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The Last Dinner Party

Cal Mcintyre

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The Last Dinner Party auf der Suche nach dem „Point of no return“

Wo genau sind wir am Weg hin zur Utopie der Gleichberechtigung falsch abgebogen? Dieser Frage stellt sich die britische Rock Band The Last Dinner Party auf ihrem ersten Album „Prelude To Ecstasy“.

Von Alica Ouschan

Eine besonders hartnäckige Konstante im Musikjournalismus ist die Tatsache, dass große Hypes meist genau dann besonders kritisch hinterfragt werden, wenn es bei den gehypten Künstler:innen um Frauen geht. Das ist auch bei The Last Dinner Party nicht anders. Dabei geht die Band aus London eigentlich nur einen weiteren Riesenschritt eines Weges, der sich in den letzten paar Jahren mühsam und doch nachhaltig gebahnt wurde: Die Girlgroups nehmen langsam aber sicher die traditionell männlich dominierte britische Pop/Rock-Szene ein und das tut den alten Herren und ihren alten männlichen Superfans weh.

The Last Dinner Party

Cal Mcintyre

Prelude To Ecstasy von The Last Dinner Party ist bei Universal Island Records erschienen.

Genau dahin treffen, wo es weh tut: Damit kennen sich The Last Dinner Party aus. „Prelude To Ecstasy“ ist kein sanfter Einstieg, sondern gleicht eher einer energischen, modernen Rock-Oper. Der Titeltrack ist ein episches Instrumentalstück, das nicht nur tonangebend ist für das, was da auf einen zukommt, sondern gleichzeitig Beweisstück A ist dafür, welch großartige Musiker:innen hinter diesem Projekt stehen.

Pendeln zwischen den Extremen menschlicher Emotion

Bei The Last Dinner Party verschmelzen Ästhetik und Selbstinszenierung organisch mit der Musik. Das Ergebnis ist ein unverwechselbares Gesamtkonzept, das sich kraftvoll Song für Song entfaltet. „Prelude To Ecstasy“ folgt einer klaren Dramaturgie und aufregenden Dynamik.

Obwohl sich Abigail Morris, Emily Roberts, Lizzie Mayland, Georgia Davies und Aurora Nishevci thematisch an so einigem abarbeiten, das wir gefühlt schon tausendmal gehört haben, tun sie es mit einer Dringlichkeit, die umso lauter nach Veränderung schreit.

„Do what I can to survive
There is candle wax melting in my veins
So I keep myself standing in your flames
Burn, burn me alive“

Biblische Referenzen („Burn Alive“), Bezugnahme auf historische Figuren („Caesar on a TV Screen“) und das Spiel mit aktuellen popkulturellen Phrasen („Feminine Urge“) vermittelt beinahe das Gefühl einer Zeitreise, zwischen Revolution und Resignation, kämpfen und sich ergeben.

„Die Ekstase ist ein Pendel, das zwischen den Extremen menschlicher Emotionen schwingt, von der Ekstase der Leidenschaft bis zur Erhabenheit des Schmerzes. Es ist dieses Konzept, das unser Album zusammenhält“, sagen The Last Dinner Party über ihr Debut.

Orchesterstücke aus Tagebuchseiten

Trotz Klischeehafter Songzeilen und der gelebten Theatralik, die eine Art akustische Parallelwelt erzeugt, ist es genau das, was einen schlussendlich wieder innehalten lässt, um zu realisieren: „Das ist gar kein böses Märchen, kein Alptraum und auch keine Bibelstelle, das ist die Welt, in der wir leben“.

Auf „Prelude To Ecstasy“ kommen die kollektiven und individuellen Erfahrungen von fünf Frauen zusammen: "Wir haben Geständnisse aus Tagebuchseiten offengelegt und ein Orchester zusammengestellt, um unsere Vision zum Leben zu erwecken.“

The Last Dinner Party ist ein Act, der Fans von Marina & The Diamonds und Lana Del Rey gefällt, die sich aber gleichzeitig nach der Attitude von boygenius oder Wet Leg sehnen. Manchmal erinnert die Instrumentierung an Fleetwood Mac, sogar ABBA-Momente sind dabei.

„Preludes to Ecstasy“ erzählt Geschichten vom Weg in die Befreiung, es ist der Prolog, bevor die Handlung sich frei entfalten kann. The Last Dinner Party springen immer weiter in der Zeit zurück, um den „Point of no return“ zu finden. Es ist die Suche nach der Antwort auf die Frage, wo genau wir eigentlich beim Weg hin zur utopischen Idee einer gleichberechtigten Welt falsch abgebogen sind.

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