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Cem & MCMLXXXV (Herrensauna)

Philippe Gerlach

Die Club Sounds beim Elevate Festival

20 Jahre Elevate Festival, das sind 20 Jahre Diskurs, Club- und experimentelle Musik. Beim gemeinsamen Begehen des runden Jubiläums kamen - wie so oft - die Feierwütigen in Graz am Wochenende nicht zu kurz.

Von Dalia Ahmed

Das Elevate ist ein für Österreich und eigentlich für ganz Europa einzigartiges Festival - vor allem für Fans subversiver Club Kultur. Das wurde auch an diesem Wochenende wieder bewiesen. Ein Netz spannte sich in Graz vom Orpheum, über den Schlossberg und Stadtpark, bis hin zum Heimatsaal im Volkskundemuseum. Dabei waren die beiden erstgenannten Venues das Ziel der Club Pilger*innen. 



Am Freitag wurde eine neue Location mit einem Showcase des Wiener House Collectives A Party Called Jack eingeweiht. Im Aiola Upstairs Restaurant, wurde zu eklektischen House Sounds an einem der höchsten Punkte der Stadt getanzt. Ganz oben auf dem Schlossberg mit einem fast schon kitschig perfekten Ausblick hat sich die neue Location gut in das bestehende Angebot eingefügt. Ein neuer, etwas schickerer Welcome Point in die Welten des Elevate Festivals.

A Party Called Jack (zu sehen: Voices From Beyond)

Philippe Gerlach

Im Orpheum ging es bassiger zu. DJ Krush, der seit den 90ern Jahren Hip Hop und dichte Club-Klänge kombiniert, lieferte ein fast schon ruhiges Set, das zwar laut und basslastig, aber nicht unbedingt was fürs komplette Ausrasten war.

Das Ausrasten kam dann erst beim Set vom schottischen Superstar Producer Hudson Mohawke. Der inzwischen in Kalifornien lebende Producer und DJ hat mit Acts wie Kanye West, A$AP Rocky oder Lil Wayne zusammengearbeitet. Etwas, das man auf den ersten Blick wahrscheinlich nicht von einem schottischen Electronic Musiker erwarten würde. Im Interview erzählt Hud Mo, dass er eigentlich Hip Hop Producer werden wollte, seine Tracks aber so mit unterschiedlichsten Elementen überladen hat, dass dann einfach kein Platz war für Hip Hop Vocals. Das scheinen die Rap Acts durchschaut zu haben. Und auf den eigens für Rapper*innen angefertigten Beats lässt Hudson Mohawke dann einfach ein bisschen Platz, indem er weniger musikalische Schichten aufträgt.



Hudson Mohawke

Johanna Lamprecht

Das DJ Set von Hudson Mohawke war ein wilder Ritt durch unterschiedliche Electronic und Techno Gefilde. Vom Carly Rae Jepsen Jersey Club Remix bis hin zum wummernden Bass Sound, und dann immer wieder fast schon Big Room-esque EDM Annäherungen. Über diese Verspieltheit sagt Hudson Mohawke, dass er mit Happy Hardcore Sounds aufgewachsen ist, die er schon als Zehnjähriger gehört hat. Seitdem geht es ihm eigentlich nur um die Freude an und mit der Musik. Also lieber irgendwo einen weirden, lustigen Sound einbauen, als sich zu ernst nehmen.

Zurück im Dom im Berg, der riesigen Konzerthöhle im Schlossberg, spielte der in Wien lebende Vorarlberger Kenji Araki eine Show mit seinem Debütalbum „Hope Chess“, mit AV und vor allem einem Bühnenbild bestehend aus einem hohen Zelt präsentierte Araki sein melancholisches, verzweifeltes und manchmal doch hoffnungsvolles Album, das zwischen Experiment und deconstructed Club Momenten die Freude an der ungewöhnlicheren Club Musik vermittelt.

Kenji Araki

Philippe Gerlach

Als die britische Producerin und DJ Sherelle dann um 2 Uhr die Dom im Berg Bühne mit den Worten „To everyone who doesn’t know me and to eveyone who knows me, I’m Sherelle“ betrat und dann direkt mit dem schnellsten heaviesten Footwork, Techno und Jungle Sounds loslegte, war der Klimax der Nacht erreicht. Sherelle verkörpert unsere Lust auf harte, aber auch unbedingt tanzbare Musik. Geschwindigkeit, aber nicht auf Kosten des Genuss’. 



Sherelle

Philippe Gerlach

Am Samstag war es dann in Club-Hinsicht Zeit für das Doppeljubiläum Elevate-Hyperdub Label. Das britische Undergroundlabel, das Acts wie Burial, den verstorbenen Footwork Pionier DJ Rashad oder Fatima Al Qadiri unterstützt hat, feiert heuer ebenfalls 20 Jähriges.

Das Londoner Label und das Grazer Festival stehen in regem Austausch. Der Hyperdub Labelbetreiber und DJ, Kode9 war Teil eines eigenen Artist Talks beim Elevate und erzählte im Interview, dass es im fünf Jahres Rhytmus Hyperdub Showcases beim Elevate gibt: „To check in with each other and compare“ und vor allem, um die Besucher*innen mit diversen underground Club Sounds zu begeistern. 



Der Tunnel in dem das Showcase stattfand, wurde von Wien-based Veranstalter*in DJ Mo aus Bangladesch mit Percussion-heavy globalen Club Sounds eröffnet. Danach kamen Acts wie die experimentirfreudige aya zum Zug. Trotz technischer Probleme preschte sie voran, mit viel Distorsion, Chants und teils synkopen Beats. Ikonika, die 2010 als Dubstep Producerin Underground Berühmtheit erlangte, performte ihr relativ neues Live Set mit Gesang und fast schon groovigen Beats - von Amapiano bis Bass. Dazu ihre Stimme, die sich mal an den dichten Soundteppich schmiegte, mal das Publikum anheizte. Auch der Hyperdub Labelboss Kode9 stellte sich an die Decks und spielte ein Set, dass die letzten 20 Jahre UK Underground Clubsounds durchstreifte.

Ein weiteres Highlight war das Set der eigentlich aus Wien kommenden, in Berlin erfolgreich gewordenen Herrensauna Veranstalter, Cem und MCMLXXXV. Mit dem Flair ihrer schwulen und darken Techno Clubreihe Herrensauna überrollten sie das Publikum in Graz.

Cem & MCMLXXXV (Herrensauna)

Philippe Gerlach

Wegen der Dichtheit des Club Programms hatte das Elevate über das gesamte Wochenende so viel zu bieten, dass man bis 1 Uhr, 3 Uhr, oder bis 7 Uhr feiern konnte und in jedem Fall viel mitbekommen hat. Die klassische Dramaturgie - von leise zu laut oder von langsam zu schnell - wurde teilweise aufgebrochen. Was vor allem für die, die nicht ganz so lange unterwegs sein, aber trotzdem wild tanzen wollen, ein ideales Angebot war. 


Heute geht es beim Elevate mit den Club-Sounds und Live Shows weiter. Im Parkhouse kann den ganzen Tag über getanzt werden und im Orpheum spielt Roisin Murphy das Abschlusskonzert.

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