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Belle & Sebastian

Matador Records

Der FM4 Song zum Sonntag: Belle and Sebastian - „What Happened to You, Son?“

All things change, all things stay the same: Belle and Sebastian und ihr Lied über Held:innen, die’s so nicht mehr gibt.

Von Lisa Schneider

Ohne Vorbilder keine Träume und eben, das fade Leben. Vorbilder sind ja aber halt nicht die Sonne, die Wolken oder eine grüne Topfpflanze, sondern echte Menschen, und die, haben wir gelernt, können eben nicht alles. Belle and Sebastian haben ein Lied darüber geschrieben, wie naiv-schön die Teenagerzeit und wie naiv und manchmal nicht so schön das Bild der Lieblingsbands ist, das man sich an die Stirninnenseite gezimmert hat.

„What Happened to You, Son“ war eigentlich am letztjährigen Comeback-Album „A Bit Of Previous“ zu finden, es habe sich aber als Musiksammlung zu lange angefühlt, und schon war das Lied raus. Luxusprobleme, denkt’s, hört man sich diesen Song jetzt an. Was andere B-Seiten nennen, haben Belle and Sebastian nie geschrieben. Voller Furor, aber auf die liebe Art, alle instrumentalen Geschütze kleben vorn am Mikro, alles saftig und so, wie man’s kennt. Es ist schon immer noch die Art von Musik, die in Stars Hollow im Hintergrund läuft, während die Blätter sich färben, der Pumpkin-Latte eh super schmeckt und all die anderen Dinge gut sind, die im echten Leben nie ganz so gut sind.

Vorbilder also. Da sitzt ein junger Mensch an der Uni, wir stellen uns gern ein schottisches, tolles, und toll-abgesifftes Studentenwohnheimzimmer vor. Dieser Mensch hat gerade mal wieder eine Prüfung verschlafen, oder aus Gründen verschoben, die auf die letzte Nacht zurückgehen. Nix geht. Kein Job hält lange, keine geliebte Person ist da, die einem morgens die Creme ins ausgetrocknete Gesicht streicht. Was in dieser halbausgedörrten Seelenphase immer hilft, ist die Musik, was nicht hilft, ist Veränderung. Das klingt wie gegen den Adoleszenzkamm gebürstet, ist es aber nicht.

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Stuart Murdoch, der auch diesen Text für Belle and Sebastian geschrieben hat und die Worte singt, referenziert seine eigene Jugend. Der Titel käme ein bisschen anschuldigend daher, aber er sieht sich ja schon auch selbst im Rückspiegel. Man muss nicht alles glauben, was geliebte Rockstars auf der Bühne, vor der Bühne, hinter der Bühne oder im Interview sagen. Man muss nicht alles nachmachen und nicht alles gut finden, und trotzdem macht man’s, das gehört seit immer dazu. The blues are still blue.

Die paar Jahre Abstand sind’s dann eben, die man braucht, bis man’s nicht mehr nur hört, sondern inhaliert hat, also Achtung, Erkenntnisflash: Rockstars sind tatsächlich auch nur Menschen. Die kriegen Falten und vielleicht sogar Kinder, sie vertragen nicht mehr ganz so viel und die hochpoetischen Texte übers Sich-für-die-Liebe-Umbringen ändern sich um in andere, in solche vielleicht, wie wir ihn hier vor uns haben.

Er endet nämlich eh ganz versöhnlich. Verändern soll sich, wer mag, am Schluss ist ja nicht das die arge life lesson, sondern, dass man ruhig selbst auch mal Stücke von sich selbst aufgeben kann. So wird ja dann immerhin ein Plätzchen frei für neue Ideen, Träume und, nochmal, Vorbilder. Auf dass man sich in zwanzig Jahren wieder ärgert, weil sie jetzt uncool geworden sind, aber das ist eine andere Geschichte.

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