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"303" Filmstills

Kahuuna Films GmbH / Sebastian Lempe, Mario Krause

Im Kreisverkehr der Konversationen

Die moderne Welt und wie es dem einzelnen Menschen heute geht, darum drehen sich die Spielfilme des Regisseurs Hans Weingartner. Der Titel seines aktuellen Filmes „303“ erinnert nicht von ungefähr an eine Fehlermeldung am Computer.

Von Maria Motter

Das Drehbuch zu „Before Sunrise“, diesem Inbegriff von Romantic Movie, hat Hans Weingartner vor mehr als zwanzig Jahren gelesen. „Ich fand es absolut nur geil! Ich wollte so etwas unbedingt einmal machen, weil ich liebe Theorien über alles! Darüber, wie Verlieben biochemisch funktioniert“, erzählt der Regisseur auf der Berlinale in einem Interview. Seit 20 Jahren schreibt Weingartner nun Dialoge. Und jetzt kommt mit „303“ ein Spielfilm in die österreichischen Kinos, in dem Hans Weingartner ganz auf Dialoge setzt und der die Jugendprogrammschiene der Berlinale eröffnet hat.

Die moderne Welt und wie es dem einzelnen Menschen heute geht – darum drehen sich die Spielfilme des Regisseurs Hans Weingartner. Schon 2001 hat er in seinem Debütfilm „Das weiße Rauschen“ einen jungen Mann porträtiert, der um seine Fassung ringt. Zuletzt hat der Film „Die Summe der einzelnen Teile“ erneut sehr berührend und intensiv vermittelt, wie sich eine psychische Erkrankung anfühlen könnte. Hans Weingartner interessiert sich für das Innenleben und die Außenwelt und für die Zusammenhänge zwischen Gesellschaft und Individuum. „Die fetten Jahre sind vorbei“ war seine Abrechnung mit dem Kapitalismus.

Der Titel seines aktuellen Filmes „303“ erinnert nicht von ungefähr an eine Fehlermeldung am Computer.

"303" Filmstills

Kahuuna Films GmbH / Sebastian Lempe, Mario Krause

Mala Emde und Anton Spieker spielen Jule und Jan. Sie sind 24, weiße mitteleuropäische Studierende, und Regisseur Hans Weingartner schickt sie auf einen Roadtrip - mit unterschiedlichen Zielen. Ein Klassiker von Camping-Bus steht bereit und Vorfreude auf ein Road-Movie stellt sich ein. Hans Weingartner ist bekannt für feinsinnige Porträts.

Das emotionale Gepäck wiegt schwer: Jule hat bei einer Prüfung versagt und will zu Beginn nicht näher benannte Tabletten nicht nehmen. Jan hat ein Stipendium nicht bekommen und will erstmals seinen leiblichen Vater sehen. Ein erster Moment der Vertrautheit mit der Zufallsbekanntschaft, als die Sprache auf Träume kommt. „Es geht darum, den beiden zuzuschauen, wie sie versuchen, sich nicht zu verlieben“, sagt der Regisseur über „303“.

"303" Filmstills

Kahuuna Films GmbH / Sebastian Lempe, Mario Krause

Jule sitzt am Steuer, Jan legt seine Weltsicht dar. Es geht durch malerische Landschaften und schmucke Örtchen. Doch nicht nur die Straßen winden sich. Jan und Jule sprechen in Allgemeinplätzen über Selbstmord, Liebe, Kapitalismus und Einsamkeit. Es sind die großen Themen des Regisseurs Weingartner. Doch leider ergehen sich die beiden einzigen Figuren dieses Films im Aufzählen und Wiedergeben von Wissen, das aus dem Lesen von Wochenzeitungen generiert scheint.

Hier ein Eis, dort ein Picknick. Andernorts ist er Gitarre spielend auf einer Parkbank platziert und sie auf eine Decke im Gras drapiert. Die blütenweißen T-Shirts der beiden sind nie verschwitzt und müssen nie gewaschen werden. Es ist einem, als wandle man in einem Werbespot. An der Tankstelle fällt kein Blick auf den Spritpreis. Abgekapselt vom Rest der Menschheit labern Jule und Jan fortwährend und geben nur indirekt, aber doch Hinweise auf ihre eigenen Befindlichkeiten. Wer nach eineinhalb Stunden aufgibt, weil die beiden sich in eine Sackgasse von Friendzone manövriert haben, verpasst eine weitere Stunde im Kreisverkehr der Konversationen. Ziemlich altklug und über den Dingen stehend wird hier parliert.

Kurz vor der Zieleinfahrt wird es in den letzten 20 Minuten dramatisch und doch noch persönlich. Wie hier zwei Menschen mit sich ringen, den Impulsen nicht nachzugeben, hat dann für eine Einstellung einen gar intensiven Moment, der zwischen Hingebung und Grausamkeit hängt. Aber „303“ lässt einen als Fan früherer Filme Weingartners leider unbeeindruckt zurück.

Die These vom Individuum, das zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, um Liebe zu erkennen geschweige denn annehmen zu können, wird hier so lang vorgeführt, bis man auch kein Interesse mehr an einem Happy-End hat.

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