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Hackbibel 3

Katapult

Endlich normale Leute

Der Chaos Computer Club, die größte europäische Hackervereinigung, ist über die Jahre bunter und diverser geworden. Das zeigt sich in der neuen „Hackbibel 3“, die an ein Yps-Heft für Große erinnert.

von Zita Bereuter

In Filmen werden Hacker ja gern klischeehaft dargestellt: neben Pizzaschachtel und Energydrink sitzen sie vor dem Bildschirm - mit schwarzem Hoody, die Kapuze überm Kopf. Magnus und cylixe vom Chaos Computer Club (CCC) grinsen. "Ich glaube, ein bisschen provozieren wirs, weil auf den Kongressveranstaltungen verkaufen wir auch solche Pullover.“

Magnus hat Jus und einige Semester Informatik studiert. Er ist Experte für wissenschaftliche Fragen im Medienrecht und im Datenschutz- und IT-Sicherheitsrecht. Auch in seinem Arbeitsumfeld begegnet er häufig Leuten aus dem CCC. „Also die tragen nicht alle einen schwarzen Hoodie oder bewegen sich lieber im Dunkeln als im Hellen. Das sind eher Menschen, die sich über geistige Werte miteinander verbinden, gewisse Werte, denen sich der Club sozusagen einordnet oder verbunden fühlt.“

“Öffentliche Daten nützen. Private Daten schützen."

Was den meisten Leuten im CCC gemein ist – sie haben einen Erfindergeist, tüfteln oder programmieren gern und wollen klare Lösungen. (Computer-)technik ist also politisch, für die Gesellschaft wichtig und kann und soll trotzdem Spaß machen. Mit einem hehren Ziel, erklärt Magnus: „Sehr plakativ gesagt, die Welt zu einem schöneren, besseren Ort zu machen. Und das bezogen vor allen Dingen auf Technik. Also dass die Technik, die wir nutzen, im Alltag und im Leben menschenfreundlich gestaltet ist. Und menschenfreundlich eben sehr inklusiv gedacht.“ All das unterliegt auch einem der Grundsätze der Hackerethik: „Öffentliche Daten nützen. Private Daten schützen.“

Höhepunkt für viele vom Chaos Computer Clubs ist der jährliche Kongress. Die Medienkünstlerin cylixe hat sich dort sofort zu Hause gefühlt. „Es gibt so ein Schild, das hängt eigentlich wieder an jedem Kongress. Da steht drauf ‚endlich normale Leute‘. Und das ist auch genau das, wie viele sich dann auch fühlen.“

Um beim CCC mitzumachen muss man nicht programmieren können. „Nein, überhaupt nicht.“ Meint cylixe. „Man kann auch einfach sagen, man ist super im Garten hacken.“ Und Magnus ergänzt „Oder Hecken.“ „Im Heckenschneiden.“ Ein Wortwitz, der nah an der Realität ist, denn der CCC hat große Überschneidungen mit der DIY Szene - also Do it yourself.

Hackbibel 3

Katapult

Die „Hackbibel 3“ vom Chaos Computer Club ist im Katapult Verlag erschienen

Hackbibel 3

Das zeigt sich auch in der „Hackbibel 3“. Die erste „Hackerbibel“ erschien 1985, die „Hackerbibel 2“ wenige Jahre später 1988. Fast zwei Generationen später folgt nun der dritte Band. Die Änderung zeigt sich schon im Titel. Aus der Hackerbibel, bei der fast nur Männer beteiligt waren, wird die Hackbibel. „Wir haben dieses Buch jetzt nach einer sehr langen Pause quasi als dritten Teil rausgebracht und innerhalb dieser Pause hat sich die Gesellschaft ja verändert und auch der Club hat sich verändert. Wir sind sehr viel diverser geworden und wollten das auch in dem Titel widergespiegelt haben.“ erklärt cylixe.

Die „Hackbibel 3“ kommt bunt daher. Optisch und inhaltlich. Absichtlich, meint Magnus: „Die Hackbibel 3 bildet halt ganz viele Dinge ab, die auch mal abseits der Technik passieren, aber trotzdem mit dem Chaos zu tun haben.“

Möge das Chaos beginnen! Dieses Motto ist dem Buch vorangestellt und so findet man ein Sammelsurium – von Artikeln über das Leben im Überwachungsstaat oder die Spuren, die wir im Netz hinterlassen zur Geschichte der Pride Flaggen. Darauf ein Leitfaden, wie man die Gesetzgebung in Deutschland oder der EU hackt und auf einer Doppelseite sieht man alle Tassen von den Easterheggs, einer Veranstaltung des CCC.

Es ist wie ein Yps-Heft für Große. Mit vielen Illustrationen und Infografiken im typischen Stil vom Katapultverlag. Der Inhalt geht also weit über Computerhacken hinaus, meint cylixe. „Mir ist es wichtig, dass eben zum Beispiel die Themen Diversität drin vorkommen. Nicht weil ich mich oder nicht nur, weil ich mich auch als Teil dieser Diversität sehe, sondern weil ich glaube, dass das auch ein Pfad ist, den wir weiter begehen müssen.“ Die „Hackbibel 3“ ist dafür ein guter Wegweiser.

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