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Kommt ein Verbot von Hanfsamen und Hanfpflanzen?

Betreiber von Head- und Growshops sind verunsichert. Ein strafrechtliches Verbot des Verkaufs von Hanfsamen und Hanfpflanzen ist im türkis-blauen Regierungsprogramm festgeschrieben.

Von Christoph „Burstup“ Weiss

Sieben Worte zum Thema Cannabis finden sich auf Seite 44 des Regierungsprogramms von ÖVP und FPÖ: „Verbot des Verkaufs von Hanfsamen und Hanfpflanzen“.

Nach derzeitiger Gesetzeslage dürfen in Österreich Hanfpflanzen und Hanfsamen verkauft werden. Der Besitz des Gewächses ist legal, egal ob Steckling oder voll ausgewachsene Pflanze, wenn dies nicht mit dem Vorsatz der Suchtmittelgewinnung geschieht. Erst wenn die Blüten von der Pflanze getrennt werden, ist der THC-Gehalt relevant: Liegt er über 0,3 Prozent, sind die Blüten illegal. Der CBD-Gehalt ist gar nicht relevant. THC und CBD sind zwei von mehr als einhundert Cannabinoiden, die in der Hanfpflanze vorkommen. Als Suchtmittel gilt nur das THC.

In Österreich gibt es rund 70 Head-und Growshops. In Headshops wird hauptsächlich Zubehör für den Konsum von Cannabis verkauft, während man in Growshops neben Samen und Stecklingen alles für den Anbau der Pflanzen erhält.

Eine strafrechtliche Neuregulierung des Cannabisverkaufs könnte komplizierter werden, als es die knappe Formulierung im Regierungsprogramm vermuten lässt. Ein allgemeines Verbot der Hanfpflanze und ihrer Samen würde mehrere Berufsgruppen und Branchen betreffen, etwa Hanfbauern, Erzeuger von Kosmetikprodukten auf Hanfbasis, Brauereien für Hanfbier oder die Zulieferer von Cannabis für Wissenschaft und Forschung. Vor allem aber Menschen, die Hanfpflanzen zu Hause züchten.

Die Europäische Union führt einen EU-Sortenkatalog, in dem für die Landwirtschaft geeigneten Hanfpflanzen aufgelistet sind. Meistens sind es diese Sorten, die auch als Stecklinge oder Blüten (letztere mit weniger als 0,3 Prozent THC-Gehalt) in den österreichischen Handel gelangen.

Moonrock-Weed-Glas

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Legale Cannabis-Blüten bei Bushplanet - wie dem Etikett zu entnehmen ist, handelt es sich bei „Moonrock OG“ um die EU-Nutzhanfsorte Felina 32.

Die Mitgliedsstaaten der EU gehen ganz unterschiedliche Wege. Die Niederlande haben Coffee Shops mit hochprozentigem Weed. In Spanien gibt es die sogenannten Cannabis Social Clubs - nichtkommerzielle Vereine, die den Anbau einer limitierten Menge von Cannabis organisieren, um die Bedürfnisse der volljährigen Clubmitglieder zu decken. In der Schweiz (kein EU-Mitglied) sind Marihuana-Zigaretten mit einem THC-Gehalt von 1% am Markt. All das gibt es in Österreich zwar nicht, dafür ist es hierzulande aber relativ leicht möglich, eigene Hanfpflanzen zu züchten - eben wenn das nicht mit dem Vorsatz der Suchtmittelgewinnung geschieht, oder wenn man dafür sorgt, dass die abgetrennten Blüten nicht mehr als 0,3% THC haben.

In Deutschland wurde die Homegrow-Szene in die Illegalität gedrängt: Dort ist der Verkauf von Hanfsamen und -stecklingen verboten. Dafür gibt es die - für manche Menschen medizinisch sinnvollen - CBD-Hanfblüten in der Apotheke.

CBD-Schlecker

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CBD-Schlecker - das legale Cannabidiol wird auch zunehmend in der Medizin eingesetzt, denn es wirkt entzündungshemmend, angstlösend und entkrampfend - letzteres etwa auch bei Epilepsie- und Parkinson-Patienten.

Hinsichtlich des Verbots des Verkaufs von Samen und Stecklingen will die österreichische Regierung nun also mit Deutschland gleichziehen. Der Verkauf der Samen würde dann wohl verstärkt übers Internet ablaufen. Wenn weniger für die Selbstversorgung angebaut wird, wird auf der Straße vermutlich wieder mehr gedealt - mit Gras, das weit mehr THC und weniger CBD enthält als die derzeit legal erhältlichen Blüten. Schon die Prohibition von Alkohol in den USA (1920-1933) hat gezeigt: Wird ein Suchtmittel verboten, dann steigt dessen Potenz, während die Qualität sinkt. Anstatt Bier und Wein gab es während der Alkoholprohibition vor allem gepantschten Schnaps. Dort, wo Cannabis verboten wird, kommen verstärkt Sorten mit extrem hohen THC-Gehalt in den Schwarzmarkt-Handel.

Stefan Wolyniec und Martin Bauer (Bushplanet)

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Stefan Wolyniec und Martin Bauer (Bushplanet)

Stefan Wolyniec, der seine Firma Bushplanet in den neunziger Jahren gegründet hat, glaubt, dass ein Verbot von Hanfsamen und -pflanzen jene Menschen, die eigene Pflanzen züchten oder CBD-Blüten kaufen, wieder in den illegalen Schwarzmarkt treiben würde.

Hanfmuseum

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Die größte Firma in Österreich heißt Bushplanet. Sie betreibt mehrere Filialen sowie die Hemp Embassy Vienna, ein Museum, in dem Hanfpflanzen ausgestellt werden. Immer, wenn die Stauden ausgewachsen sind, werden sie unter notarieller Aufsicht verbrannt, damit die Pflanzen nicht in den Verkauf geraten.

Wolyniec glaubt nicht, dass die Regierung wirklich vorhat, die Hanfpflanze insgesamt zu verbieten. „Sollten sie das vorhaben, wäre es wohl auch nach internationalem Recht schwer durchzusetzen. Denn es gibt ja auch europäische Abkommen und entsprechende Förderprogramme der EU, um Hanf anzubauen. Es gibt in Österreich eine große landwirtschaftliche Szene, die sich mit dem Anbau von Hanf beschäftigt - sie ist auch in der Landwirtschaftskammer gut verankert.“

Wolyniec will angesichts der im Regierungsprogramm angekündigten Maßnahmen verstärkt Networking betreiben und einen Interessensverband der Hanfbranche gründen: „Es geht nicht darum, jetzt auf der Straße zu protestieren. Das wäre wieder so ein Signal ‚wir gegen euch‘, ‚links gegen rechts‘ - darum geht es nicht.“ Vielmehr gehe es ihm darum, dass die Realität anerkannt wird: „Die Menschen konsumieren Hanf - auch in Österreich, egal wie die Gesetzeslage ist. Aus meiner Sicht sollte es darum gehen, mit dieser Situation vernünftig umzugehen und eine Regulierung zu finden, die keinen Schaden anrichtet und wenn möglich sogar noch einen gesellschaftlichen Gewinn bringt.“

Abzuwarten bleibt also, wie genau ein Gesetzesentwurf für das angedachte „Verbot des Verkaufs von Hanfsamen und Hanfpflanzen“ genau aussehen wird. Derzeit existiert nur ein lapidarer Satz im Regierungsprogramm.

FM4 Auf Laut

FM4 Auf Laut diskutiert am Dienstag, 27.März ab 21 Uhr darüber mit Stefan Wolyniec, der Drogenexpertin Marlena Koppendorfer und mit euch. Die Nummer ins Studio: 0800 226 996

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