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Thirsty Eyes Videostill "Touch The Weather"

Felix Vratny

Neues von Oehl, Thirsty Eyes, Mascha u. v. m.

Übernachtige Gute-Laune-Songs, süffisanter Schlager, ein kleiner Film Noir. Die österreichische Musikwoche im Überblick.

Von Lisa Schneider

Letzte Woche noch davon geträumt, und jetzt ist sie da, die Sonne und die Festivalsaison. Diese Woche könnte die Entscheidung schwerfallen, schon allein zwischen diesen beiden jährlichen Highlights: Einerseits findet am 25. und 26. April im Wiener Museumsquartier - bei freiem Eintritt! - das heuer von FM4s Dalia Ahmed kuratierte Electric Spring Festival statt. Mit Perlen der Clubkultur im Line-Up (salute!), aber es geht genremäßig auch weit darüber hinaus: Mit dabei sind ebenso Kids N Cats, Euroteuro, T-Ser oder Keke.

Andererseits feiert das Dynamo Festival in Dornbirn von 25. bis 27. April sein sechsjähriges Bestehen. Im Line-Up sind wie immmer internationale Acts vertreten, ein großer Schwerpunkt liegt aber auch heuer wieder auf österreichischer Musik. Mit Mavi Phoenix, Hearts Hearts, Pressyes, Pauls Jets oder Granada.

Oehl

Oehl

Auch diese Band hat soeben einen neuen Festivalauftritt bekannt gegeben: Die sanftmütigen Weltschmerzler Oehl werden am 11. Juli, im Vorfeld der sicher riesengroßen Bilderbuch-Sause am Poolbar Festival in Feldkirch auftreten. Zur Einstimmung haben sie von Donnerstag auf Karfreitag ihre neue und dritte Single „Über Nacht“ veröffentlicht. Es ist immer schön, wenn die Musik, ja die einzeln angeschlagenen Töne sich haargenau mit der Stimme treffen. Die gedankenversunken von großen Träumen erzählt, es Orpheus nachzutun, dem besten Sänger aller Zeiten, der mit seiner Stimme Menschen, aber auch Tiere und Pflanzen betörte. Fantasiegebilde, Wirrwarr, Zwischenwelt. Oehl sind ihre guten Konstrukteure.

Am 29. April sind Oehl auch schon in Wien live zu sehen, im B72 im Rahmen der Reihe „Animals Of The Woods“.

Thirsty Eyes - „Touch The Weather“

Manchmal kommt mir vor, Thirsty Eyes wären eine Handvoll der wenigen noch richtigen Rockstars in Österreich. Da werden Singles und Videos angekündigt, dann kommt da doch nichts. Nonchalance lebt. Auf Instagram wird fleißig gepostet, aber hauptsächlich in den noch knackig frühen Morgenstunden, gerne auch nackt oder nur teils bekleidet, vielleicht etwas angeheitert, jedenfalls aber höchst kreativ. Und dann kommt da alle paar Monate wieder ein Video, das ein Kurzfilm sein könnte, raffiniert, geschmeidig, und immer wieder aus der Hand von Iovan Gavriel. Das bisher beste unter ihnen, das Video zum Song „838“ ist nicht umsonst auf Filmfestivals zwischen Polen und Mexiko hin- und hergereicht worden.

Logisch, dass Ioan Gavriel - diesmal gemeinsam mit Fjodor Carl Kelling - wieder hinter die Kamera darf, für den verspäteten Frühlingsgruß der Thirsty Eyes: „Touch The Weather“. Gezeigt werden Szenen, die man in bekannt biederen Zugabteilen wie diesem hier so wohl nie erleben wird. Umso schöner, dass sich Sänger Samuel Ebner gemeinsam mit Schauspielerin Luisa-Céline Gaffron im schunkelnden Waggon dem Blues hingibt. Kokettiert, die Haare rauft, den Boden küsst, weiter tanzt. Dann noch alles in Schwarz-Weiß, ein kleiner Film Noir, bei dem die Kamera, die Stimme, die Gitarre rumpeln. Lieblingsphrasen inklusive: „Love went wrong“.

Mascha - „Liebe siegt“

Nicht täuschen lassen. Wummernder Schlager, Alpenidylle, Dirndl. Nicht Helene Fischer, aber auch nicht so knapp vorbei: So beginnt der Song, und das Video der Wiener Musikerin Mascha zu „Liebe siegt“. Eine seltsame Ahnung liegt aber ohnehin von Anfang an über der scheinbaren Sonnenschein-Perfektion: „Trigger Warning - Gewaltdarstellungen“, wird im Abspann eingeblendet.

Mindestens jede fünfte Frau in Österreich ist seit ihrem 15. Lebensjahr von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen. Und so dreht sich die blonde, lächelnde, schöne Mascha nach den kitschigen Alpenszenen plötzlich mit blauem Auge, mit aufgeplatzter Lippe in die Kamera. Und was mit leidigen Phrasen wie „Kann Liebe Sünde sein?“, beginnt, schwenkt um in: „Und wenn die Hand ab und zu ausrutscht, lächel’ ich halt in Grün und Blau - ohne ihn wär’ mein Leben viel zu grau“.

Alpennostalgie und Lodenmantel hat man so zuletzt im Video „Im Rausch der Zeit“ von Hyäne Fischer gesehen. „Liebe siegt“ ist keine Hommage oder Weiterführung des Mysteriums, das damit angezettelt wurde: Die Message ist so grausam wie simpel und direkt. Dass Mascha die schlagereske Form ausgesucht hat, die dem Pop nicht unähnlich breitenwirksam funktioniert, ist der gut durchdachte Aufhänger der Geschichte. So eben, dass niemand weg- sondern alle hinsehen müssen.

Love Good Fail - „Sunday Song“

Ein Riff wie zu Beginn eines R.E.M.-Songs, The good old times. „Sunday Song“ ist der erste Vorbote des zweiten Albums von Love Good Fail, einem Trio aus Wien, das noch am Erstling vor allem mit verhuschten, elektronischen Melodien die ersten Erfolge gefeiert hat. Erdiger und gleichzeitig leichter und unmittelbarer ist der neue Sound, immerhin ist der Song ja auch nach dem Tag benannt, der für die meisten Menschen Freiheit und Ungezwungenheit bedeutet.

Das ist es auch, was drinsteckt: Der subtil angesprochene Wunsch danach, das Alte wegzuwerfen und endlich nur mehr der Eingebung zu folgen. Jeden Tag Sonntag, glitzernd, leicht. Die Stimme trägt zu diesem unbeschwerten Grundgefühl den Hauptteil bei, ein bisschen wie Soko, aber nicht ganz so bissig. So muss der späte Frühling klingen.

Fuzzman - „Hände weg von allem“

Videos, deren im Vorspann gezeigte gelbe Schriftzüge sich ganz wie bei Star Wars flach ins Schwarze hinaufziehen, sind gute Videos. Verkündet wird hier kein Krieg in der Galaxie, sondern viel Angenehmeres, das sechste Album von Fuzzman, es erscheint am 3. Mai. Die Liebe, die Entfernung, die Ernüchterung, „der Eremit am Firmament“ und alles dazwischen.

Mit Bier und Tschick im Cockpit, das Leiden am Immergleichen, dabei säuseln die Chöre so süß im Hintergrund, man könnte meinen, Konstantin Gropper hätte hier seine Finger im Spiel gehabt. Und wenn Fuzzman nicht gerade von der ewig faden, ewig unveränderten Welt flüchten will, flüchtet er ins Wirtshaus. Der Ort, an dem vielleicht noch am ehesten die Tradition weiterlebt, die Familienfeste, die öden, das Bier, das schale. „Das nächste Drama kommt bestimmt, wir sind dabei“. Was wäre das Leben auch ohne.

Auch noch gut und gut zu wissen

  • Nora Pider kennen wir als eine Hälfte des Duos Anger. Jetzt dürfen wir sie aber auch als Filmschauspielerin erleben: im mehrfach ausgezeichneten Kurzfilm „Pale Blue Me“.
  • There’s a new booking/management agency in town: Florian Kollroß hat seine „Flow Agency“ gegründet. Er betreut unter anderem Bands wie Bagage.
  • And there’s a new band in town: Picobello haben mit „Heiß“ ihre erste Single veröffentlicht. Für Freunde deutschsprachiger, hipper und elektronisch verstärkter Schunkelmusik à la Granada. Auch schön: Im Video-Intro ist Christa Kummer zu hören.

FM4 Soundpark Weekly

In dieser wöchentlichen Rubrik servieren Lisa Schneider und Andreas Gstettner-Brugger kleine musikalische Häppchen aus Österreich. Neue Bands und Songs, Videos und Konzerthighlights quer durch den stilistischen Gemüsegarten.

  • Johannes Mandorfer, Drummer von Hearts Hearts, hat in Island ein Piano gebaut. Alle 88 Tasten sind mit dem Ton „D“ belegt. Wieso das trotzdem spannend ist, lest ihr hier.
  • Mira Lu Kovacs hat sich von ihren ehemaligen Bandmitgliedern bei Schmieds Puls getrennt. Neu an ihrer Seite sind jetzt Kathrin Kolleritsch (drums, vocals, guitar) und Beate Wiesinger (basses, vocals). Mira und Kathrin verbringen jetzt viel Zeit gemeinsam im Studio: Sie sind ja beide auch Mitglieder der Band My Ugly Clementine.
  • Zum Nachhören gibt’s außerdem im Soundpark von letzter Woche: jede Menge Listening Sessions. Mit Marlene Weber von Little Big Sea zum neuen Album „Stranger Places“, mit Bagage zur „Bright Future“-EP, und mit Cayes zur „Love Life Death“-EP.

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