Eine Jägerin und ihr Adler retten eine Insel vor der Verderbnis

Das elegante Action- und Puzzlegame „The Pathless“ ist eine wunderschöne interaktive Reise zwischen Kontemplation und Geschwindigkeitsrausch.

Von Robert Glashüttner

Eine ebenso wunderschöne wie mysteriöse Insel befindet sich in einer Art Schockstarre. Ein alter Fluch hat sich über sie gelegt und die sanften Tiergötter dieser Welt zu feuerspeienden Höllenkreaturen gemacht. Als junge Jägerin machen wir uns an die Arbeit, diesen Fluch zu lösen. Als Unterstützung steht uns ein kleiner Adler zur Seite, der für uns Gegenstände transportiert und uns über Abgründe schweben lässt. All das gibt es in einem fantastischen neuen Computerspiel namens „The Pathless“.

Weitläufige Landschaften

Vor uns liegt ein riesiges Plateau mit saftig grünen Wiesen, Wildtieren und einem Fluss, der sich durch die Gegend schlängelt. Weiter hinten ragen Berge in die Höhe, und etwas näher zu uns stehen mysteriöse Ruinen in der Landschaft. Es sind zerbrochene Steinbrücken, antike Arkaden und hohe Türme, die Geheimnisse in sich bergen. Unsere Spielfigur ist eine junge, wendige Jägerin in geschmeidiger rot-blauer Rüstung und einem speziellen Visier.

Überall hier in der Landschaft schweben kleine quadratische Objekte in der Luft – es sind Zielscheiben und manchmal auch Wegweiser. Wenn wir mit Pfeil und Bogen darauf schießen, entströmt aus ihnen magische Energie, mittels der wir in Windeseile durch Wald und Wiese sausen können. Diese Energie füllt unsere Ausdauerleiste auf. Lebenspunkte gibt es in diesem Spiel nicht. Das ist eine gelungene Designentscheidung, denn letztlich ist es einerlei, ob man etwas nicht schafft und die Spielfigur stirbt, oder sie weiterlebt, man aber die jeweilige Tätigkeit bzw. Herausforderung einfach nochmal machen muss.

Innehalten und durchstarten

Reizvoll und ungewöhnlich: „The Pathless“ ist an vielen Stellen ein Spiel zum Innehalten, das uns aber in anderen Momenten wiederum einen Geschwindigkeitsrausch ermöglicht. Durch das gleichzeitige Sprinten und Schießen, dessen Rasanz sich beim Spielen großartig anfühlt, bleibt der Ausdauerbalken immer gefüllt. Schnelle Ortswechsel sind wichtig, denn die Landschaft ist weitläufig, und noch dazu besitzen wir keine Landkarte. Stattdessen durchsuchen wir mit Hilfe unseres magischen Visiers – eine Art Wärmekamera – die Umgebung nach rot leuchtenden, verseuchten Stellen, die wir vom Fluch reinigen müssen.

Elegant und dynamisch

„The Pathless“ ist ein unglaublich elegantes und dynamisches Computerspiel. Die Steuerung – laufen, mit Pfeil und Bogen schießen, sowie springen und schweben – geht schnell in Fleisch und Blut über. Wenn wir an einem wichtigen Ort angekommen sind, wird das Game zu einem Knobelspiel. Dann müssen wir etwa in der korrekten Art und Weise Druckplatten betätigen oder Schalter aktivieren. Unser Adlerfreund hilft uns dabei, indem er etwa Gegenstände bringt und sie auf eine dieser Druckplatten legt. Belohnt wird man für ein absolviertes Rätsel mit einem Schlüssel. Die Schlüssel sind notwendig, um verdorbene Orte zu entseuchen.

Jeder Bereich der Spielwelt wird von einem gehirngewaschenen Tiergott beherrscht, dessen bösen Zauber wir durch einen fulminanten Bosskampf rückgängig machen müssen. Antreten können wir gegen diese Endgegner aber erst, sobald der Fluch im jeweiligen Abschnitt gebannt ist. Kommen wir davor dem feuerspeienden Monster zu nahe, müssen wir möglichst schnell wieder aus seiner Umgebung verschwinden und danach unseren leicht verstörten Adler aufpäppeln (putzen und streicheln).

„The Pathless“ orientiert sich ästhetisch und spielerisch an großen Vorbildern wie der „Legend of Zelda“-Serie, „Journey“ oder „Horizon Zero Dawn“ und ist dennoch ein eigenständiges, sehr stimmungsvolles Indiegame geworden. Zwar gibt es abseits der Hauptaufgabe kaum Nebenschauplätze (das Game wurde von einem kleinen Team entwickelt), doch allein das elegante Rasen durch die grünen Plateaus ist bereits ein Erlebnis für sich.