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Uche Yara

Mala Kolumna

Uche Yara ist unser FM4 Soundpark Act des Monats

Die 21-jährige Oberösterreicherin hat mit „Golden Days“ gerade ihre Debüt-EP herausgebracht und ist drauf und dran, zum shining Star der homegrown Musikindustrie zu werden.

Von Melissa Erhardt

Manche Menschen sind prädestiniert dafür, Großes zu machen. Uche Yara ist, wage ich zu behaupten, so eine Person. „I know a Grammy winner when I see one“, liest man auf YouTube in den Kommentaren unter ihrem Auftritt bei der Berliner Colors-Reihe oder: „Most creative voice in the game right now.“ Das Spiel, die Stimme, die Kreativität: Damit sind wir schon mitten drinnen, in der Welt von Uche Yara.

Als wir telefonieren, steckt Uche Yara mitten in den Vorbereitungen zum Auftakt ihrer Tour. Es ist erst ein paar Tage her, seit ihre Colors Performance online gegangen ist und seit sie auf dem Cover der Pollen-Playlist auf Spotify gelandet ist, der ersten „genrelosen“ Playlist, die der Streamingdienst 2018 gestartet hat.

In kürzester Zeit ist die Pollen-Playlist fast zu einer Art Institution geworden, über 1,3 Millionen Hörer:innen folgen ihr und speichern tagtäglich Songs aus ihr heraus - ein wichtiger Tastemaker auf Spotify und nicht selten ein Boost für kleine Indie-Artists. Es sind diese Steps, die einen bei Uche Yara in Superlativen sprechen lassen. „Mein Bauch überschlägt sich permanent, weil es so viele Dinge gibt, die mich so im positiven Sinne aufregen“, sagt die 21-Jährige auf die Frage, wie es ihr denn eigentlich geht. „Ich bin ständig im Disbelief, weil ich mir die ganzen Sachen anschaue und ja... ich kann es einfach gar nicht so richtig begreifen.“

Echt & sperrig

Kleiner Throwback. Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, seit Uche Yara das erste Mal auf den Bühnen Österreichs aufgetaucht ist: Völlig aus dem Nichts, als Support einer der wichtigsten Bands des Landes. Ein Lehrer am BORG Linz hatte die Musikerin zuvor mit Bilderbuch connected. Wieder mal Oberösterreich also, wieder mal Linz. Auf der Bühne war Uche Yara so präsent, dass man glaubte, sie habe ihr ganzes Leben lang nichts anderes gemacht.

Musik war natürlich immer da, Percussion-Unterricht nahm die Oberösterreicherin schon im Alter von sieben Jahren, die E-Gitarre kam dann mit 13 dazu. Aber dass sie das tatsächlich beruflich machen wollen würde? Dieser Gedanke kam erst ein Jahr vor der Matura, mit diesem Bilderbuch-Connect. „Ich wollte zuerst auch mal Ärztin werden und Musik nur so nebenbei machen, an Wochenenden irgendwo spielen. Aber das war dann schnell off the table“, sagt sie und lacht. Na, Gott sei Dank.

Musik also, und dann am besten live. „In dieser digitalen Welt, da gibt es nichts mehr, was man angreifen kann, und nichts mehr, was man wirklich sieht“, erzählt Uche Yara aus ihrem kleinen Studio in Berlin, wohin es sie direkt nach der Matura hinverschlagen hat. „Ich hab diesen Approach spannend gefunden, erst mal bei den Menschen zu sein. Ich war ausgehungert und auch die Leute waren ausgehungert, wieder mal so unter Leuten zu sein, echte Musik zu konsumieren. Ich meine, Musik ist natürlich auch übers Handy echt, aber ich habe einfach das Gefühl gehabt, das kommt natürlicher auf mich zu. Vor allem mit der sperrigen Musik, die ich schreibe.“

Echte Musik. Sperrige Musik. Ihr merkt schon, in welchen Gewässern wir uns bewegen. Tierra Whack, Tyler the Creator, James Blake, Dev Hynes oder Rosalía sind so Namen, die in unserem Gespräch fallen, wenn es um Vorbilder geht – neben Bilderbuch, versteht sich. Virtuos:innen des aktuellen Pops, Menschen, die Musik ganzheitlich denken, die sich für ihren einzigartigen oder zumindest andersartigen Zugang zu Pop einen internationalen Namen gemacht haben.

Auch bei Uche Yara ist Musik dieses Große und Ganze, da passen Sound und Visuals und Outfits und Stage-Design zusammen, vermitteln Wärme und Unkonventionalität. Genres haben lediglich „Gastauftritte“, vielleicht zeigen sich da mal grungige Gitarren oder (Neo-)Psychedelia à la Tame Impala oder Lil Yachty - aber das ist hintergründig. Im Mittelpunkt steht Uche Yaras Stimme: Die Stimme als Spielball, als Hauptinstrument.

First sound, then everything else

Wie läuft das also ab, in Uche Yaras Kopf? Ein Song, der beginnt bei ihr mit einem schlichten Gefühl, einer Emotion, so erzählt sie das. Ein Impuls, der sich in eine Skizze auf der Gitarre oder am Schlagzeug verwandelt, bis das Recording beginnt, „und dann wird das so ein bissl rauschig, dann ist da so ein Tunnel, in den ich reingezogen werde, und plötzlich sind Sachen klar, ohne dass ich aktiv drüber nachdenke. Dann ist es auf einmal so.“

Über Worte und Texte denkt sie also nicht großartig nach, dabei ist Uche Yara eine großartige Songwriterin. Nehmen wir zum Beispiel den Song „Sophie“, einen Song, erzählt aus der Perspektive eines Mannes, der gewalttätig gegenüber seiner Partnerin wird: Gaslighting, Manipulation, körperliche Gewalt. All das, was viel zu häufig passiert.

„Es fühlt sich für mich ganz natürlich an, mit meiner Stimme in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen. Ich hör die Melodie – und hör zur Melodie schon die Stimmfarbe, die ich gern singen würde“, erklärt die Musikerin, etwas, wofür auch die US-amerikanische Rapperin Tierra Whack sehr prägend war: „Das war eine ganz wichtige Entdeckung, was Vocals betrifft.“

Bei Sophie war da etwa zuerst der Satz „Sophie you’re so mean“, gesungen mit einer tiefen, mächtigen Stimme. „Da hab ich mich dann hingesetzt und überlegt: Okay, wie kann man denn das weiterspinnen? Und dann war da natürlich sofort die Idee von einem Liebeslied: Ach, Sophie, sie hat mich verlassen, das ist so unglaublich traurig blablabla. Aber das hat mich dann recht schnell gelangweilt und ich habe überlegt: Was ist denn jetzt grad ein wirklich aktuelles Thema und was finde ich selber spannend? Dann bin ich eben auf dieses Hin und Her von den Rollen gestoßen.“

Dieses Spiel wiederholt sich bei der Oberösterreicherin immer wieder: Bei „www she hot“ schreibt sie eine Art kollektive Entschuldigung an die Erde, dafür, wie wir mit ihr umgehen, bei „ZUU (zoo)“, ihrem zuletzt veröffentlichten Song, ist es die Rolle der fiktiven Zoowärterin, in die sie schlüpft:

I’ve done a bear-feeding, I’m sick of this,
supervised a schoolkid’s group trip
this hornless rhino, isn’t it innocent?
Didn’t I just clean up that mess in its cell?
still got some pig-poo-poo on my polo shirt
seal leaps through that loop in that fishtank

Storytelling vom Feinsten also, Welten, die erschaffen werden, Charaktere, die zum Leben erwachen, stets versteckt hinter geschichteten Backing Vocals, verzerrten Gitarrensoli und Percussion Breaks.

Ganz so freiwillig kommt das alles aber nicht. „Das hat mich tatsächlich eine Zeit lang gestresst“, so Uche Yara auf die Frage, was eigentlich ihr Zugang zum Storytelling ist. „Weil viele Artists, die ich bewundere, haben voll die schweren Backgrounds, sind durch alles gegangen und können darüber in ihren Texten schreiben. So à la: Es war so rough bei uns zu Hause. Aber ich bin im Paradies aufgewachsen.“ Sie lacht. „Deswegen bediene ich mich einfach an Geschichten oder nehme mir Inspirationen von Filmen.“

Ich bin im Paradies aufgewachsen.

Manchmal kommt sie dann aber doch raus, die „echte“ Uche Yara: Wenn es etwa um Heimweh geht, auf „Yesterday I was in London“ oder um Neuanfänge auf „Golden Days“. „I used to daydream about you, my dear past. Looks like it’s a dream I’m living, future will make it last“, heißt es da etwa. Die verträumte Sicht auf die Vergangenheit, der hoffnungsvolle Blick in die Zukunft. „Ich mag, dass das Abschiednehmen in dem Song positiv konnotiert ist. Voll oft bedeutet Abschiednehmen Heartbreak und es ist mega schwer zu gehen, aber na! Alles ist ein Anfang, wenn man irgendwo tschüss sagt.“

„Golden Days“ ist einer der neuen, alten Tracks, der gerade auf der gleichnamigen Debüt-EP erschienen ist. Alt, weil sie den Song schon zu Maturazeiten geschrieben hat, wie auch andere Songs, die schon jahrelang in alten Logic-Projekten am Laptop herumgelegen sind. „Ich habe mich gefühlt wie auf den Spuren der anfänglichen Uche Yara beim Durchgehen der Projekte“, sagt Uche und lacht. Für die EP hat sie die Tracks neu gemixt, damit die EP einen roten Faden bekommt und die älteren Songs zu neueren wie „ZUU (zoo)“ passen. „Das war kein leichter Prozess, man ist so mit Fingerspitzengefühl dabei, weil man mag den originalen Spirit nicht zerstören. Aber man mag natürlich auch verbessern, und ich kann nur sagen, es ist eine lustige Reise“.

Mit „Golden Days“ startet Uche Yara ihre große Europa-Tour, in Österreich wird sie dabei lediglich einen Stopp spielen, im ausverkauften Porgy & Bess in Wien. Was wir uns bei der Tour erwarten dürfen? „Ich kann mir vorstellen, dass sich dieser Dialog im positivsten Sinne voll aufschaukelt, also ich gebe was und das Publikum hat Bock auf mich und gibt das zurück. Und dann wird das voll das schöne Miteinander.“

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