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Viele junge Männer laufen über einen Sandstrand

The Blaze

Melancholie der Bromance

Das französische Duo The Blaze macht Musik, die uns beim Tanzen brennend heiße Tränen in die Augen treibt.

Von Christian Pausch

Ein Schiff zieht eine Spur ins Meer. Langsam erscheint das Festland vor den Augen. Ein junger Mann versucht seine Tränen zu unterdrücken. Die ersten Sekunden im Video zum Song „Territory“ von The Blaze ermöglichen viele Szenarien, die wir in den letzten Jahren gelernt haben zu dekodieren: der arabische Look, das Boot, die feuchten Augen - ein Flüchtlingsschicksal.

There’s nobody like my mom
There’s no place like my home since I was born
The flavour is so strong
I’ve missed it so long

Doch ganz im Gegenteil. The Blaze erzählen in ihren Songs die Geschichte derer, die schon lange in Europa eine Heimat haben und sich dennoch selten zu Hause fühlen dürfen. Der Mann im Video tritt die umgekehrte Reise an und sieht nach langer Zeit endlich die Familie in Algiers wieder. Über dem stetigen Beat setzt die traurige, aber treibende Stimme ein.

Territory

So wie der Song heißt auch die erste EP des französischen Produzenten-Duos The Blaze, die bereits im April dieses Jahres erschienen ist. Sechs melancholisch tanzbare Songs (inklusive Pre- und Interlude) gibt es darauf zu entdecken. Seit „Pass This On“ von The Knife hat man am Dancefloor nicht mehr so schön den Pathos zelebrieren können.

Wie die schwedischen Kolleg*innen wissen auch die beiden Cousins Guillaume und Jonathan Alric, wie The Blaze mit bürgerlichen Namen heißen, dass man das Visuelle nicht unterschätzen darf. Ihre Musikvideos sind kleine Kurzfilme und große Kunstwerke und ihre Live-Shows sind, laut Beweismaterial aus dem Internet, audiovisuelle Spektakel.

Maskuline Zärtlichkeit

Die Themen, die The Blaze antreiben, sind Familie, Heimat und vor allem Männlichkeit. Die jungen Männer, vor denen sich rechte Parteien fürchten, sind ihre Protagonisten: Es sind die Jugendlichen der Banlieues von Paris, aus den Fußballkäfigen von Favoriten und Fitnesscentern von Ottakring. Es geht um die zweite, dritte, vierte Generation von Immigranten. Es sind die neuen Franzosen, die neuen Österreicher, die neuen Europäer, denen man hier in Europa immer noch nichts Besseres zu bieten weiß als Perspektivenlosigkeit.

„We’re always looking to highlight youth in our music videos. The way you act with your friends, and family, the way you share moments, this freedom.“ Guillaume Alric

In dieser maskulin dominierten Welt aus Partys, Shishas und Körperkult schaffen es The Blaze, die feste Grenze zwischen Bromance und Romance fast unsichtbar werden zu lassen.

So let’s quit fooling around
I’m into you
Taken by the sound
Cause you’re the love I found

Homophobie wird auf der gesamten Territory-EP unentwegt aufgebrochen und überwunden. Wie der harte Beat sich perfekt zur sanft-melancholischen Gesangsstimme fügt, so wird in den Texten und in den Videos die maskulin-brutale Ästhetik mit purer Liebe verbunden.

Das weitere Œuvre dieses Duos muss mit Spannung verfolgt werden. The Blaze machen höchst politische Musik, die auf keinem Dancefloor mehr fehlen darf.

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