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Manu Debalgo mit dem Vocal Trio Mad Aboout Lemon

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Musik

Manu Delagos feinfühliges Album über die Klimakatastrophe

Von Eisbären und Gletschern, sinkenden Städten und dem Hoffnungsschimmer auf Veränderung. Manu Delago hat mit dem Tiroler Vocal-Trio Mad About Lemon das wunderschöne, ruhige und gleichzeitig aufwühlende Album „Snow From Yesterday“ geschrieben.

Von Andreas Gstettner-Brugger

Ein Ensemble mit auf einen Klettersteig durch die Alpen nehmen, in einem Wald ein Setup aufbauen und am Gletscher instrumentale Stücke spielen. „Parasol Peak“, das Album und der Film, sind ein Teil der innovativen Projekte von Hang-Spieler und Perkussionist Manu Delago. Dabei spielt oft die Natur und die unmittelbare Umwelt eine große Rolle. Sein letztes Album und die dazugehörige audio-visuelle Tour „Environ Me“ hat Aufnahmen von der Natur in die Konzertsäle gebracht.

Danach ist Manu Delago den umgekehrten Weg gegangen und hat die Konzertmomente in die Natur geholt. Bei seiner Re-Cycling Tour ist der Tiroler Musiker mit seiner Crew mit dem Fahrrad durch Österreich, Südtirol und Süddeutschland gefahren. Das ganze Equipment, Bühnenelemente und Solar-Panels werden mit Anhängern gezogen. Auf der Tour über 1.600 km und über 10.000 Höhenmeter spielen Manu Delago und Band 18 Konzerte, bei denen der Strom selbst produziert wird.

Der Tiroler Musiker, Perkussionist und Komponist ist ein aktiver Klimaschützer, der Menschen dazu inspirieren möchte, neue, klimafreundliche Wege zu gehen. Denn wie es um unsere Welt bestellt ist, macht Manu Delago auf seinem neuen Album „Snow From Yesterday“ hörbar. Die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels finden sich dabei in verstörenden Bildern in den sanften und warm klingenden Songs wieder.

Der Niedergang des modernen Menschen

Der sanfte Glockenklang des zart geschlagenen Hangs eröffnet das neue Album. Dazu die Stimmen des Tiroler Vocal-Trios Mad About Lemon, die Manu Delago entdeckt und für die meisten Songs zu sich ins Studio geladen hat. „Modern People“ ist eine Rückschau, in der wir auf den modernen Menschen blicken, der Wälder abgeholzt, Flüsse vergiftet und Tiere ausgerottet hat. Und beinahe sich selbst. Der Song kommt mit dem Hang und den drei Stimmen aus und entwickelt dabei eine dichte Atmosphäre. Es ist ein trauriger Abgesang auf die Irrwege moderner Zivilisation. Manu Delago versteht es dabei, uns ohne moralischen Unterton zu zeigen, wohin der Weg, den wir als Gesellschaft eingeschlagen haben, führen wird.

Albumcover Manu Delago "Snow From Yesterday"

Manu Delago

Das Album „Snow From Yesterday“ von Manu Delago ist auf One Little Independent Records erscheinen.

Eindrücklich schildert „Polar Bear“ die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen für Tiere.

Manu Delago: „Bei der Wildlife Photographer Of The Year Ausstellung in London habe ich ein Foto von einem Eisbären gesehen, in einer völlig schwarzen Umgebung. Das weiße Fell war die Tarnung im Eis, aber mittlerweile gibt es in den Gebieten oft kein Eis mehr. Das schaut natürlich skurril aus, ein Eisbär als weißer Fleck in einer schwarzen Landschaft. Dieses Bild hat mich lang begleitet.“

Die Stimmen von Mad About Lemon beschreiben dieses Bild des ungeschützten Eisbären wie ein Märchen, mit mantra-artigen Strophen und verbinden es mit der Geschichte von 12 Bären, die es geschafft haben, von Grönland nach Island auf Eisschollen zu schwimmen, wobei sie dort dann sofort erschossen worden sind.

Von Gletschern und sinkenden Städten

Generell zieht sich neben den Themen der Klimakatastrophe oft das Wasser als Elemente durch das ganze Album. In seinen verschiedensten Aggregatzuständen. Bei „Slo-Mo Moving River“ sind es die Gletscher, auf die uns Manu Delago einen einen Blick werfen lässt.

Manu Delago: „Gletscher sind ja eigentlich Flüsse, die nur sehr langsam fließen. Sie sind nicht statisch, wie manche glauben, sondern in Bewegung. Man sieht das bei Zeitrafferaufnahmen und Fotos, die in Jahresabständen gemacht werden. Die bewegen sich teilweise hunderte Meter im Jahr. Der Rückgang der Gletscher ist auch ein wichtiges Thema, weil sie sind ein riesiger Speicher von Süßwasser. Wenn alle Gletscher schmelzen, dann hat die Menschheit ein großes Problem.“

Die Bedrohung durch das Wasser zeigt sich in dem Song „Stay Afloat“, in dem am Anfang eine Reihe Städte aufgezählt werden, die alle am Meer liegen und von Fluten und wachsendem Wasserstand bedroht sind. Allen voran Jakarta, die Hauptstadt Indonesiens, von der jetzt bereits über 20 Prozent unter dem Meeresspiegel liegt. Die Umsiedlung soll in den nächsten Jahren stattfinden. Ausgerechnet in eines der großen Naturgebiete Indonesiens. Diesen Zwiespalt hört man dem Song von Manu Delaog und Mad About Lemon an. Während die erste Hälfte bedrohlich wirkt und die sinkende Basslinie repräsentativ für die sinkenden Städte steht, schwingt im treibenden zweiten Teil doch ein Hoffnungsschimmer durch.

Durch persönliche Geschichten berühren

Die Kraft des Albums „Snow From Yesterday“ ist der persönliche Blick von Manu Delago auf unsere Welt.

Manu Delago live in Österreich:

  • 28.2. Salzburg, Arge
  • 29.2. Linz, Posthof
  • 01.03. Braunau am Inn, Kultur im Gugg
  • 04.03. Wien, Konzerthaus (solt out)
  • 05.3. Mödling, Redbox
  • 26.4. Dornbrin, Spielboden
  • 27.4. Telfs in Tirol, Rathaussaal
  • 29.5. Konzerthaus Wien mit Anoushka Shankar, Jules Buckley & Mosaik String Orchestra
  • 28.6. Mürzzuschlag, Kunsthaus
  • 29.6. Dobldorf, Das8
  • 30.6. Waidhofen An Der Thaya, Musikfest Waidhofen 2024

Er schafft es, uns ohne erhobenen Zeigefinger die schon vorhandenen Auswirkungen der Klimakrise in starken Bildern näherzubringen. In Kombination mit der zwar sanften, aber dafür umso eindringlicheren Musik, behält man die beschriebenen Szenen im Kopf und vielleicht bringt es uns auch dazu, manche Alltagsentscheidungen auf ihre Nachhaltigkeit zu überprüfen.

Der Titel „Snow From Yesterday“ ist auch ein schönes, persönliches Bild von Manu Delago.

Manu Delago: „Im Englischen heißt die Phrase ‚Schnee von gestern‘ eigentlich ‚Water under the bridge‘, aber die zwei Phrasen sind auch sehr verwandt, weil der Schnee von gestern das heutige Wasser unter der Brücke ist. Es deutet auch den Kreislauf der Natur an. Außerdem repräsentiert diese Phrase ‚Schnee von gestern‘ auch meine Kindheitserinnerungen. Ich weiß nicht, ob ich es mir einbilde, aber ich habe die früheren Winter sehr weiß mit viel Schnee in Erinnerung. Mittlerweile ist das nur mehr selten der Fall.“

Eines der Höhepunkte des Albums ist „Paintings On The Wall“, ein Song der nichts mit der Klimaerwärmung, jedoch mit Vergänglichkeit zu tun hat. Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie Manu Delaogs Arbeitsweise ist und wie sich sein unmittelbares Leben auf die Musik auswirkt und wie die Songs es dadurch schaffen, uns tief zu berühren.

Manu Delago: „Als wir zu proben angefangen haben, waren wir im Haus meiner Mutter und meines Stiefvaters. Nach den ersten zwei Proben hat mein Stiefvater gemeint, er würde gerne zuhören, wie wir Songs schreiben. Ich habe ihm gesagt, dass wir noch ganz am Anfang sind. Wir entwickeln es gerade und werden es ihm dann vorspielen. Er ist dann leider sehr überraschend eine Woche später verstorben. Wir haben den Song ‚Paintings on the wall‘ dann sehr schnell fertig gestellt und haben ihn dann vier Tage später beim Begräbnis aufgeführt. Den Text habe ich für ihn geschrieben, der auch selbst Maler war. Und seine Bilder, die bleiben und hängen jetzt an den Wänden des Hauses.“

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