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"Baba Is You"

Arvi Teikari

In „Baba Is You“ ändern wir ständig die Spielregeln, um voranzukommen

Das mehrfach prämierte Indie-Puzzlegame „Baba Is You“ oszilliert zwischen verspielten Logikrätsel und vertrackten Kopfnüssen.

Von Robert Glashüttner

Ob wir es wollen oder nicht: Die Welt um uns herum besteht aus Regeln. Und selbst, wenn es keine von uns geschaffenen gesellschaftlichen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen Regeln gäbe, so hätten wir es doch immer noch mit den Gesetzen der Physik zu tun.

Manchmal nervt dieses Korsett ziemlich, aber eine gute Lösung ist es, aus den vielen Regeln das beste zu machen und auch mal mit ihnen zu spielen. Genau das kann man mit nun einem neu erschienenen Computerspiel namens „Baba Is You“. Was klingt wie ein Kinderspiel, und auch ein bisschen so aussieht, hat es allerdings faustdick hinter den digitalen Ohren.

Du regelst das schon

Ich stehe mit meinem knuffigen weißen Pixeltier in einer lustig-wackeligen 2D-Landschaft. Die ist in quadratische Felder aufgeteilt, die einem bunten Schachbrett ähneln. Da sind Mauern und Steine, es gibt Gras, Wasser, Türen und Schlüssel. Zusätzlich dazu stehen auch seltsame Wortblöcke in der Gegend herum, die einfache, kurze Sätze bilden. „Baba Is You“, „Wall Is Stop“, „Rock Is Push“, „Door Is Shut“, „Key Is Open“, „Flag Is Win“ steht da etwa quer über die Landschaft verteilt.

„Baba Is You“ vom finnischen Gamesentwickler Arvi „Hempuli“ Teikari, ist für Windows, Mac, Linux und Switch erschienen.

Diese kurzen Sätze sind die jeweils aktuellen Regeln. Die substanziellste von ihnen ist natürlich unsere eigene Existenz, also das namensgebende „Baba Is You“. Schieben wir ein Wort dieses Satzes auseinander, geht es nicht mehr weiter. Weil dann sind wir ja nicht mehr wir und können in Folge dessen auch nicht mehr spielen. Wesentlich unproblematischer ist es, wenn wir durch Wände gehen wollen. Dafür müssen wir nur das Wörtchen „Stop“ vom Satz „Wall Is Stop“ wegschieben - schon ist die Regel nicht mehr gültig. Später können wir dann für eine Sache mehrere Regeln festlegen, was natürlich mehr Möglichkeiten eröffnet, das Spiel aber gleichzeitig schwieriger macht.

"Baba Is You"

Arvi Teikari

Game Is Hard

„Baba Is You“ ist bunt und verspielt inszeniert. Die Puzzles sind ungewöhnlich und belohnen das Um-die-Ecke-denken. Es ist ein Game, das in der ersten Spielstunde mehr oder weniger jeder und jedem gefällt. Danach wird es aber kompliziert, denn dann beginnen die Rätsel immer vertrackter zu werden. Das ist super für Menschen, die ein Talent für Logik haben, fühlt sich aber für alle anderen wie ein immer bedrohlicher werdendes Mathebeispiel an.

Blast from the past

Ältere Semester werden sich vielleicht an „Chips Challenge“ erinnern, das in den späteren Levels teils ebenfalls sehr knackige Kopfnüsse bietet. „Baba Is You“ ist optisch und vom Gamedesign her recht ähnlich.

Sicher, wenn man geduldig überlegt, probiert und nochmal überlegt und nochmal probiert kommt man irgendwann auf jede Lösung drauf. Dann freut man sich kurz, steht dann aber sogleich vor der nächsten Aufgabe, die die Synapsen noch weiter verknotet. Es ist das alte Problem von Games, die vornehmlich von Programmierer*innen designt werden: Sie nehmen das Maß von ihren eigenen Schuhen und gehen davon aus, dass Logikrätsel anderen Menschen ebenso souverän von der Hand gehen wie ihnen selbst. Über das kulturelle Phänomen der Coder’s Games habe ich vor über drei Jahren anlässlich der Veröffentlichung von „The Witness“ mehr geschrieben.

"Baba Is You"

Arvi Teikari

„Baba Is You“ tut alles, um sich so intuitiv wie nur möglich zu präsentieren. Das funktioniert mit der sympathisch-wackeligen Doodle-Grafik visuell gut, und auch das Leveldesign zeugt von hoher Kreativität. Am Ende des Tages fühlt sich das Game für Nicht-Logiker*innen ab einem gewissen Zeitpunkt aber leider doch eher wie eine Schularbeit an als ein unterhaltsam-zerstreuendes Computerspiel. Game Is Good, Skill Is High, Baba Is Okay.

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