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Filmkamera und unscharfes Filmset mit Frau vor Bücherwand

Unsplash/Sam McGhee

Missbrauchsvorwürfe in der Theater- und Filmbranche

Anfang dieser Woche hat eine Dokumentation des NDR namens „Gegen das Schweigen“ für Aufregung gesorgt. Es geht um Missbrauchsvorwürfe in der Film- und Theaterszene. Wir haben uns mit zwei Brancheninsidern über die Vorwürfe unterhalten und sie nach ihren Wünschen und Hoffnungen für die Zukunft der Theater- und Filmwelt befragt.

Von Alina Brandstötter

In der kürzlich erschienen Dokumentation „Gegen das Schweigen“ von Zita Zengerling und Kira Gantner kommen zahlreiche Betroffene und Insider zu Wort, die die Zustände in verschiedenen Produktionen kritisieren. Darunter auch die Schauspielerinnen Verena Altenberger und Luna Jordan. Es wird von Beleidigungen, Einschüchterungen und sexuellen Übergriffen berichtet. Die beiden österreichischen Regisseure Paulus Manker und Julian Pölsler werden namentlich genannt. Ihnen wird vorgeworfen, ihre Machtposition in Produktionen ausgenützt zu haben.

Der Regisseur Michael Podogil hat sich in der Doku ebenfalls öffentlich zu Wort gemeldet. Er hat an der Filmakademie in Wien Regie studiert und war 2009 als Produktionsassistent bei einer Bühnenproduktion beteiligt, die branchenintern schon für ihr harsches Arbeitsklima bekannt war. Seitdem, meint Michael Podogil, habe er so ein negatives Arbeitsumfeld nie wieder erlebt. Im Nachhinein kommentiert er das Verhalten seines ehemaligen Vorgesetzten wie folgt:

„Ich finde, jeder, aber wirklich jeder - nicht nur diejenigen, die das leiten - sondern jeder darf mal einen schlechten Tag haben. Aber bei diesem Mann geht es nicht um einen schlechten Tag, sondern um eine grundlegende Haltung Menschen gegenüber. Und das war wahnsinnig verachtend.“

Michael Podogil Porträt

Olga Kosanović

Michael Podogil

Das Image des angesprochenen Theaterschaffenden scheint diesen jahrelang geschützt zu haben. Branchenintern waren die Missbrauchsfälle in der Szene kein Geheimnis.

Ein Umdenken in der Branche

Michael Podogil ist mittlerweile selbst als Regisseur tätig. Für sich und sein Umfeld nimmt er durchaus ein Umdenken in der Branche wahr. Er betont:

„Es gibt so Eröffnungsansprachen, da muss man ganz klar allen sagen, Drehzeit ist Lebenszeit, lasst uns menschlich miteinander umgehen. Wenn man das ausspricht von Anfang an, glaube ich, und gemeinsam das miteinander kommuniziert.“

Schauspieler Clemens Berndorff

Sasha Ilushina

Schauspieler Clemens Berndorff

Auch der Schauspieler Clemens Berndorff wurde in seiner Karriere Zeuge von (Macht-)Missbrauch durch ehemalige Vorgesetzte. Vor allem seine Ausbildungszeit in der Schauspielschule blieb ihm dahingehend in Erinnerung. Er berichtet von harschen Umgangsformen und Grenzüberschreitungen. Die fehlende Aufarbeitung dieser Strukturen hat Clemens Berndorff dann letztendlich auch dazu motiviert, sich öffentlich gegen diese Missstände zu äußern.

„Was mich so wütend gemacht hat, war, dass die heute das immer noch machen, was die damals gemacht haben. Diese Übergriffe oder diese Aggressionen, wo der Ton nicht stimmt."

Junge Kolleginnen als Zielscheibe

Oft trifft es vor allem junge (und weibliche) Theater- und Filmschaffende. Die Schauspielerin Luna Jordan setzt sich schon lange gegen sexuelle Gewalt und Missbrauch in der Theater- und Filmbranche ein. Als mehrfaches Opfer sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz ist ihr das Brechen des Schweigens um die Missstände in der Szene besonders wichtig. In einem FM4-Interview hat sie letztes Jahr nach ihrer offenen Rede beim Österreichischen Filmpreis mit uns über das Thema gesprochen. Auch sie teilt ihre Erfahrungen in der NDR-Doku.

Wie kann man Betroffene unterstützen?

Um Missstände und Gewalt auf Filmsets und in Theaterproduktionen zu verhindern, braucht es wohl Durchsetzungskraft und Mut von allen Beteiligten. Beratungsstellen wie #wedo sind wichtige Ansprechpartner und Mitstreiter in dieser Angelegenheit. Anonyme Beschwerdestellen und Ansprechpersonen am Arbeitsplatz oder eine „No-Asshole-Policy“ sind sicherlich auch wichtige Schritte für ein besseres und sichereres Zusammenarbeiten in der Film- und Theaterwelt.

Michael Podogil hat dazu noch einen wichtigen Punkt: „Ich finde, es gibt nichts Schöneres als Filme zu machen, in Summe. Es gibt nichts Schöneres als Geschichten zu erzählen. Und das ist etwas, das man nicht verlieren darf. Und wo man wieder Menschen gewinnen muss, mehr und mehr auch daran Freude zu haben.“

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