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Sleater-Kinney

Chris Hornbecker

Das neue Sleater-Kinney Album „Little Rope“ ist ein Kind von Traurigkeit

Sleater-Kinney ist eine der wichtigsten Rockbands der letzten 30 Jahre. Corin Tucker und Carrie Brownstein waren dabei, als das Riot-Girl-Movement in Olympia, Washington entstanden ist. Heute ist ihre Band Sleater-Kinney die einzige aus dieser Epoche, die über die gesamte Zeit kontinuierlich Alben veröffentlicht hat.

Von Natalie Brunner

Die Alben von Sleater-Kinney haben immer einen neuen Weg eingeschlagen, sind in eine andere Richtung gegangen, um den Drang der Band, sich weiterzuentwickeln gerecht zu werden. Es gehört zur Agenda von Sleater-Kinney, dem Lebensabschnitt der Musikerinnen entsprechende Themen aufzugreifen.

"Little Rope" von Sleater-Kinney

Loma Vista

Auf ihrem neuen Album „Little Rope“ geht es unter anderen um das mediale und soziale Unsichtbar-Werden von Frauen über 40, das schmerzhafte Ausblenden von Frauen, die nicht in Stereotype passen.

Die Nummer „Say It Like You Mean It“, thematisiert dieses Unsichtbar-Sein, und auch das Video, bei dem Carrie Brownstein Regie geführt hat, spinnt die Idee weiter, visualisiert die Verzweiflung des nicht gehört und gesehen werdens. Performt wird in dem Clip zu „Say It Like You Mean It“, von der Schauspielerin J. Smith-Cameron, alias Gerri aus der knallharten Erfolgsserie Succession.

2024 ist Sleater-Kinney ein Duo bestehend aus Corin Tucker und Carrie Brownstein. Janet Weiss, die seit 1996 Schlagzeug bei Sleater-Kinney gespielt hat, ging im Jahr 2019. Das neue Album „Little Rope“ ist ein düsteres und rohes Album, das aus einem intimen Dialog zwischen Brownstein und Tucker und ihrem Gitarrenspiel entstanden ist. Zehn Songs über Verlust, Depression, Unsichtbarkeit und Verschwinden. Es sind Songs, die einen lyrisch überrollen aber auch gleichzeitig mit hymnisch komplexen Arrangements einen Impuls zum Wiederaufstehen und Weiterleben geben wollen.

„I’ve been down so long / I pay rent to the floor.“ Singen sie in der Nummer „Hunt you down". Und noch schwerer sind die Textzeilen " The thing you fear the most / Will hunt you down.“

Carrie Brownstein hat diesen Satz notiert, nachdem sie ihn in einem Podcast gehört hat, in einer Sendung in der ein Vater über den Tod seines Kindes gesprochen hat. Tragisch ist, dass diese Notiz zwei Jahre später für die Band mit persönlichem Trauma aufgeladen worden ist. Im Herbst 2022 sind Carrie Brownsteins Mutter und Stiefvater bei einem Autounfall in Italien ums Leben gekommen. Da die amerikanische Botschaft in Rom nur Corin Tuckers Telefonnummer ausfindig machen konnte, war Corin diejenige, die die Horrornachricht überbringen musste, und wurde so noch direkter Teil des Prozesses von Trauer und Verarbeitung, der die Aufnahmen von „Little Rope“ bestimmt hat. Wie gehen wir mit Trauer um, mit wem durchleben wir sie, wie verändert sie uns und können wir mehr als nur überleben? Können wir etwas daraus lernen? Diese Fragen sind das Rückgrat von Little Rope.

Die Songs haben Tucker und Brownstein allein im Studio, nur mit Gitarren und Verstärkern geschrieben. Der Produzent John Congleton ein alter Freund von Sleater-Kinney ist spät in der Produktionsphase hinzugekommen. „Er kennt uns so gut und lange, dass er ohne große Erklärungen weiß, wo wir gerade stehen und was wir brauchen“, meint Corin Tucker im Interview.

„I need your voice right now”, auf vielen der Songs singt Corin Tucker. Carrie Brownstein hatte nicht das Bedürfnis dazu. Corins Gesang hat sich verändert, nimmt mehr Raum ein, Zorn und Stolz über Resignation. Auf der Nummer „Crusader“ werden Sleater-Kinney dezidiert politisch. Das Superwahljahr 2024 in den USA hat begonnen.

Rumor is you’re trying to save us
Reimagine and rename us
You’re burning all the books in this town
But you can’t destroy the words in our mouths
So do yourself a little favor
No one asked for a crusader

„Little Rope“ ist ein Album, das aus Trauer entstanden ist und auch anderen helfen möchte durch solche Lebensabschnitte zu gehen.

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