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Still aus "Bachmann"

Wolfgang Ennenbach

Die Junge Frau: Vicky Krieps

Für die Darstellung der Kaiserin Elisabeth ist Vicky Krieps unter anderem als Beste Darstellerin in Cannes ausgezeichnet worden. Nun porträtiert sie wieder eine sagenumwobene Österreicherin: die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann. Es ist nicht der erste Film, in dem Vicky Krieps die junge Frau eines älteren Mannes spielt.

von Anna Katharina Laggner

In einem Interview mit der französischen Zeitschrift télérama sagt Vicky Krieps, sie arbeite ohne Kompromisse. Und, fügt sie hinzu: „Ich möchte nicht gefallen.“

Einer Schauspielerin zu glauben, dass sie nicht gefallen möchte, fällt schwer. Noch ein bisschen schwerer fällt das bei Vicky Krieps. Die so gewinnend spielt, als wäre sie gern die beste Freundin jeder einzelnen Person im Publikum. Gleichzeitig kokett und charmant, cool und ehrlich.

Ihre persönliche Sprache, sagt Vicky Krieps im selben télérama-Interview, sei die Stille. Neben der Stille spricht sie Luxemburgisch, Deutsch, Französisch und Englisch. Diese Sprachenvielfalt ist vielleicht gemeint, wenn von Vicky Krieps als unglaublich wandlungsfähiger Schauspielerin die Rede ist. Denn: mit Ausnahme der Kaiserin Elisabeth in „Corsage“ spielt Krieps fast immer die Junge Frau, also eine stereotypische Figur im Mainstream-Kino. Diese Junge Frau tut jedes Mal, wenn sie auftritt, so, als wäre sie ein Individuum, aber in Wirklichkeit ist sie tausendfach die gleiche. Vicky Krieps, und das ist irritierend, beherrscht die Rolle so perfekt, dass es kaum auffällt, wie oft sie die Junge Frau schon gespielt hat.

Die Junge Frau von

Vor einem Monat hatte Viggo Mortensens Western „The Dead don´t hurt“ in Toronto Premiere. Der Film spielt im 19. Jahrhundert, Vicky Krieps darin das love interest des 65-jährigen Viggo Mortensen (der Schauspieler spielt die Hauptrolle in seinem eigenen Film).
Ähnlich in „Der Seidene Faden“, Krieps´ erster Hollywood-Produktion: Der 60-jährige dreifache Oscar-Preisträger Daniel Day-Lewis spielt einen Modeschöpfer, der sich in eine junge Kellnerin verliebt. Die Kellnerin: Vicky Krieps.
Detto im Arthouse-Drama „Bergman Island“ von Mia Hansen-Love, in dem ein Schriftsteller-Ehepaar in jenem Haus, in dem Ingmar Bergman „Szenen einer Ehe“ geschrieben hat, die eigene Ehe an die Wand fährt. Er: der 1961 geborene Tim Roth. Sie: die 1983 geborene Vicky Krieps.
Und nun also Ingeborg Bachmann, die auch in der Realität 15 Jahre jünger war als der ihr in tragischer Liebe verbundene Max Frisch. Interessant ist, nebenbei bemerkt, dass Ronald Zehrfeld - der Schauspieler, der Max Frisch spielt -, nur 6 Jahre älter ist als Vicky Krieps. So schaut die Junge Frau nicht ganz so jung aus. Zehrfeld hat mit seiner Rolle auch kein großes Los gezogen: er muss den Eifersuchtsbären im Dichterkostüm geben.

Still aus "Bachmann"

Wolfgang Ennenbach

Roma no risponde

Im Fokus von „Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste“ stehen die vier Jahre Ende 1950, Anfang 1960, als Ingeborg Bachmann und Max Frisch ein Paar waren. Sowie eine Zeit irgendwann danach, als Bachmann sich während der titelgebenden Reise in die Wüste von dieser Beziehung, die im Film als Konflikt zweier Giganten dargestellt ist, erholt.

Frisch lebt in Zürich, Bachmann zieht zu ihm und fühlt sich unwohl, weil er so laut an seinem Manuskript tippt und überhaupt, weil sie sich in Rom wohler fühlt. Sie reist ab. Max Frisch hängt sich ans Telefon, dreht an der Wählscheibe, aber keine Verbindung. „Rom antwortet nicht“, tönt es ihm aus dem Hörer entgegen. Dieser Satz zählt in seiner umwerfenden Banalität zu den inspirierendsten Sätzen dieses an hochtrabender Form überreichen Films. Frisch und Bachmann in der Gestalt von Zehrfeld und Krieps müssen unglaublich pathetische Dialoge miteinander sprechen, sich wie Marionetten vor einem stylischen Dekor bewegen und eine Geschichte zusammenhalten, die sich in eliptischen Kreisen rund um Originaltexte von Bachmann dreht.

Vicky Krieps gelingt die Höchstleistung, diese enorm sperrigen Sätze natürlich wirken zu lassen. Überhaupt wahrt Vicky Krieps als Schauspielerin ihre Würde, sie spielt immer munter drauf los, egal wie alt ihre Filmmänner auch sind.

Vicky Krieps

Pandafilm

Was kommt nach?

Ich hoffe (und wünsche bittesehr), sie rettet diese Würde rüber in die nächsten Jahrzehnte. Als Initiatorin von Marie Kreutzers „Corsage“ hat sie schon einmal gezeigt, wofür sie (auch) steht. Krieps spielt die an ihrem fortschreitenden Alter leidende Kaiserin Elisabeth rund um ihren 40. Geburtstag. Vicky Krieps ist nun selbst 40 Jahre alt: in der paternalistisch geprägten Hollywood-Spielfilm-Welt wird sie demnächst zu alt sein für die Junge Frau. Ich freue mich auf die Rollen, die sie dann (spielt und) initiiert.

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