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"Rotting in the sun" Filmstills

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Metafilm oder Movie-Klamauk?

„Rotting in the Sun“ nutzt den wackligen Spontanlook von Handy-Aufnahmen fürs Kino und ist dabei eine wilde Mischung aus hedonistischem Schwulensoftporno, social media Raserei und Mord-Krimi. Wie ernst es Regisseur Sebastián Silva mit der zweiten und dritten Bedeutungsebene meint, bleibt dabei offen.

Von Anna Katharina Laggner

Regisseur Sebastián Silva spielt in seinem eigenen Film auch die Hauptrolle, nämlich Sebastián, einen Regisseur und Maler. Wir lernen diesen Sebastián in einer räudigen Szene kennen: Zu den Klängen miserabler Straßenmusik defäkiert ein Obdachloser neben einen Baum. Während Sebastián sich einem Buch über Selbstmitleid und Lebensüberdruss hingibt, frisst sein Hund den menschlichen Kothaufen. Bei Sebastián zu Hause wird gerade eine Mauer eingerissen, die Haushälterin Vero hat frisch gemalte Bilder gestapelt und auf diese Weise zerstört, Sebastián zieht sich erstmal eine Droge in die Nase.

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Haushälterin Vero ist die heimliche Hauptfigur, der Dreh- und Angelpunkt dieser Geschichte. Die chilenische Schauspielerin Catalina Saavedra läuft auch in „Rotting in the Sun“ zu Höchstformen auf. Sie hat bereits in Sebastian Silvas preisgekröntem Spielfilm „The Maid“ - „Die Perle“ eine begnadete Figur als unentbehrliche Haushälterin abgegeben. Zunächst aber zieht sich Sebastian auf Empfehlung seines Managers („das brauchst du jetzt“) mit seinem Weltschmerz an einen Schwulenhotspot am Strand zurück. Dort bietet sich ihm (und uns als Zuschauer*innen) eine nicht enden wollende Vielzahl an Penissen in unterschiedlichen Formen und Aggregatzuständen an. Filmkritisch betrachtet eine in-your-face-Persiflage auf schwulen Hedonismus. Sebastián aber schlägt sämtliche Angebote aus. Er liest lieber Literatur über das Lebensende. Und wird von einem überambitionierten, US-amerikanischen Insta-Star niedergeredet, gemeinsam ein Filmprojekt zu realisieren. Auch Jordan Firstman, der Insta-Mann, spielt sich selbst.

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Was dann passiert, wird nicht verraten. Tatsache ist: Bald wird besagter Insta-Mann in Sebastiáns Wohnung hausen, dort seinen Hedonismus weiterleben und sich um den Verbleib von Sebastián Sorgen machen. Als einziger allerdings. Die Haushälterin Vero wird herumschwarwenzeln und in ihrer hypernervösen Umsichtigkeit nur deswegen nicht verdächtig sein, weil niemand sie richtig ernst nimmt. „Rotting in the Sun“ ist als Metafilm zu flapsig, als reiner Klamauk aber zu gut gemacht. Denn er spielt geschickt mit den Realitäten: Social-Media-Posts gehen nahtlos in die filmische Realität über, die aber auch so ausschaut, als würde sie gerade auf einem Display stattfinden. Die kongeniale Mitspielerin der Haushälterin ist übrigens ein internet-basiertes Übersetzungstool, das mit monotoner Konservendosen-Stimme Umdeutungen des Gesagten vornimmt.

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Mit wackeliger Handkamera vereint der Film Versatzstücke des Dokumentarischen mit dem Whodunnit bis hin zum drogeninduzierten self-made-Thriller. Dass „Rotting in the Sun“ dabei gelegentlich der Plot-Faden reißt, versteht sich fast von selbst.

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