Die Zudeckerin - Beziehungskrise in der Koalition?

Irgendwie scheint der Haussegen in unserer Koalition schiefzuhängen. Das ist wie in einer WG: Nach einem Jahr kommt das wahre Sein zum Schein.

Von der Zudeckerin

Wenn’s in der Straßenbahn nicht manchmal stinkend und vollgestopft wäre, könnte man das Aussteigen nie genießen, oder? Und genau so verhält es sich gerade mit unserer Koalition. Nachdem wir ein Jahr fröhliche Gesichter und innige Einstimmigkeit erlebt haben, kommt gerade ein bisschen leidenschaftliche Reibung ins Spiel.

Aber das ist ganz normal! Ein Jahr gibt es sie ja jetzt schon, die Regierungskoalition in den hübschen Blautönen. Ein Jahr, das war schon in Wohngemeinschaften die klare Demarkationslinie. Bis dahin reißt man sich noch zusammen. Aber dann kennt man sich besser, fängt an, sich zu entspannen - und dann kommt es heraus, das wahre Ich, das nachts mit den Dingen im Kühlschrank spricht, die abgeschnittenen Zehennägel auf den Badewannenrand legt und beim Defäkieren die Klotüre offen lässt.

FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz zum Beispiel hat sich in der Koalitions-WG schon so gut eingelebt, dass er vergessen hat, dass Unstimmigkeiten nur hinter den Kulissen ausgetragen werden. So stellt er laut fest, dass die ÖVP-Länderchefs im Westen in vielen Dingen gar nicht der Kurz-Linie folgen wollen. Und davor hat ÖVP-Sicherheitssprecher Amon Innenminister Kickl in der brodelnden BVT-Causa kritisiert. So schnell hat der Amon aber gar nicht schauen können, hat die FPÖ schon mit alt-vergorenem WG-Hass zurückgeschossen.

Aber keine Sorge, während die anderen streiten, schwelgt unser Bundeskanzler Kurz in himmlischen Metaphern. Er freut sich, mit dieser Regierung nach einem Jahr Koalition „die Wolkendecke durchbrochen zu haben“. Wie schön! Einer, der trotz der dünnen Luft noch die Sonne über der Gewitterwolkendecke sieht. Aber nicht im himmlischen Harmonie-Hochflug überteiben, gell? Man macht schneller einen Ikarus, als man denkt.