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Bojko Borissow richtet seine Krawatte

Dimitar DILKOFF / AFP

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Im Osten nichts Neues

Bojko Borissow ist der König der Koalitionen. Nach den Wahlen in Bulgarien regiert er jetzt mit den „Vereinten Patrioten“, die viele als rechtsextrem und neofaschistisch einstufen.

von Todor Ovtcharov

Im Westen schaut alles gut aus. Macron hat die Präsidentschaftswahlen in Frankreich gewonnen. Er wird von allen akzeptiert, er ist jung, weder links, noch rechts und seine Frau ist fast ein viertel Jahrhundert älter - das Ideal des liberalen Europa! Macron ist der neue europäische Held, der Retter der EU.

Währenddessen am anderen Ende von Europa. Niemand spricht über Bulgarien. Dort gibt es auch eine neue Regierung. Zum dritten mal Ministerpräsident ist der allgegenwärtige Bojko Borissow. Er ist auch weder rechts, noch links, genau wie Macron. Am Anfang seiner politischen Karriere im bulgarischen Innenministerium trat er in Ledermantel und Sonnenbrille aufgetreten – wie ein einsamer Westernheld. Später tauschte er den Ledermantel gegen Anzüge ein, die ziemlich eng aussehen.

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Borissow ist nämlich ein ehemaliger Karatekämpfer, der als Leibwächter sowohl für den kommunistischen Diktator Todor Zhivkov als auch für den ehemaligen bulgarischen König Simeon gearbeitet hat. Zhivkov hat das Land 35 Jahre regiert und Simeon der Zweite verblüffte die Welt, als er aus dem Exil zurückkam und Ministerpräsident im republikanischen Bulgarien wurde.

Ob Borissow ihnen sein Regierungs „Know-how“ zu verdanken hat, oder ob er ein politisches Naturtalent ist, weiß ich nicht Er ist jedenfalls der längstdienende Politker in Bulgarien nach der Wende. Das ist jetzt seine dritte Regierung. Er ist ein Diktator in seiner Partei und der König der Koalitionen. Von Zhivkov hat er die Eigenschaft übernommen, sich zu ducken wenn es zu brenzlig wird und von Simeon mit vielen Worten nichts zu sagen. Jedes Mal, wenn er eine Wahl verliert, sind seine Partner von gestern daran schuld.

Dieses Mal regiert Borissow mit den sogenannten „Vereinten Patrioten“, die viele als rechtsextrem und neofaschistisch einstufen. Der Anführer der ersten so genannten „patriotischen“ Partei ist der Eigentümer eines Kabelfernsehsenders aus der Meersstadt Burgas. Der Sender ist bekannt für seine Anti-Türkei- und Anti-Roma-Rhetorik. Dieser sogenannte Patriot fiel im Wahlkampf auf, als er eine alte Frau türkischer Abstammung an der Grenze davon abhielt, Bulgarien zu betreten. Er ist jetzt als Minister für „demographische Politik“ zuständig.

Die "Vereinigten Patrioten" vor einem Denkmal und bulgarischen Flaggen

Dimitar DILKOFF / AFP

Die Co-Vorsitzenden der „Vereinigten Patrioten“ United Patriots Krasimir Karakachanov und Valery Simeonov

Der zweite Patriot, der Minister wird, ist ein ehemaliger Agent der kommunistischen Staatssicherheit, der mit seinen Anti-NATO-Äußerungen auffiel. Er wird Verteidigungsminister.

Der dritte Anführer der Patrioten, der Chef der Partei genannt „Attaka“, wurde neulich für eine Schlägerei verurteilt. Er ist ein Russlandfan und der Autor eines Buches mit dem Titel „Mein Gefecht für Bulgarien“.
Vor zwei Jahren nannte er Borissow öffentlich „eine Nutte“, das ist anscheinend kein Problem mehr, sodass die beiden jetzt koalieren.

Im Osten – nichts Neues.

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