums abgeschlossen haben, die wir dann in den Schulen vorübergehend einsetzen müssen. Und ja, wir müssen natürlich darauf achten, dass diese Studierenden, die einen Teil ihrer Studienzeit für die Schule zur Verfügung stellen, dass die daraus keine Nachteile erlangen, dass wir die bestmöglich unterstützen, dass wir denen auch die bestmöglichen Studienmöglichkeiten geben. Das ist für mich ganz klar.

FM4: Aber was heißt das konkret? Wenn ich mit Studierenden spreche, sagen die: von 10 Seminargruppen ist kein Kurs online, es sind zu viele Kurse am Vormittag, wo sie in der Klasse stehen.

Polaschek: Hier sind die Pädagogischen Hochschulen gefordert, das Studienangebot entsprechend anzupassen. Wenn es solche Fälle gibt, dann werden wir dem auch nachgehen, weil es müssen auf jeden Fall die Studierenden, die bereit sind in die Schule zu gehen und zu unterrichten, trotzdem auch die Möglichkeit haben zu studieren.

FM4: Es gibt auch Studierende, die zu früh in den Klassen sind und ihr Studium wieder abbrechen, weil sie mit zu wenig Erfahrung vor Schülerinnen und Schülern stehen. Achtet man da nicht genug darauf, dass man Lehramtsstudierende nicht zu früh in die Klassen schickt?

Polaschek: Wir haben die Herausforderung, dass wir alle Unterrichtsstunden abhalten müssen. Das ist das größte und oberste Ziel. Und dass Studierende, die in die Klassen gehen, dass da manche vielleicht dann doch merken, das ist etwas anderes, als sie sich vorgestellt haben. Das sollte natürlich nicht sein. Wir müssen darauf achten, dass wir diejenigen, die bereit sind in die Schulen zu gehen, bestmöglich begleiten und dass wir ihnen ein Mentoring zur Seite stellen. Wir bekommen Rückmeldungen, dass hier noch Verbesserungsbedarf zum Teil besteht. Der muss auf jeden Fall passieren. Weil wir wollen natürlich nicht, dass die jungen Menschen zu sehr belastet werden. Denn wir müssen ja froh und dankbar sein, dass sie sich dafür zur Verfügung stellen, die Kinder und Jugendlichen zu unterrichten.

FM4: Apropos froh sein, dass Leute unterrichten: 600 Quereinsteiger*innen sind dieses Schuljahr über die Kampagne „Klasse Job“ neu dazugekommen. Wie viele Jahre ist es eigentlich angedacht, dass Quereinsteiger:innen über dieses Programm Lücken beim Lehrer:innenmangel füllen?

Polaschek: Dieses System hat es schon vorher gegeben und wird es auch weiterhin geben. Was wir gemacht haben, ist, dieses System zu professionalisieren. Es gibt jetzt ein sehr strenges Auswahlverfahren, ein mehrstufiges Verfahren inklusive einem persönlichen Auswahlinterview. Und nur Personen, die dieses Verfahren bestehen, haben dann die Möglichkeit, sich für die Schule zu bewerben. Und diese Personen sind eine wichtige Ergänzung für die Schulen, weil das sind Menschen, die aus der Praxis kommen, die einen Beruf gehabt haben, aus einem völlig anderen Bereich und die einfach ihre Lebenserfahrung, ihr Praxiswissen einbringen und dadurch den Unterricht beleben. Die Schülerinnen und Schüler bekommen etwas mehr Praxisnähe, Einblicke in das Berufsleben. Und deshalb wird dieses System auf jeden Fall weiter fortgesetzt werden.

FM4: Jetzt gibt’s Lehrerinnen und Lehrer die fühlen, dass ihr eigenes Studium, was sie gelernt haben, dadurch abgewertet wird, was sagen sie denen?

Polaschek: Um Lehrerin oder Lehrer zu werden macht man ein eigenes Studium und man wird wirklich der Profi in der Schule. Und die Lehrerinnen und Lehrer, die ein entsprechendes Studium abgeschlossen haben, die sind diejenigen, die das Rückgrat der Schule bilden. Und wir haben quereinsteigende Personen, die wir einsetzen, aber die Zahl dieser Personen ist in einem niedrigen einstelligen Bereich. Das heißt, es ist immer nur eine Ergänzung und die Hauptverantwortung für den Unterricht in der Schule werden selbstverständlich weiterhin diejenigen tragen, die das auch entsprechend gelernt haben. Das bedeutet in keiner Weise, dass der Beruf der Lehrerin oder des Lehrers dadurch abgewertet wird.

FM4: Wir haben schon über Studierende in den Klassen gesprochen. Das betrifft natürlich viele Studierende, dass sie neben dem Studium arbeiten müssen, um sich das Studium zu finanzieren. Alles ist teurer geworden, die ÖH fordert mehr finanzielle Unterstützung für Studierende. Die Studienbeihilfe ist zwar valorisiert worden, aber es reicht offenbar nicht, um die Teuerung abzufedern. Was macht die Regierung, um Studierenden finanziell zu helfen?

Polaschek: Die Studienbeihilfe ist jetzt zweimal angehoben worden und im letzten Jahr noch einmal wirklich sehr stark. Und zum ersten Mal wurde in Ergänzung dazu eine Valorisierung eingeführt. Das ist ja mal etwas, das ganz konkret nur für die Studierenden gemacht worden ist. Weiters darf man nicht vergessen, dass es ja zahlreiche Maßnahmen gibt, die die Regierung beschlossen hat, um die Belastung durch die Teuerung abzufedern, die allen Menschen im Land zugutekommen. Und dazu gehören die Studierenden natürlich auch. Das heißt, wir haben eine Abfederung und verschiedene Maßnahmen, die allen Menschen zugutekommen und die Studierenden haben dazu ein Add-On für ihre besondere Lebenssituation dazubekommen.

FM4: Bleiben wir beim Geld, die Universitätenkonferenz macht ja schon länger auf das Budgetloch der Unis für 2024 aufmerksam, können Sie den Unis zusichern, dass es die halbe Milliarde, die für nächstes Jahr fehlt, geben wird?

Polaschek: Wir sind in den Verhandlungen zum Budget. Es ist nicht der Zeitpunkt, um irgendwelche Zusicherungen zu machen. Das wissen die Universitäten auch. Wir können jetzt nicht darüber reden, aber wir sind intensiv am Verhandeln. Und ich werde mich natürlich dafür einsetzen, dass die Universitäten ein möglichst gutes Budget bekommen.

FM4: Alle drei Jahre schließen Unis mit dem Ministerium Leistungsvereinbarungen ab, da werden Ziele festgelegt und Budgets. Gerade laufen die Verhandlungen für die Uni-Budgets für die Leistungsvereinbarungsperiode von 2025 bis 2027. Bis Monatsende muss das fixiert sein. Die scheidende Präsidentin der Universitätenkonferenz Sabine Seidler hat gesagt, sie nervt es, dass Universitäten alle drei Jahre erklären müssten, dass sie Geld brauchen. Sie waren selbst Rektor, können Sie solche Gedanken nachvollziehen? Ist dieses Prozedere zeitgemäß?

Polaschek: Die Universitäten brauchen eine Finanzierung und die erfolgt über dreijährige Leistungsvereinbarungen. Das bedeutet, die Universitäten haben für drei Jahre eine Budgetsicherheit, aber die Umstände an Universitäten ändern sich. Es gibt Prioritätensetzungen, und wenn man eine faire Verteilung des Budgets haben möchte, dann muss sich die Budgetverteilung auch geänderten Umständen anpassen. Die Universitäten hätten keine Freude daran, wenn man einen festen Verteilungsschlüssel festlegen würde, der an alle Universitäten immer gleich ausgeschüttet wird. Das wäre für diejenigen Universitäten, die etwas Neues machen möchten, die sich besonders engagieren, sehr frustrierend, wenn sie keine Chance hätten, irgendwo für innovative Projekte etwas zu bekommen. Deshalb macht es durchaus Sinn, dass es diese Budgets gibt und dass diese auf drei Jahre festgelegt werden und nicht auf einen längeren Zeitraum, weil sich immer wieder Dinge auch ändern, Studierendenzahlen gehen zurück, Studierendenzahlen nehmen an anderen Universitäten zu. Wenn man eine faire Verteilung zwischen den Universitäten haben möchte, dann braucht man auch entsprechende Parameter, die sich auch ändern können.

FM4: Spätestens nächstes Jahr gibt es Neuwahlen, also wenn Sie in Ihrem Bereich noch groß etwas bewegen wollen, müssen Sie das realistischerweise jetzt beginnen. Was wollen Sie bis zum Ende der Legislaturperiode noch umsetzen?

Polaschek: Es ist mir ganz wichtig, dass wir gerade im Bereich der Lehrerbildung noch zu einem Ergebnis kommen. Ich werde „Klasse Job“ weiterbetreiben. Wir wollen auch mehr attraktive Angebote für die Ausbildung in der Elementarpädagogik schaffen. Wir wollen noch einiges tun, um die Wissenschafts- und die Demokratie-Skepsis in diesem Land zu bekämpfen. Und es wird noch einige Modernisierungsschritte im Bildungsbereich geben, etwa dahingehend, dass wir eine eigene KI-Strategie für die Schulen entwerfen werden.

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