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Bildschirmfoto aus dem Computerspiel "Spiritfarer"

Thunder Lotus Games

Game

„Spiritfarer“ ist eine versöhnliche Begegnung mit dem Tod

Die Schnittstelle zwischen Leben und Tod ist kein übliches Setting für ein relaxtes Managementspiel. Das visuell entzückende Game „Spiritfarer“ schafft dies jedoch geradezu leichtfüßig, bleibt aber dafür spielerisch zu trivial.

Von Robert Glashüttner

Wenn am Wasser die Grenze zwischen Leben und Tod durchbrochen wird, handelt es sich zweifellos um eine sehr ungewöhnliche Bootsfahrt. Herumstreunende Seelen wollen dabei eingefangen und in eine andere Dimension entlassen werden. Ja, das klingt nach schwierigem Stoff, der in den meisten Fällen wahlweise düster oder esoterisch in Szene gesetzt wird. Das Computerspiel „Spiritfarer“ ist jedoch von beiden Klischees erfreulich weit entfernt. Es handelt sich stattdessen um ein gemütliches und versöhnliches Managementspiel über das Sterben.

Wir spielen Stella, die Fährfrau der Verstorbenen, und ihre Katze Daffodil. Wir freunden uns auf unserem Boot mit diversen Geistern an und kümmern uns liebevoll um sie, bevor wir sie ins Jenseits entlassen.

Charon geht in Pension

Wem dieses Setting bekannt vorkommt: kein Wunder. Charon, den greisen, knochigen Fährmann, kennen wir aus der griechischen und römischen Mythologie. Er bringt auch in „Spiritfarer“ die Toten für einen Obolus in einem Boot ins Reich der Toten. Doch dieser Charon geht - wie ehemals der vorige Papst - nun frühzeitig in Pension, und deshalb kommen wir statt ihm ins Spiel. Stella ist eine schicke, burschikose junge Frau, die mit ihrer verspielten Katze ein schweres Erbe antreten muss. Doch es stellt sich bald heraus, dass alles weitaus weniger kompliziert ist, als man glauben würde.

„Spiritfarer“, entwickelt und vertrieben von Thunder Lotus Games, ist für Windows, MacOS, Linux, Xbox One, PS4 und Switch erschienen.

„Spiritfarer“ ist im Wesentlichen ein simples Managementspiel bzw. eine Lebenssimulation, wie man sie etwa von „Stardew Valley“ oder „Animal Crossing“ kennt. Unsere als Tiere dargestellten Passagiere am Schiff wollen gut versorgt werden, und so müssen wir uns um ihre Unterkunft kümmern und etwa schauen, dass immer genügend Nahrung vorhanden ist. Kurz gesagt: Wir sind das Dienstmädchen für eh alles und säen, ernten, fischen, kochen, weben, fertigen Objekte an und bauen unser Schiff aus. Als kleinen Ausgleich für unser Rackern erzählen uns die Gäste dann kleine Geschichten aus ihren Leben.

Bildschirmfoto aus dem Computerspiel "Spiritfarer"

Thunder Lotus Games

Auf unserem Boot ist es wie in einer Großstadt: Wenn in der Fläche kein Platz mehr ist, müssen wir eben nach oben hin ausbauen.

Wie aus einem französischen Comic

Visuell ist „Spiritfarer“ entzückend - es sieht aus, als ob es einem alten französischen Comic entsprungen wäre. Das ansonsten eher düstere Thema Tod und letzte erfüllte Wünsche wird hier aber auch inhaltlich in einer sehr zugänglichen Weise dargestellt. Die Figuren am Schiff sind keine Leidenden, sondern genießen die Zeit, die ihnen noch bleibt, so gut es ihnen möglich ist und sind Stella und ihrem Service sehr dankbar.

Das Problem des Spieles ist, dass es mit den ständigen Erledigungen und Routinearbeiten ziemlich schnell trivial und repetitiv wird und die Dialoge mit den Figuren dafür kaum entschädigen. Zwar kommt immer wieder Abwechslung ins Spiel, wenn wir zum Beispiel neue Inseln erkunden, zusätzliche Fähigkeiten und Baupläne freischalten oder ausgefuchstere Gerichte zubereiten. Aus diesen Schienen bricht das Game aber kaum aus - mit der Ausnahme der „Entlassung“ der Figuren ins Jenseits, die natürlich immer auch einen kleinen Abschied für die Spielerin und den Spieler bedeutet.

Bildschirmfoto aus dem Computerspiel "Spiritfarer"

Thunder Lotus Games

Auf den Inseln finden wir neue Ressourcen, Fähigkeiten und natürlich verlorene Seelen.

Wer einfache, entspannende Managementspiele mag, wird „Spiritfarer“ zu schätzen wissen. Alle anderen werden sich trotz des hohen Charme-Faktors und des unkonventionellen Settings leider früher oder später beginnen zu langweilen.

Vielleicht ist es der Perspektivenwechsel, der dem Spiel fehlt, denn die Dramatik des Sterbens besteht ja darin, dass jeder und jede irgendwann selbst davon betroffen ist. Die Rolle des quasi unsterblichen Gevatter Tod bzw. einer seiner Servicekräfte ist hingegen vergleichsweise unspektakulär. Passend dazu bleibt Stella im Spiel auch immer stumm und bekommt keine eigene Identität verliehen. Schade darum, denn wären wir als Figur inhaltlich mehr involviert, hätte „Spiritfarer“ ein großer Wurf werden können.

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