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Autorin Nora Gantenbrink

Susanne Baumann

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In „Dad“ sucht die Protagonistin ihren Vater bei den Goa Freaks

Die deutsche Journalistin und Autorin Nora Gantenbrink versucht in ihrem Buch „Dad“ ihrem verstorbenen Vater auf die Spur zu kommen. Dazu reiste sie nach Marokko, Indien und Thailand und verpackt die Erfahrungen in eine fiktionale Geschichte.

Von Philipp Emberger

Cover Buch "Dad" Nora Gantenbrink

Rohwolt Verlag

„Dad“ von Nora Gantenbrink ist im rowohlt Verlag erschienen, 240 Seiten

„It’s tough kid, but it‘s life”. Von diesem harten Leben erzählt die deutschen Autorin Nora Gantenbrink in ihrem Romandebüt „Dad“. In dem autobiographisch inspirierten Buch macht sich die Protagonistin Marlene auf die Suche nach ihrem Vater, der wie Gantenbrinks Vater ein kiffender Alt-Hippie mit hohem Freiheitsdrang und wenig Verantwortungsgefühl für die Tochter ist. In mehr als einer Stelle im Buch wird das deutlich: Am Tag der Taufe flüchtet er nach Pakistan. Das Vater-Kind-Basteln im Kindergarten schwänzt er. Das erste Schulzeugnis der Tochter zerreißt er als Protest gegen die Leistungsgesellschaft.

Dass er das Leben nicht so ernst genommen hat, ist ihm schließlich zum Verhängnis geworden. Auf einer Thailand-Reise infiziert er sich mit HIV und stirbt an AIDS. Zwölf Jahre nach dessen Tod wiederholt Marlene nun die Reisen des Vaters nach Marokko, Indien und Thailand. Sie möchte ihrem Vater nahekommen, verstehen, wer er war und herausfinden, wie viel von ihrem Vater in ihr selbst steckt. Es ist ein allzu nachvollziehbares Anliegen. Dabei wird „Dad“ zu einer Charakterstudie über einen Vater, der vielleicht cool ist, wenn es nicht gerade der eigene Vater ist.

„Er fand es schick, sich Dad zu nennen. Genauso schick wie den Brillanten im Ohr, den er eine Zeitlang trug. Oder die Hotpants, Hüte, Henna-Tattoos und getönten Brillen und Lederwesten. Vielleicht klang Dad einfach mehr nach der Person, die er gerne sein wollte.“

Autorin Nora Gantenbrink

Rowohlt Verlag

Nora Gantenbrink, 1986 geboren, arbeitet in Deutschland als Journalistin. Zuerst bei SPIEGEL ONLINE, ist sie mittlerweile Reporterin beim Stern.

Ein Hauch vergangener Zeit

Um ihren Vater besser zu verstehen, trifft Marlene verschiedene Weggefährt*innen im Laufe des Romans. Die meisten davon sind mittlerweile ramponiert und gezeichnet vom jahrelangen Drogenkonsum. Dazu gehört Alice, eine Ikone der Goa Freaks, wie sie im Buch genannt werden. Früher war sie die „Drogenbaronin der Lüfte“ und hat kofferweise Kokain und LSD nach Goa geschmuggelt. Sie lebt nach wie vor in dem indischen Bundesstaat, der früher Sehnsuchtsort für viele Aussteiger war.

An dieser Stelle dekonstruiert die Autorin längst vergangene Hippie-Zeiten und zeigt, dass wenig überbleibt von der Flowerpower-Bewegung und damit von der Welt ihres Vaters. Auf ihrer Reise erscheint Marlene die Zeit gar nicht so cool, wie sie sich vorgestellt hat.

„Die Welt meines Vaters gibt es hier nicht mehr. Ich frage mich, ob mein Versuchsaufbau vielleicht falsch ist. Wippo und mein Vater reisten zusammen durch das Marokko der 70er Jahre, nach Indien kam mein Vater Anfang der Achtziger. Vieles von dem, was er damals gesehen hat, gibt es nicht mehr.“

Spürbare Sehnsucht

Den ganzen Roman hindurch ist die Sehnsucht nach dem Vater spürbar. Gantenbrink beschreibt derb und verwendet heftige Bilder. Sie erzählt vom Vater, der in seinen letzten lebendigen Tagen die Joints durch ein Loch in der Wange geraucht hat. Die Autorin rechnet aber auch mit der Tristesse des Heimatorts ab. Der Eisenwald ist ein deutsches Kaff, aus dessen Enge der Vater stets ausbrechen wollte.

Gleichzeitig ist „Dad“ ein packender Roman über das Leben einer jungen Frau mit all seinen Herausforderungen. Das Buch handelt von Freundschaft, Liebe und allem dazwischen. Und am Ende bleibt dann die Erkenntnis, dass der Vater zumindest mit einer Sache Recht hatte: „It’s tough kid, but it’s life.“

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