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Elevate Eröffnung 2024

Clara Wildberger / Elevate Festival

Wie wir leben wollen: In Freiheit und Würde für alle Menschen

Das Elevate Festival feiert 20 Jahre Horizonterweiterung in Graz: Musik und Diskurs fordern auch im Jubiläumsjahr das Publikum heraus, sich aktuellen Fragen nach Menschenwürde und gesellschaftlichen Realitäten zu stellen.

Von Katharina Seidler

Knapp 60 Artists stehen dieses Jahr auf dem Lineup des Elevate Festivals, und über 30 Speaker treten im Rahmen des Diskursprogramms auf. Das macht in 20 Festivaljahren über 1100 Musik-Acts, dazu 600 Redebeiträge, und wer das Beziffern auf muntere Spitzen treiben will, schaut sich am besten den grandiosen Kurzfilm „While...“ an, den der Regisseur Sebastian Brauneis als Auftragsarbeit zum Festivaljubiläum gemacht hat. Assoziationen und Erinnerungen fliegen einem darin als erfrischendes Inputfeuerwerk um die Ohren: ChatGPT, wie oft wurde in diesen 20 Jahren beim Elevate gelacht? Aufgrund komplexer Berechnungen ca. 10 Millionen Mal. Wieviele Haushalte könnte die Energie der Tanzenden pro Festival beheizen? 174. Und bitte sag, how many of us out there feel the need to run and look for shelter?

Die dringendsten Fragen kann die KI aber nicht beantworten. Fragen, die sich nicht nur am Eröffnungsabend des Elevate stellen, sondern die über nicht weniger als die Zukunft unseres Lebens bestimmen: Was macht uns zum Menschen? Und wer beschützt diese Menschen, wenn Ideen von Freiheit und Demokratie bombardiert werden?

Elevate Eröffnung 2024

Clara Wildberger / Elevate Festival

In vielerlei Hinsicht faboulous: Denice Bourbon

Die Eröffnungsrede des Festivals kommt in diesem Jahr von der ukrainischen Juristin und Aktivistin Oleksandra Matviichuk. Mit ihrer Organisation Center for Civil Liberties, die 2022 den Friedensnobelpreis erhielt, setzt sie sich für die Einhaltung der Menschenrechte in der Ukraine und in anderen Ländern ein; auch die Dokumentation von Kriegsverbrechen gehört zu ihren Aufgaben. Was geschieht also mit Begriffen wie Freiheit oder Solidarität, wenn ein Land ein anderes so brutal überfällt und terrorisiert? Sie werden zu fake values, denn reales Schutzschild bilden sie im Fall des Falles keines, so Matviichuk. Menschliche Würde findet man in diesen Moment in der Zivilgesellschaft, in Gesten der Nächstenliebe ebenso wie in den grausamen, herausfordernden Aufgaben, zu denen ein Krieg die überfallenen Menschen inmitten von Trümmern zwingt: „Ordinary people do extraordinary things.“

Elevate Eröffnung 2024

Clara Wildberger / Elevate Festival

Oleksandra Matviichuk

Oleksandra Matviichuks Rede ist eine eindringliche Erinnerung daran, dass es in all den Panels, Workshops, Strategiemeetings der Welt um reale Gegebenheiten geht, um unmittelbare Auswirkungen auf unser aller Leben in der Welt der Zukunft. Es ist dem Elevate Festival hoch anzurechnen, dass es sich nicht nur auf dem Papier mit großen Worten schmückt, sondern dem Publikum konkrete Angebote macht, sich mit derartigen Fragen auseinanderzusetzen. Wie wollen wir gemeinsam leben?

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen erinnert in seiner präzisen Ansprache an jenem Abend im Grazer Orpheum daran, dass Frieden und liberale Demokratie keineswegs selbstverständlich sind. Sie sind vielmehr höchst fragil, und umso mehr ist die Zivilgesellschaft beispielsweise im sogenannten „Superwahljahr 2024“ gefordert, ihre Verantwortung als Wahlberechtigte wahrzunehmen. Mehr noch: Wir haben auch Verantwortung füreinander, für den Menschen neben uns ebenso wie für jenen, der tausende Kilometer entfernt mit seinem Leben für unsere Werte einsteht.

Elevate Eröffnung 2024

Clara Wildberger / Elevate Festival

Bernhard Steirer und Irina Nalis

Einen wichtigen Aspekt greift die Diskurs-Kuratorin des Elevate Irina Nalis im Interview mit der charmanten Moderatorin des Abends Denice Bourbon auf: Denn man darf nicht unterschätzen, dass renommierte Aktivist:innen und Denker:innen wie eben Oleksandra Matviichuk, wie Milo Rau, Shoura Hashemi oder Andrew Ringsmuth, die alle an diesen Tagen im Rahmen von Panels und Keynotes sprechen werden, auf das Publikum auch einschüchternd wirken können. Für diesen Fall erinnert die Kuratorin daran, dass es oft sogar ratsamer ist, nicht sofort zu allem eine eigene Meinung zu haben. Wir alle wären damit in vielen Situationen gut beraten: Vielleicht einfach einmal Zuhören. Das Diskursprogramm des Elevate ist dementsprechend niederschwellig nicht nur bei freiem Eintritt im Grazer Heimatsaal zugänglich, es wird immer auch simultan zwischen Deutsch und Englisch gedolmetscht und live auf der Festivalwebsite gestreamt. Hierbei wird es unter anderem auch, als mögliche Brücke zum Musikprogramm der nächsten Tage und Nächte, darum gehen: Was kann die Kunst zu all dem beitragen?

Durch kollektive Erlebnisse, durch Gespräche mit guten Menschen, durch 1 der 10 Millionen beim Festival gelachten Lachern bindet sich das Band zwischen den Mitgliedern einer Weltgesellschaft enger; wir werden sozusagen jedes Mal ein bisschen mehr „elevated“. 2024 gibt es keine Entschuldigung mehr dafür, die Augen zu verschließen: Give up yourself unto the moment, the time is now.

Die Eröffnung des Elevate 2024 gibt es in voller Länge hier zum Nachsehen:

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