Wer wird wohl als Erstes abgeschoben?

Zuerst die Eigentümer:innen von Läden, die auch am Sonntag offen haben, dann die Taxifahrer:innen, glaubt Todor.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

„Wenn man dich abschiebt, komme ich dich besuchen!“, sagt mir mein Freund Andreas und lacht. Ich lache auch, weil ich weiß, dass Andreas ein Scherzkeks ist. Es ist aber gar nicht lustig, wenn der Obmann einer Partei im Fernsehen sagt, dass es gar keine schlechte Idee sei, Millionen Menschen nach einem Nationalitätsprinzip abzuschieben. Das wurde bei einem Treffen von Rechtsextremen diskutiert. Man sollte auch hier darüber diskutieren.

Wer wird wohl als Erstes abgeschoben? Die Eigentümer von Läden, die auch am Sonntag offen haben! Wo wird man sich dann Faschiertes kaufen können, wenn man am Sonntag realisiert, dass man kein Fleisch hat und unbedingt Lasagne essen will? Wenn es keine Lasagne gibt, soll man doch Kuchen essen, um Marie-Antoinette zu paraphrasieren. Dann wird der Taxifahrer abgeschoben, der dich am Samstag zu deinem Lieblingsclub fährt. Dann bleiben einem zwei Möglichkeiten: entweder nicht in den Club zu fahren oder keinen Alkohol zu trinken. Das Abschieben von Taxifahrer:innen wird zu weniger Alkoholkonsum führen, deshalb ist das gut.

Danach wird die Pflegerin deiner alten Eltern abgeschoben. Das führt anfangs zu Schwierigkeiten, kann aber auch einen positiven Effekt haben: ohne Pflege werden ältere Menschen früher sterben und der Staat braucht weniger Geld für Pflege und Pensionen. Dann wird die Ärztin abgeschoben, die letzte Woche deine Hämorrhoiden operiert hat. Dann die Installateurin, die dein verstopftes Waschbecken wieder befreit hat. Dann der Sushikoch beim Asiaten nebenan. Und schließlich Todor, der diese Kolumne für dich schreibt.

Wie du das aushältst, weiß ich nicht, aber wenn du mit einem verstopften Waschbecken, ohne Altenpflege und ohne Lasagne am Sonntag leben kannst, wirst du auch das aushalten. Und mein Freund Andreas kann mich dann in Bulgarien oder in Nordafrika besuchen kommen, wo alle Abgeschobenen leben werden. Dort ist es im Jänner wenigstens wärmer.