Wer braucht schon Prinzessinnen?

Viele träumen davon, einmal ein Prinz oder eine Prinzessin zu sein. Aber warum eigentlich?

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

„So schön leben Prinzessinnen!“, erzählen diverse Verwandte meiner Tochter. Und sie möchte eine Prinzessin sein. Ich frage sie nicht, wie das wohl zustande kommt, wo ich doch weder König noch Sultan bin. Natürlich, es besteht die Möglichkeit einen Prinzen zu heiraten. Ich weiß nicht, ob ihr das geeignete Umfeld dafür gegeben ist, außer ein minderjähriger Prinz geht zufällig in den städtischen Kindergarten.

Ich habe mal von einem Mädchen gelesen, das einen Prinzen aus Ghana geheiratet hat, den sie zufällig an einer Bushaltestelle getroffen hatte. Eine Bekannte hat mal den Sohn vom Präsidenten von Madagaskar geheiratet. Sie wurde keine Prinzessin, aber wenigstens die Schwiegertochter eines Präsidenten. Leider wurde dieser Präsident bald danach durch einen Coup gestürzt und sie lebt jetzt statt in einem Palast in einem Plattenbau in Bulgarien. Dort ist es zumindest sicherer.

Jeder soziale Aufstieg birgt leider das Risiko eines tiefen Falls. Man denke nur an die Guillotine. Trotzdem werden uns immer wieder Bücher oder Filmchen über Prinzessinnen geschenkt. Und das am Ende des ersten Viertels des 21. Jahrhunderts, wo Emanzipation und Gleichberechtigung doch so wichtig sein sollen! Warum müssen kleine Mädchen davon träumen, Prinzessinnen zu werden? Das ist so langweilig! Was machen Prinzessinnen den ganzen Tag? Im Märchen leben sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Genau so glücklich können aber auch Frisörinnen, Mathematikerinnen oder U-Bahn Fahrerinnen sein.

Der Mythos über das schöne Leben der Prinzessinnen ist leider unbesiegbar. Genau wie der über die Tischdecke, die selbst Essen auf dem Tisch bringt oder den fliegende Teppich, der uns bis ans andere Ende der Welt bringt. Die letzten zwei verstehe ich besser, bei den Preisen von Lebensmittel oder der Zugtickets. Aber wer braucht schon Prinzessinnen?

Wir haben zu Hause einen Haufen Prinzessinnenpuppen. Vor einigen Tagen hat meine Tochter sie in einem Kreis versammelt und zu ihnen wie folgt gesprochen: „Jetzt müsst ihr euch entscheiden, wer die schönste von euch ist!“ Unter den Prinzessinnen entstand Chaos, anscheinend können sie sich gar nicht verständigen. Meine Tochter sammelte sie schnell auf und stellte sie in die Kiste. Danach deckte sie sie zu und zeigte ihnen die Zunge. Sie setzte sich auf die Kiste und fing an, in einem Bilderbuch über Naturphänomene zu blättern.

Meine republikanische Seele atmete auf.