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Ski Aggu

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Ski Aggu: Der Feminist King, auf den wir gewartet haben?

Rapper Ski Aggu fällt mit feministischen Statements auf – und findet, man sollte ihn dafür nicht zu sehr loben.

Eine Kolumne von Verena Bogner

“Ich finde Wein lecker, ich bin kein Kenner, doch ich bin ein Feinschmecker”: Diese Worte machten den deutschen Rapper Ski Aggu in diesem Jahr endgültig zum viralen TikTok-Hype. Mit dem Song “Friesenjung” stürmte er gemeinsam mit Otto und dem niederländischen Rapper Joost Klein die Charts – und viele dachten, hier der Geburtsstunde eines kurzlebigen Deutschrap-Hypes beizuwohnen, der nicht viel mehr zu bieten hat als Party-Lyrics und Nonsens-Reime auf Techno-Beats. Falsch gedacht. Denn Ski Aggu kann mehr, als “Chinapfanne” auf “Niederlande” zu reimen.

Das beweist er zum Beispiel mit seinem Song “Maximum Rizz”, zu hören auf seinem kürzlich erschienenen Tape “denk mal drüber nach…”. Angeteasert hat Ski Aggu den Song vorab natürlich ausgiebig auf TikTok – mit folgendem Ausschnitt:

“Baby, ich hab’ Maximum Rizz
Ich bin nicht ihr Fitnesstrainer, trotzdem mach’ ich sie fit
Aggu, sie hat mich heiß gemacht wie ein Herd
Ich bin wie ein alter Streit, denn sie hat mich geklärt”

Die Sachlage schien klar: “Maximum Rizz” ist ein weiterer Song, in dem wir vor allem aus der Perspektive eines Mackers hören, wie einfach es ihm von der Hand geht, Frauen aufzureißen. Aber so eindimensional ist Ski Aggu nicht – und genau hier wird mehr daraus als ein random Track auf deiner neuesten Party-Playlist. Denn hört man weiter, geht es plötzlich nicht mehr um sein nicht enden wollendes Charisma, sondern um die Frau, die ihn klarmacht – die übrigens nicht, wie so oft im Deutschrap, mit frauenfeindlichen Begriffen umschrieben wird:

“Coole Maus holt mir eine Kugel Pils
Sie hat sehr gutes Game, sie macht ein’n Atzen superwild”

Im nächsten Vers geht es schließlich um Consent beim Flirten:

“Dicka, jetzt ma’ ernst, wenn ‚ne Atzin sich beschwert
Dass du sie hardcore nervst, ich schwör‘, dann machst du was verkehrt
Denn egal, wo man verkehrt, scheißegal, wie man verballert ist
Flirten ist so geil, doch ist nur geil, wenn’s geil für alle ist
Isso, ah, Case closed wie bei AirPods”

Oberflächlicher Pseudo-Feminismus oder glaubhafte Statements?

Ski Aggu wurde 1997 geboren, also zählt ganz eindeutig zur Gen Z – bekanntlich die Generation, die deutlich mehr Wert auf Wokeness und Politische Korrektheit legt als Millennials oder die Gen X (von Boomern will ich an dieser Stelle gar nicht anfangen). Hat er vielleicht einfach verstanden, dass ein zeitgemäßer Star feministisch sein und seine eigene Männlichkeit hinterfragen muss, um erfolgreich zu sein? Ist er einfach nur ein weiterer pseudo-woker Mann, der sich hin und wieder die Nägel lackiert, Frauen “Maus” nennt, und denkt, dadurch habe er etwas für den Feminismus getan? (Frauen, die Männer daten, wissen, wovon ich spreche.)

Es wäre trotz der erdrückenden Erfahrungslage in Sachen Feminismus bei Männern doch ziemlich pessimistisch, das anzunehmen und Ski Aggu seine Ernsthaftigkeit abzusprechen. Vor allem, weil er auch in anderen Songs – wie zum Beispiel “Partyticker” – beweist, dass er reflektiert ist: “Ich schwör, ich bin zu priviligiert, weil ein weißer deutscher Hetero die Bullen in Berlin nicht interessiert”.

Ski Aggu äußert sich außerdem nicht nur in “Maximum Rizz” gegen Catcalling und sexuelle Belästigung, sondern bezieht auch bei seinen Live-Shows immer wieder Stellung. Auf TikTok gehen diese Videos regelmäßig viral: “Wenn ihr irgendwelche Atzen habt, die sich falsch verhalten, zeigt denen, dass das nicht klar geht und ihr nicht mit denen befreundet sein könnt”, richtet er sich bei einer Show an die männlichen Anwesenden und fordert sie auf, gegen Freunde, die sich übergriffig verhalten, aufzustehen. Und für diese Botschaft, die von vielen Männern meiner bescheidenen Erfahrung nach viel zu selten ernst genommen wird, muss man Ski Aggu lieben.

@kafichranz #skiaggu #aggu #aggupartei #dynamo ♬ Originalton - duiweiasauned

Nicht nur, weil er seinen Fans dadurch wieder einmal die spannende Gratwanderung vor Augen führt, die er zwischen mackerhaftem Auftreten und reflektierten Messages schafft. Oder weil er sich dadurch ganz klar von anderen Rappern im deutschsprachigen Raum abhebt, die meist eher durch gegenteilige Aussagen (oder sogar Taten) auffallen. Sondern weil er dadurch jungen Männern verdammt wichtige Botschaften vermittelt – in einer Social-Media-Welt, die eher von Andrew Tates als von feministischen männlichen Vorbildern geprägt ist. Und weil er Frauen damit das Gefühl gibt, gehört zu werden und bei seiner Musik aktiv mitgemeint zu sein.

Aber wir wollen hier natürlich auch nicht zu pathetisch werden. Denn unter ein TikTok, das sich mit der Frage beschäftigt, ob Aggu wirklich Feminist ist, kommentierte er: “Will aber nicht dafür gepraised werden, Leute. Ist das Mindeste.” Und damit hat er recht.

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