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„Outlast 2“ sorgt für Langeweile statt Schockmomente

Allein unter Mörderdeppen

Von Rainer Sigl

Sich vor den Computer setzen, ein gruseliges Spiel starten und dann möglichst schrill in die Webcam kreischen: Manche Menschen sind so zum Millionär geworden. Horrorspiele haben auch dank großer YouTube-Stars wie PewDiePie in den letzten Jahren eine kleine Renaissance erlebt. Es ist eben einfach unterhaltsam, anderen Menschen dabei zuzusehen, wie sie vor der Kamera wieder und wieder erschreckt werden. Das Horrorspiel “Outlast 2” hat genau diese Zielgruppe im Sinn und fährt dafür alle altbekannten Mittel und alle Klischees auf: mörderische Hillbillies, blutrünstige Satanisten und Schreckmomente am laufenden Band.

Statt uns mit Waffengewalt zu verteidigen, sind wir in “Outlast 2” völlig wehrlos und müssen uns verstecken oder weglaufen - das zuerst vom großen „Amnesia - The Dark Descent“ populär gemachte und später von unzähligen Nachahmern übernommene Spielprinzip sorgt dafür, dass sich Spielerinnen und Spieler besonders gruseln - zumindest in der Theorie.

Platter Schocker

In der Praxis lässt sich „Outlast 2“ dann nämlich gar keine Zeit, um langsam seinen Horror aufzubauen, sondern stürzt uns sofort in wahre Blutbäder und Leichenberge, trägt in Sachen exzessiver Gewalt doppelt dick auf und schmeißt in seiner wirren Handlung alle noch so müden Horrorfilmklischees über inzestuöse, schmutzige, religiös fanatische Mörderdeppen aus den tiefsten ländlichen Ecken Amerikas noch oben drauf - komplett mit Banjos und Mistgabeln.

Dass man von Geisterbahnen nicht die anspruchsvollste Story erwarten kann, ist klar, doch „Outlast 2“ kippt in seinem Bemühen, den Horror stets noch weiter ins Extrem zu steigern, schnell ins unfreiwillig Lächerliche. Zu platt ist die nach Entwicklerangaben vom historischen Jonestown-Massaker inszenierte Geschichte, zu dick aufgetragen die psychopathische Raserei der religiösen Fanatiker - eine Karikatur, die den Schrecken immer nur in noch größeren Mengen Blut, abgetrennter Gliedmaße und plakativer Blasphemie sucht.

Szenenbilder aus dem Game "Outlast 2"

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Genervt, abgestumpft, gelangweilt

Das Katz- und Mausspiel mit den religös verwirrten Psycho-Rednecks ist aber auch spielmechanisch eher misslungen, denn allzu oft zahlt sich blindes Davonsprinten weit mehr aus als ängstliches Schleichen und Verstecken. Dabei vergisst das Spiel kanadischer Entwickler ausgerechnet das, was den direkten Vorgänger ebenso wie unzählige weitaus gelungenere Indie-Horrorspiele der letzten Jahre ausgezeichnet hat: Das Gefühl, wehrlos seiner Umwelt ausgeliefert zu sein, verliert ganz schnell an Intensität, wenn es kaum Verschnaufpausen gibt und der Schrecken durch bloßes Übermaß an Bedrohungen zur Routine wird.

Erschienen ist “Outlast 2” für Xbox One, PS4 und Windows.

Was die besten Horrorspiele vom riesigen Berg an Durchschnitt oder Schrott unterscheidet, sind Timing und Reduktion - und beides fehlt „Outlast 2“ leider völlig. In der Absicht, einen maximal extremen Albtraum für seine Spielerinnen und Spieler zu inszenieren, setzt das Spiel auf Overkill nach dem Motto „Mehr ist mehr“. Schon nach kurzer Zeit ist man davon allerdings eher genervt, wenig später abgestumpft und schlussendlich - gelangweilt.

Szenenbilder aus dem Game "Outlast 2"

Red Barrels

Das ist insbesondere deshalb schade, weil „Outlast 2“ rein technisch in Sachen Grafik und Sound hervorragend gelungen ist. Abgesehen davon kommt der Trash-Schock-Horror allerdings nirgends auch nur entfernt an bessere Titel wie etwa „Resident Evil 7“ heran. Letzteres hatte dann trotz allem Splatter auch etwas zu bieten, was „Outlast 2“ neben vielem anderen schmerzlich fehlt: Humor. Aber velleicht bringen den dann ja die diversen YouTube-Personalities ins Spiel.

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