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Arya Stark

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Recap: Was in Game of Thrones bisher geschah - Achtung Spoiler!

Wir sind in der Mitte der achten, letzten Staffel von „Game of Thrones“ angelangt. Was bisher passiert ist.

Von Lisa Schneider

„What Do We Say To The God Of Death?“ „Not Today“

Es ist also passiert. Die Menschheit, genauer gesagt die Westerosi haben gesiegt, die White Walkers sind tatsächlich vernichtet. Arya Stark tötet den Night King und somit all seine Anhänger. Die dritte Folge der achten Staffel „Game of Thrones“ beendet somit die größte und dringendste Frage der gesamten Serie.

Und es dauert. „The Long Night“ heißt die Folge, ein wortloses Gemetzel, aufgeteilt auf 78 Minuten. Anfangs ist es noch spannend. Es ist sehr still, kurz bevor die Dothraki losreiten, um dann am schwarzen Horizont, schwupps, unterzugehen (wieso auch immer sie das tun - Angriff ist bei den White Walkers ganz sicher nicht die beste Verteidigung). Eine Trommel pulsiert im Hintergrund, so wie das Blut im Kopf der Charaktere und Zuseher*innen. Es ist einer der vielen Momente, in denen die achte Staffel von „Game of Thrones“ an „Der Herr der Ringe - Die zwei Türme“, stellenweise aber auch an „Die Rückkehr des Königs“ erinnert.

Battle Of Winterfell Game Of Thrones S8 E3

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Singt Pod in der Großen Halle von Winterfell etwa Pippins Lied? Holt Jamie Lannister seinem Bruder Tyrion gleich eine Kiste, damit er über die Mauer hinabsehen kann (so wie Legolas seinen anfänglichen Feind, später BFF Zwerg Gimli immer aufgezogen hat)? Die Krypta, in die sich Frauen und Kinder verziehen, scheint stabiler zu sein als die in Helms Klamm. Dafür hat in den Schlacht-Episoden von „Der Herr der Ringe“ so vieles besser funktioniert als in dieser dritten Folge von „Game of Thrones“.

First of all: Kann mal jemand das Licht einschalten? Dass Schlachten nachts gruseliger und deshalb aufregender sein können, leuchtet genauso ein wie die blau blitzenden Augen der White Walkers. Nur, der spärlich orangeroten, ab und zu vom (blauen) Feuer der Drachen durchbrochenen Schwarz-Grau-Kulisse ist schwer zu folgen. Man kann oft nicht einmal SEHEN, wer gerade stirbt.

Was zum nächsten Punkt führt: Es stirbt niemand. Jedenfalls niemand, den man zu den Hauptcharakteren zählen muss (Jorah und Lyanna Mormont waren selbstlose Figuren und würden beipflichten). Natürlich will niemand seine Serienlieblinge sterben sehen, aber hat sich nicht jeder und jede heimlich schon von Brienne of Tarth oder Ser Jamie verabschiedet? Hat nicht das auch einen Großteil der Spannung von „Game of Thrones“ ausgemacht, wie skrupellos mit sehr wichtigen, sehr geliebten Serienfiguren verfahren worden ist?

Noch einmal der Vergleich mit „Der Herr der Ringe“: in „Die zwei Türme“ steht ebenso wie in dieser aktuellen Folge von „Game of Thrones“ das Kampfgetümmel im Mittelpunkt. Abgetrennte Köpfe und sonstige Gliedmaßen, Staub, Feuer, Wasser, Geschrei, trampelnde Hufe. Da braucht es nicht viel Gerede. Wenn aber gesprochen wird, dann ist das im zweiten „Der Herr der Ringe“-Teil entweder packend (Haldir, Aragorn, Gandalf) oder lustig (Gimli, Legolas).

Dass eben in der aktuellen „Game of Thrones“-Folge ebenso wenig gesprochen wird - wenn schon eine Schlacht- und Gemetzel-Episode - ist nachvollziehbar. Nur ist das nicht nur schade, sondern ein dramaturgischer Bruch mit dem, was die Serie über mittlerweile siebeneinhalb Staffeln hinweg ausgezeichnet hat. Krieg hat es schon vorher ständig gegeben, aber, und das hat sich mit dieser Folge geändert: Die wirklich wichtigen Konflikte waren die persönlichen und nicht die des Schlachtfelds. Außerdem sind sie immer besser, klüger, und spannender mit Worten (oder anhand von Intrigen) geschlagen worden.

Viserion im Battle Of Winterfell, Game Of Thrones Staffel 8 Episode 3

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Viserion ist der Drache von dreien, der sich am Ende der 7. Staffel ebenfalls in einen White Walker verwandelt hat.

Es sieht gut aus, die vor Wolkentürmen und blauem Feuer ineinander verkeilten Drachen, die Feuerbrigaden, die Menschen- und Totenmassen. Im Gesamtkontext der Serie ist es aber eine wenig repräsentative Folge. Als Beispiel: Spiele ich diese Serie meiner „Ich mag Fantasy nicht“-Freundin vor, kriege ich sie damit sicher nicht, weil sie über große Strecken inhaltsbefreit jedem gängigen Action-Klischee entspricht. Mit jeder beliebig anderen Folge von „Game of Thrones“ hätte ich besagte Freundin eher überzeugen können (sofern die Rede nicht gerade von „Battle Of The Bastards“ oder „Hardhome“ ist).

Welche Fragen offen geblieben sind

Der Wortanteil in den kommenden, letzten drei Episoden wird sicher wieder steigen, immerhin gilt es jetzt auch taktisch zu klären, wer schlussendlich am Iron Throne sitzen wird. Jon Snow weiß zumindest schon, dass er eigentlich Aegon Targaryan - und somit der letzte männliche Erbe der Königslinie mit Thronanspruch - ist. Auch Daenerys, die bis jetzt gedacht hat, sie würde bald die Seven Kingdoms regieren, weiß Bescheid. Über die vor der ganzen dynastischen Enthüllung begonnene Liebesgeschichte (zwischen Tante und Neffe) hat seither noch niemand gesprochen.

Kommen sich Sansa und Tyrion wieder näher? Was haben sie in der Krypta, während die Schlacht oben getobt hat, ausgemacht? Immerhin waren sie ja schon einmal verheiratet, und Sansa gesteht ihm zu, dass er „der Beste von allen war“ (nein, nicht auf schmutzige Dinge bezogen - wie wir alle wissen, hat Sansa Stark ihre Unschuld an Ramsay Bolton verloren). Dabei sind ja auch am Vorabend der Schlacht intensive Blicke zwischen Sansa Stark und dem ewigen Sünder Theon Greyjoy hin- und hergeflitzt. Der seine letzte Schlacht höchst ehrenhaft geschlagen - und, ganz so, wie wir Theon kennen - höchst peinlich versucht hat, den Night King niederzuringen. Eh nett.

Und Brandon Stark, DIE personifizierte offene Frage im „Game of Thrones“-Universum - und gleichzeitig der seltsamste und ungewollt amüsanteste Spielball der Fangemeinde:

Oder auch, tiefgreifender: Wohin haben ihn die Krähen getragen, in die er während der Schlacht geschlüpft ist? Muss er durch ihre Augen sehen, um für das Gedächtnis der Menschheit alles abzuspeichern? Wäre er dann nicht mehr ein Videorekorder als ein Orakel? Ist die ganze Serie nicht eigentlich so gedacht, dass wir als Zuseher*innen alles durch Brans Augen sehen?

Der Orakel-Begriff führt zu Melisandre: die rote Dienerin des Lord Of Light kehrt am Beginn der Schlacht nach Winterfell zurück. Im Vorbeigehen sagt sie zu Ser Davos, dass er sie nicht umbringen muss, weil sie das Morgengrauen ohnehin nicht erleben wird. Diese Prophezeihung wird sich später bestätigen.

Kurz bevor Arya jedenfalls den Night King ersticht, stößt sie, umgeben von Untoten, auf Melisandre. Die beiden haben sich schon einmal getroffen, in der Mitte der dritten Staffel, als Melisandre noch gedacht hat, sie könnte mit Gendry (Robert Baratheons Bastard), beziehungsweise seinem Blut etwas ausrichten.

Damals hat sie zu Arya folgendes gesagt:

Arya wird also grüne, braune und blaue Augen schließen - mit den blauen war retrospektiv ganz offenbar der Night King gemeint. Aber das ist nicht die einzige Theorie, die jetzt um Arya Stark kreist: Von Anfang an war Melisandre auf der Suche nach Azor Ahai, einem Prinzen, der verheißen wurde, der „die Nacht beenden wird“. Anfangs dachte sie, Stannis Baratheon sei derjenige, danach Jon Snow, danach Daenerys Targaryan. Jetzt sieht alles danach aus, als wäre es Arya Stark. Ein weiterer Hinweis: Beric Dondarrion stirbt, jetzt nämlich wirklich, nachdem ihn der Lord Of Light mehrmals ins Leben zurückgeholt hat. Er hat Arya in Winterfell beschützt, damit ist seine Aufgabe erfüllt.

Schöne Randnotiz: der Dolch, mit dem Arya den Night King schließlich ersticht (Frage am Rande: Wieso ist er nicht in Daenery’s Drachenfeuer umgekommen?), geistert schon seit der ersten Staffel durch die Episoden. Mit ihm hätte Bran erstochen werden sollen, nachdem er Jamie und Cersei gemeinsam im Tower gesehen hat; Catelyn Stark hat ihn an sich genommen, er wandert schließlich über Petyr „Littlefinger“ Baelish zurück zu Bran, der ihn Arya (er weiß natürlich Bescheid, wofür sie ihn verwenden wird) weitergibt.

Was uns die achte und letzte Staffel „Game of Thrones“ bisher also gebracht hat

Zwei füllerhafte, erste Episoden, die im Nachhinein betrachtet aber sehr schön das Gemeinschaftsgefühl veranschaulicht haben, das fürs Überstehen der Schlacht wesentlich war. Arya kann mit dem Hound aus einer Flasche trinken (und in einer sehr erbärmlichen Sexszene mit Gendry schlafen). Jamie schlägt Brienne zum Ritter, und überhaupt alle, die schon einmal gegen die Lannisters oder die Starks gekämpft haben, sitzen in der Großen Halle in Winterfell zusammen und prosten sich zu. What a happy family.

Dann, die große Schlacht. Aufwendigst inszeniert und animiert, zu dunkel, zu lang. Und so schön Aryas großer Moment auch ist (wer sich wie ich zuerst fragt, wie sie an all den White Walkers vorbei zu deren Anführer vordringen konnte - das unhörbare Voranpirschen hat sie natürlich bei den Faceless Men gelernt, die Moral: bei „Game of Thrones“ ist nichts umsonst!), ist er doch gar schnell vorbei. Dass alles, was der Night King wollte, Brans Gedächtnis war, wirkt in Hinblick auf die sonstige Vielschichtigkeit der Geschichte(n) etwas dünn.

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