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Marlene Hauser in "Die Vermieterin"

Studio Brauneis

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Mietrecht, mir wird schlecht!

„Die Vermieterin“ von Sebastian Brauneis ist ein sagenhaft gut aussehender Film mit einem laut pochendem Herz und frei nach den Beginnern: einem Tanzbein und einem Arschtreter. Ab Freitag im Kino! (Zumindest mal in Wien)!

Von Pia Reiser

Man reibt sich während „Die Vermieterin“ ja mehrmals die Augen, weil man eigentlich nicht glauben kann, dass ein auf dem Papier „low budget“-Film auf der Leinwand so gar nicht nach „low budget“ aussieht. Durchaus retroangeschickt, aber vor allem mit fingerschnippender Leichtigkeit breitet sich „Die Vermieterin“ auf der Leinwand aus, dabei sind die Themen ja eigentlich gar nicht leicht und vor allem zum Haare raufen.

Johanna (Marlene Hauser) ist Schauspielerin und auf Wohnungssuche in Wien, das heißt ihr Budget ist auch eher im Low-Bereich angesiedelt und während der Doom-Scrollerei durch den Immobilien-Agent, reißt ihr auch irgendwann der Geduldsfaden, weil die Wohnungssuche gespickt ist mit Schikanen. „Nix mit Kunst, nix mit selbstständig, nix mit Haustier“, so die drei goldenen Regeln, naja, zumindest Haustier hat Johanna keines, aber das hilft ihr auch nicht recht weiter.

Szenenbild aus "Die Vermieterin"

Studio Brauneis

Man möchte meinen, die Wohnungssuche ist schon die Heldinnenreise von Johanna, doch der wahre Wahnsinn geht erst los, als Johanna eine Wohnung gefunden hat, doch die Vermieterin (Margarethe Tiesel) und ihr diabolischer Berater (Lukas Watzl) beginnen, die Miete in die Höhe zu treiben - von den anderen Einmischungen („Ihre Fußmatte passt nicht in unser Haus/"Sie lachen nie, das könnte ein Problem werden“) mal ganz zu schweigen. Jetzt hat Johanna zwar ein Dach über dem Kopf, aber auch den Scherben auf.

„Die Vermieterin“ läuft ab 19. Jänner 2024 im Metro Kinokulturhaus, Wien. Alle Termine findet ihr hier.

Wohlstandsgefälle, soziale Ungerechtigkeit und das leistbare Wohnen als Utopie oder Erinnerung an längst vergangene Zeiten sind rote Themenfäden aus der echten Welt, die sich aber hier nicht zu einem Problemaufsatz oder einer Themenerörterung zusammenformen, sondern zu einem Film, für den die Diagonale das schöne Genre „Mietrecht-Musical“ erfunden hat. Und es ist tatsächlich unter anderem die Musikalität von „Die Vermieterin“, die ihn unwiderstehlich macht und die es schafft, dass man quasi einen ganzen Film als Ohrwurm hat.

Mit inszenatorischer Leichtigkeit und Eleganz wird hier aus einer ansich unangenehmen Begegenung beim Postkastl eine Tanzszene, schöner sah lip syncing zu Brigitte Bardot nie aus. Und apropos Bardot, die Nouvelle Vague ist nie weit, wenn Sebastian Brauneis inszeniert und so findet sich in „Die Vermieterin“ nicht nur eine nouvelle vagueische Schwerelosigkeit und Stilsicherheit, sondern tatsächlich auch eine Bardot-Le Mepris-Gedächtnisfrisur. Da lachen nicht nur die Herzen der Old Souls. „Die Vermieterin“ beherrscht die Klaviatur am Popkultur-Wurlitzer.

Szenenbild aus "Die Vermieterin"

Studio Brauneis

Während eine Wohnungsparty zu „Smoke City“ einen sofort eine eigene Wohnungsparty planen lässt und einem Nina Simones „I wish I knew how it would feel to be free“ wie noch jedesmal die Schuhe auszieht, kommt, quasi als akustischer Pudels’ Kern, zum Schluss eine Solidaritätshymne: Euroteuro und ein Teil des Film-Ensembles singt den „Rauschhaussong“, also den Ton Steine Scherben „Rauchhaussong“ in neuer Interpretation.

Optimismus, Charme, Eleganz und visuelle Experimentierfreudigkeit tanzen hier gemeinsam. Wäre natürlich trotzdem spitze, wenn es für Filme wie „Die Vermieterin“ (mehr) Budget geben würde.

P.S. Einen recht guten Witz in Sachen FM4 gibt es auch noch in „Die Vermieterin“.

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