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Still aus dem Dokumentarfil "Stillstand"

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Corona-Doku „Stillstand“ über Wien im Ausnahmezustand

Schon während des ersten Lockdowns im März 2020 hat Nikolaus Geyrhalter begonnen, zu drehen. Da wusste er selbst noch nicht, was daraus werden würde. Über die Jahre ist „Stillstand“ zu einem imposanten Zeitdokument über eine außergewöhnliche Zeit gewachsen, und zu einem großen und berührenden Film.

Von Jan Hestmann

Ein menschenverlassener Flughafen, geschlossene Grenzen, leere Spiel- und Parkplätze. Keine Touristen vor dem Schloss Schönbrunn, auch nicht am Stephansplatz. Eine leere Straßenbahn schlängelt sich durch eine leere Stadt, dabei ertönt immer wieder die Durchsage mit der Aufforderung, einen Mund-Nasenschutz zu tragen und Abstand zu halten.

„Stillstand“ von Nikolaus Geyrhalter startet am 9. Februar 2024 in unseren Kinos.

Am Mittwoch, den 7. Februar 2024 ist Nikolaus Geyrhalter zu Gast in OK FM4.

Das sind die ersten Bilder, die Nikolaus Geyrhalters neuer Dokumentarfilm „Stillstand“ zeigt. Lange Einstellungen statt schneller Schnitte, die Eindrücke sollen erst einmal wirken. Aus einem puren Instinkt heraus hat der Filmemacher zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Pandemie begonnen, diese Bilder des Ausnahmezustands festzuhalten. Für die Archive, wie er im FM4 Interview sagt. Dass daraus in weiterer Folge ein ganzer Film entstehen würde, wusste er da noch lange nicht.

Der Film setzt während des ersten Lockdowns im März 2020 ein und portraitiert die stehengebliebene Millionenstadt Wien in einem Zeitraum von knapp zwei Jahren (bis zum Lichtermeer im Dezember 2021). In weiten Einstellungen zeigt der Film den durch die Pandemie einsetzenden Stillstand in der Stadt. Die Straßen sind leer gefegt, die Bewohner:innen sitzen zuhause, vor ihren Bildschirmen, die eine Pressekonferenz nach der anderen zeigen. Da fällt dann auch das berühmte Zitat des ehemaligen Bundeskanzlers Kurz, das sich ins kollektive österreichische Gedächtnis gräbt. Bald werde jeder von uns jemanden kennen, der an Corona gestorben sei.

Still aus dem Dokumentarfil "Stillstand"

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Leere Ubahn-Stationen in Wien. Von März 2020 bis Dezember 2021 zeigt „Stillstand“ Wien im Ausnahmezustand.

Der Film handelt aber nur zum Teil vom Stillstand. Er zeigt auch Menschen bei ihren Bemühungen, die Infrastruktur der Stadt aufrecht zu erhalten, trotz allem einen funktionierenden Alltag wiederherzustellen. Wir sehen Ärzt:innen und Pfleger:innen in Intensivstationen, eingehüllt in Schutzanzüge. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker in seinem Büro beim ständigen Neuausloten der Situation. Ein bangendes Ehepaar, das ein kleines Blumengeschäft besitzt, aufgrund des Lockdowns schließen musste und jetzt die Blumen auf der Straße verschenkt, damit sie nicht verwelken.

Und eine Klassenvorständin, die über Zoom den Kontakt zu ihren Schüler:innen hält und dabei ihren Optimismus nicht verliert. Diese Menschen sind die Held:innen in „Stillstand“ und sie sorgen dafür, dass dieser filmische Throwback nicht nur ein beklemmendes Erlebnis über Krankheit und Chaos ist, sondern auch eines, das von Menschen erzählt, die in der Not über sich hinauswachsen. An vielen Stellen ist „Stillstand“ berührend, manchmal sogar auch erheiternd.

Es ist ein eigentümliches Gefühl, sich „Stillstand“ von Nikolaus Geyrhalter anzusehen. Es entsteht das Gefühl, dass die Dinge, die darin zu sehen sind - seien es Nasenbohrertests, der Platzabstand im Kino oder eben die mahnenden Durchsagen in öffentlichen Verkehrsmitteln - in einer weit entfernten Vergangenheit liegen und nicht erst vor wenigen Jahren stattgefunden haben. Es kann gut sein, dass so manche:r für den Film noch nicht bereit ist. Vieles aus dieser Zeit wird noch verarbeitet, vieles ist auch schon verdrängt worden. Es hat aber durchaus etwas Therapeutisches, diese Zeitreise über sich ergehen zu lassen und sich nochmal vor Augen zu führen, was man alles durchgestanden hat, wie stark man eigentlich gewesen ist.

Nikolaus Geyerhalter hat diesen Film aus dem Impuls heraus gemacht, diese Zeit für die Archive festzuhalten. „Stillstand“ ist dann aber über die Jahre nicht nur zu einem wichtigen Zeitdokument geworden, sondern eben auch zu einem großen und großartigen Film gewachsen. „Stillstand“ ist nicht nur voller beeindruckender und monumentaler Aufnahmen über den Ausnahmezustand in einer Millionenstadt, sondern auch ein Film, in dem es ordentlich menschelt und auch ein Film, der Hoffnung gibt.

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