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Christan Slater und Patricia Arquette in "True Romance"

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Lovers on the Run

Im aktuellen FM4 FIlmpodcast feiern wir die Jubiläen von „Badlands“ (1973) und „True Romance“ (1993). Filme, die durch das Thema „Lovers on the Run“ und ein Musikstück von Carl Orff verbunden sind.

Von Pia Reiser

Am Ende seines Buches „Panikherz“, so erzählt Benjamin von Stuckrad-Barre vor ein paar Jahren im Interview, entscheidet sich sein Held für das Gefühl und gegen die Coolness. Die Phrase bleibt bei mir hängen und sie drängt sich fast auf, wenn man wonneproppig glücklich dem Abspann von „True Romance“ gegenübersitzt und dran dankt, dass man das Happy End, die Strandszene, den Sonnenuntergang, das Kleinkind namens Elvis dem Regisseur Tony Scott zu verdanken hat, der damit die größte Änderung am Drehbuch eines damals noch unbekannten Quentin Tarantino vornimmt.

All the cynical people die, so Scott über seinen so perfekt gewebten schrillen Film, aber Alabama (Patricia Arquette) und Clarence (Christian Slater). Die mussten überleben, Scott hatte sich genauso in diese Figuren verliebt, wie wohl jeder, der sich mit den beiden vom eiskalten Detroit ins sonnige Kalifornien aufgemacht hat. Im Finale also: Für das Gefühl, gegen die Coolness. Am Weg zum Finale tanzen Gefühl und Coolness in „True Romance“ einen Kriminaltango, den viele Filme der 1990er Jahre nachzutanzen versuchen.

Szenenbild "True Romance"

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Tarantino nennt es seinen autobiografischsten Film, das bezieht sich allerdings nicht auf Pimps, Kokain, Gangsterclans und Schießereien in Hotelzimmern, sondern auf die Figur von Clarence. Ein Mann in den Mittzwanzigern, verliebt in die Popkultur: Elvis, Kung-Fu-Filme, Partridge Family, Comics. Tarantino arbeitet in einer Videothek, Clarence in einem Comic-Laden. Als in Form von Alabama die herzpochende Liebe in sein Leben tritt, wird eine Kettenreaktion ausgelöst, die formvollendet in einem mexican standoff endet.

Den Weg dahin pflastert Tarantino mit einer Parade an - im wahrsten Sinne des Wortes - merkwürdigen Nebenfiguren: An der Spitze Gary Oldman als Pimp Drexl Spivey (ich meine: was für ein Name), eine Figur, die Regisseur Tony Scott Oldman mit den Worten „You’re playing a white guy who thinks he’s black, and you’re a killer pimp“ näherbringt. Ein Gruselauge aus dem „Dracula“-Fundus, Dreadlocks, eine Leopardenjacke - und vor allem aber seine in Patois getunkte Art zu sprechen. Dann sind da Christopher Walken und Dennis Hopper in einer legendären dialogschweren Szene in einem Wohnwagen, da ist ein prä-Sopranos-James Gandolfini und dann ist da vor allem Brad Pitt als kalifornischer Kiffer, verschmolzen mit dem Sofa, der aber immer wieder die Handlung am Laufen hält, in dem er vorbeischauenden Gangstern exakt beantworten kann, wo sich Alamaba und Clarence aufhalten.

Brad Pitt in "True Romance"

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„True Romance“ ist ein schillerndes Stück Pop, eine Liebesgeschichte vermengt mit Gewalt, cooler-than-cool-Onelinern und kleinen Happen einer Hollywood-Satire. Mit Terence Malicks „Badlands“, über den wir in der heutigen Episode des FM4 Filmpodcast auch sprechen, durch das Grundgerüst „Lovers on the Run“, vor allem aber durch ein Musikstück von Carl Orff, das schon in „Badlands“ vorkommt und in „True Romance“ quasi im Hans Zimmer Edit als „You’re so cool“ wieder auftaucht. Und damit übergebe ich an Christian Fuchs...

Love is strange: In „Badlands“ treffen Unschuld, Verbrechen, Poesie und Gewalt aufeinander

Von Christian Fuchs

Halbstarke hat man diese Typen einst genannt. Mit ihren Lederjacken, hochgekrempelten Jeans, der Elvis-Frisur und dem plärrenden Rock’n’Roll aus dem Autoradio repräsentierten sie ein amoralisches Aufbegehren, einen Frontalangriff auf die bürgerlichen Werte der Fünfziger.

Charlie Starkweather bestätigte sämtliche diesbezüglichen Ängste des konservativen Amerikas. Der Fall des jugendlichen Müllmanns aus Lincoln, Nebraska, schockierte wochenlang die Nation. Aufgewachsen im Trailerpark, als Kind gehänselt und ausgelacht, wuchs Charlie zu einem verschlossenen Burschen heran, in dem aber ein unbändiger Hass gegen die Umwelt brodelte. Erst in der 14-jährigen Caril Fugate, die sich selbst als von der Welt enttäuscht sieht, findet Starkweather eine Freundin.

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#202: FM4 Filmpodcast: Badlands & True Romance

50 Jahre ist es her, dass der Debütfilm des Regisseurs Terrence Malick in den amerikanischen Kinos angelaufen ist. „Badlands“ ist weit mehr als die Geschichte eines mörderischen Teenagerpärchens, das Killer-Märchen mit Sissy Spacek und Martin Sheen wurde von Fans zum Mysterium verklärt. Vor 30 Jahren begeisterten wiederum Patricia Arquette und Christian Slater in „True Romance“ als kriminelles Couple on the run. Zwei Jubiläen mit unzähligen Verbindungen. Pia Reiser und Christian Fuchs verbeugen sich – und reden über Tarantino und Tony Scott, Carl Orff und Sony Chiba.

Als sich aber Carils Eltern vehement gegen den 17-jährigen Müllkutscher wehren, brennen Charlie die Sicherungen durch. Der zornige junge Mann beginnt einen kaltblütigen Amokfeldzug, der zahlreiche Todesopfer fordert und das Vertrauen in die junge Generation nachhaltig erschüttert. Zumal der Killer optisch der Hollywood-Ikone James Dean nacheifert, dem Prototyp des ewig missverstandenen Teenage Rebel. Nach einem aufsehenerregenden Prozess, in dem Charles Starkweather keinerlei Reue zeigt, endet er am 24.6. 1959 auf dem elektrischen Stuhl. Vor dem Gefängnis versammeln sich Rockabilly-Fans und betrauern ihren „Rebel without a cause“. Caril Fugate, der die Geschworenen die Unschuldsbeteuerungen nicht abnehmen, bekommt lebenslänglich.

„Badlands“, 1973 von Terrence Malick gedreht, folgt der Spur des minderjährigen Verbrecherpärchens auf eine Weise, die bis heute unvergleichlich wirkt. Der Film verwandelt die schießwütige Reise zweier juveniler Verlierer in ein kriminelles Märchen von bestechender poetischer Schönheit. Eine unwirkliche, fremde Stimmung legt sich hier wie ein Schleier über den sozialen Realismus. Wie viel später David Lynch verwebt auch Malick in seinem Meisterwerk US-Trivialmythen, Traumbilder und verstörende Gewalteinbrüche. Großartig ist neben Kameraführung und Musik auch die Besetzung: Martin Sheen, damals noch zum Hollywood-Nachwuchs gehörend, spielt den stoischen und undurchschaubaren Antihelden Kit Carruthers, Sissy Spacek fasziniert als seine kindlich-naive Gefährtin Holly.

Szenenbild "Badlands"

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„Badlands“

„Love is strange“ tönt einmal ein alter Evergreen von der Tonspur und seltsam ist auch diese White-Trash-Romanze, die Rätsel aufgibt, irritiert, sich immer unter dem Zuseher hinwegwindet, wenn dieser überzeugt ist, die Motive der beiden Jugendlichen zu begreifen. Quentin Tarantino wurde von diesem Film zu „True Romance“ inspiriert, für ihn wirkt „Badlands“ wie ein „religiöses Erlebnis“. Und er hat nicht ganz unrecht.

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