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Zwei junge Leute rasten an enier Hauswand, an der Seite steht ein kleiner Koffer, die Landschaft ringsum ist grün. Filmszene aus "Take me somewhere nice".

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Crossing Europe Extracts: Mit zehn Filmen in zehn Länder

Kinos müssen geschlossen halten, reisen geht gerade nicht. Das Crossing Europe Filmfestival war für diese Woche geplant. Jetzt präsentiert das Festival mit den „Crossing Europe Extracts“ zehn Österreich-Premieren von Spiel- und Dokumentarfilmen online.

Von Maria Motter

Das Crossing Europe trägt Europe nicht nur im Titel. Das Filmfestival umarmt Länder und Filmschaffende und hat dem Publikum noch jedes Jahr herausragende Geschichten gezeigt. Jetzt hat Intendantin Christine Dollhofer mit ihrem Team binnen kürzester Zeit Aufführungsrechte neu verhandelt: In dieser Woche, in der das Crossing Europe in Linz geplant war, wandern zehn der Filme des diesjähringen Programms ins Internet.

Unter dem Titel „Crossing Europe Extracts“ stehen ab Dienstag, 21. April, zehn Filme on demand über die Streaming-Plattformen Kino VOD Klub und flimmit bis 20. Mai bereit. Eröffnet wird das digitale Ersatzprogramm auch und selbstverständlich online mit einer weiteren Film-Premiere. Und hier kommen Empfehlungen für das Crossing Europe-Ersatzprogramm, das man sich bequem zuhause zusammenstellen kann.

„Take Me Somewhere Nice“

Guten Morgen, Holland! So begrüßt eine Zufallsbekanntschaft Alma, die in den Niederlanden aufgewachsen ist. Im sehr unterhaltsamen Spielfilm „Take Me Somewhere Nice“ ist Alma unterwegs zurück in ihr Geburtsland, nach Bosnien. Ihr Vater soll schwer krank in einem Krankenhaus liegen. Nein, das Road-Movie ist nicht der nächste realistisch inszenierte, deprimierende Spielfilm über ein vom Westen oft vergessenes Land. „Take Me Somewhere Nice“ ist ein Eye-Catcher in jeder Szene.

Zwei junge Menschen, eine Hundertstelsekunde vor einem Kuss. Filmszene aus "Take me somewhere nice".

Pupkin Film

„Take Me Somewhere Nice“ ist in Cannes und am Filmfestival Rotterdam gelaufen, jetzt gibt’s die Österreich-Premiere dank Crossing Europe

Die Realität sei doch auch nur eine absurde Möglichkeit, findet Regisseurin Ena Sendijarević. Sie hat die Bilder ihres Debütfilms vielfach pastellfarben komponiert, auch, um den Zuschauer*innen klar zu machen, dass diese Darstellung nur eine Konstruktion ist. Ena Sendijarević hofft, dass Menschen erkennen, dass die Gesellschaft und die Welt auf viele Weisen betrachtet werden können und dass nichts zementiert ist. „Besonders, wenn es um Menschen mit Identitätsthemen und Migrationsgeschichten geht, gibt es nicht nur Traurigkeit und Tränen. Es gibt sehr differenzierte Zugänge“, hat die junge Regisseurin am Filmfestival Rotterdam erklärt, wo „Take Me Somewhere Nice“ schon gefeiert und ausgezeichnet worden ist.

Alma, irgendwo zwischen Teenager-Dasein und Erwachsenwerden, irgendwo auf einem Berg, die Schönheit der bosnischen Landschaft überblickend, ist in all ihrer Widersprüchlichkeit eine einnehmende Hauptfigur. Das Roadmovie „Take Me Somewhere Niece“ nimmt die großen Themen Auswanderung, Identität und Süd-Ost-West-Konflikt als blinde Passagiere mit und biegt bei allem gebotenen Ernst mancher Lage immer Richtung Unterhaltung ab.

„The Blindspot“

Dominick, der Hauptdarsteller im französischen Spielfilm „The Blindspot“, ist zwar auch kein Held, aber der 38-Jährige hat eine Superkraft. Dominick kann sich unsichtbar machen – nur muss er dafür nackt sein. Komödie wird „The Blindspot“ vom Regie-Duo Pierre Trividic und Patrick Mario Bernard keine. Dafür baut sich ab der ersten Szene eine leise, doch beharrlich anschwellende Suspense auf. In Pariser U-Bahnen ereignen sich schreckliche Vorfälle: Menschen taumeln und stürzen vor den einfahrenden Zug. Während in Dominicks Welt ein alter Bekannter auftaucht.

Dass manche Menschen unsichtbar scheinen, sprich allzu oft übersehen werden, ist ein Thema in „The Blindspot“. Mehr aber drängt sich die Frage auf, was noch alles geht für den Protagonisten Dominick, der als Einwanderersohn im Keller eines Unternehmens Gitarren verpackt, aber eine Musikerkarriere, wie sie seine Eltern lebten, nie angegangen ist.

Ein Mann steht nackt in seinem Bad und schaut sein Spiegelbild an. Filmszene aus "The Blindspot".

The Party Film Sales

„The Blindspot“ ist französisches Arthouse-Kino mit schwellender Suspense

„The Free University“

Das Crossing Europe Festival lenkt den Blick immer auf Zustände in Europa und gewährt dem Publikum Einblicke in nahe und ferne Welten. Eine Empfehlung geht daher auch raus für den Dokumentarfilm „The Free University“, der zeigt, was sich in Ungarn unter Viktor Orbán und um die Central European University abgespielt hat.

Eine Demonstrantin hält ein Schild hoch, auf dem steht: "Thanks for kicking us out". Filmszene aus der Dokumentation "The Free University".

Fahej Productions

„The Free University“ dokumentiert Widerstand in Ungarn unter Viktor Orbán. Die Central European University wurde von Orbáns Regime gezwungen, ihren Standort in Budapest aufzugeben. Inzwischen ist die Institution in Wien zu finden und will ihren Betrieb im Herbst aufnehmen.

„The Sound is Innocent“

„How can we tell the moment when sound becomes music?“, fragt die tschechische Filmemacherin Johana Ožvold. Ihre Dokumentation „The Sound is Innocent“ ist ein essayistischer Dokumentarfilm. Johana Ožvold schreitet darin durch ein Funkhaus, in dem historische Aufnahmegeräte und Tonträger zuhauf gelagert sind. Zu Beginn transportiert ein Förderband große Kopfhörer mit Kabeln, Dot-Max-Drucker und andere alte Gerätschaft auf einen Schrotthaufen. Der Drucker druckt noch schnell den Filmtitel.

Wie ein Zufall zum ersten Loop geführt hat, der Satellit Sputnik Hörgewohnheiten verändern sollte, die elektronische Avantgarde bei ihrer ersten Zuhörerschaft Anklang fand - all diese Beobachtungen und noch so manch krasse Theorie hört man. Steve Goodman aka Kode9 ist einer der auskunftgebenden Protagonisten. Er raucht die E-Zigarette so nachdenklich wie die Raupe in Alice in Wunderland das tut und erklärt, wie verwandt Krieg und Tanz ihm manchmal erscheinen und weshalb er bevorzugt in dunklen Clubs auflegt.

„The Sound is Innocent“ ist garantiert anders als alle Dokumentationen zur Geschichte elektronischer Musik, die du bisher gesehen hast. Party-Nacherzählungen darf man sich keine erwarten. Und dass die Regisseurin bis zum Ende tatsächlich die einzige Frau in diesem Film bleibt, während Männer ihre Ansichten ausbreiten, kann einen schon ein bisschen grantig machen.

Eine Frau im Schutzanzug steht in einem großen Archiv. Filmszene aus "The Sound is innocent".

Cinémotif Films

„The Sound is innocent“ mit seiner Regisseurin im Schutzanzug, die Vergangenheit und Zukunft der elektronischen Avantgardemusik erkunden will

Noch eine Premiere: „Micha Shagrir - The Linzer Candy Boy“

Am 21. April um 20 Uhr gibt’s live auf dorftv.at eine Eröffnung der „Crossing Europe Extracts“ - mit einer ersten Premiere!

Mit „Micha Shagrir - The Linzer Candy Boy“ porträtiert Michael Pfeifenberger den israelischen Filmproduzenten Micha Shagrir, der 1937 in Linz zur Welt kam und 2015 in Tel Aviv verstorben ist. Shagrirs Eltern, die jüdisch waren, gelang vor der nationalsozialistischen Herrschaft noch die Flucht nach Palästina. Jede*r, der in Israel mit Film zu tun hat, kennt seinen Namen. Er war Filmproduzent und hat eine Filmschule mitbegründet.

Nach der Dokumentation laufen österreichische Musikvideos - von Ankathi Koi bis Parov Stelar.

Ein altes Foto zeigt ein Paar mit einem Baby.

Michael Pfeifenberger

„Micha Shagrir - The Linzer Candy Boy“

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