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Collage von Game-Jam-Spielen

Sebastian Standke / game-curator.com

Game Curator: Ein Füllhorn an tollen, kleinen Games, die du nicht kennst

Seit bald neun Jahren kuratiert ein deutscher Kulturwissenschaftler und Softwareentwickler unermüdlich kleine Game-Jam-Spiele. Er macht, was sonst niemand macht: aus hunderten und tausenden völlig unbekannten Computerspielen die Perlen rauszupicken und vorzustellen.

Von Robert Glashüttner

Wen man einen Einblick in Computerspielentwicklung bekommen möchte, sollte man bei einem Game Jam mitmachen oder dabei zusehen. Einzelpersonen oder kleine Teams erstellen dabei innerhalb von meist nur 48 oder 72 Stunden (in vielen Fällen über ein Wochenende hinweg) zu einem bestimmten Thema Minispiele. Natürlich sind diese Games anschließend in den allermeisten Fällen roh und unfertig, oft aber gleichzeitig auch einfallsreich und inspirierend.

Sebastian Standke

Diana Lange

Derzeit, also im Jänner und Februar, finden weltweit besonders viele Game Jams (allen voran der Global Game Jam) statt, und dabei entstehen viele, viele Spiele. Aber wer sieht sich die danach an? Da gibt es jemanden: Er heißt Sebastian Standke und er ist der Game Curator - und das schon seit bald unglaublichen neun Jahren.

Spielen, auswählen, kuratieren

Es ist ein ungewöhnliches Hobby, das der studierte Kultur-, Kunst- und Medienwissenschaftler sowie Informatiker und Softwareentwickler hat: Sebastian Standke spielt pro Jahr hunderte kleine, unkommerzielle Computerspiele, die auf Game Jams entstehen und bloggt anschließend darüber auf game-curator.com. Er hat damit bereits in den frühen 2010er Jahren begonnen, und sich ursprünglich die Einreichungen einer damals aktuellen Ausgabe der lange gedienten und populären Game-Jam-Reihe Ludum Dare vorgeknöpft: rund 1.400 Spiele waren das.

Die tausenden Game-Jam-Spiele, die pro Jahr entstehen, sind für klassische Journalisten und Journalistinnen unüberschaubar, deswegen wird quasi nicht darüber berichtet. Die Situation hat sich in den letzten Jahren sogar noch zugespitzt, weil Game Jams sehr beliebt und für viele junge Spieleentwickler und -entwicklerinnen perfekte Gelegenheiten sind, Praxis und Erfahrung zu sammeln. Sebastian Standke spielt längst nicht mehr alle Jam-Games, sondern nur noch rund ein Zehntel. Doch das ist immer noch eine irre Menge: Bei großen Jams wie dem bereits erwähnten Ludum Dare, das jährlich zwei Mal stattfindet, gibt es pro Ausgabe mehrere tausend Einreichungen.

Maximale Leidenschaft

Weil Game-Jam-Spiele in einem nichtkommerziellen Rahmen entstehen und darüber hinaus weder technisch noch inhaltlich perfekt sind, lässt sich aus ihnen so gut wie kein Geld und keine Aufmerksamkeit lukrieren. Zwar schaffen einzelne Titel immer wieder mal den Sprung vom Jam-Spiel zum kommerziellen Produkt, doch das sind wenige Ausnahmen. Weil aber auch so viele andere dieser Spiele empfehlswert sind, nimmt es Sebastian Standke in seiner Freizeit auf sich, den Gestalter*innen eine öffentliche Bühne zu bieten. Er recherchiert, spielt und schreibt zwischen drei und fünf Stunden täglich.

Best of Game Curator 2020

Einen fantastischen Überblick über die immense Vielfalt der Game-Jam-Spiele bietet Sebastians liebevoll zusammengestellte Best-of-Liste aus 2020.

Sebastian Standke ist mit einer erstaunlichen Disziplin und Leidenschaft bei der Sache, im Durchschnitt vier Stunden pro Tag für ein Freizeitprojekt. Obwohl es international nicht mal ansatzweise ein vergleichbares publizistisches Projekt wie den Game Curator gibt und auch auf Englisch gebloggt wird, ist die Aufmerksamkeit überschaubar. Das müsse man bei so einem Nischenthema eben zur Kenntnis nehmen, merkt der Game Curator im Interview mit FM4 an, fügt aber hinzu, dass es eine Weile gebraucht hat, bis er sich mit dieser Tatsache arrangieren konnte. Was ihn antreibt, sind Demut und Dankbarkeit gegenüber den Jammerinnen und Jammern, die vielfach großartige kreative Arbeit leisten.

Collage von Game-Jam-Spielen

Sebastian Standke / game-curator.com

Vor genau fünf Jahren haben wir Sebastian Standke bereits einmal auf FM4 vorgestellt. Dass er seine freiwillige, unbezahlte Kuratierungsarbeit weiterhin betreibt, ist bemerkenswert.

Jetzt, zu Jahresanfang, ist Sebastian Standke im Hocheinsatz. Weil im kommerziellen Bereich der Gameskultur noch nicht viel stattfindet bzw. veröffentlicht wird, ist es für viele Entwickler*innen die ideale Zeit, sich in Form von Game Jams neuen Experimenten zu widmen. Und so wird der Kurator im Februar wieder viele hundert Games sichten. Dann gibt es eine kurze Verschnaufpause, bis es dann im April und Mai mit dem ersten Ludum Dare des Jahres in den nächsten spielkulturellen Großeinsatz geht.

FM4 Spielekammerl-Show: Game-Jam-Special!

In der aktuellen FM4 Spielekammerl-Show (Donnerstag, 21. Jänner) wird Game Curator Sebastian Standke live ab circa 17:30 zu Gast bei Robert Glashüttner und Chris Stipkovits sein. Sebastian hat freundlicherweise auch für die Kammerlshow eine Auswahl an Jam-Games kuratiert, die natürlich bei uns gespielt werden. Die FM4 Spielekammerl-Show ist - wie jede Woche - von 17-21 Uhr live auf Twitch.tv/Radio_FM4 zu sehen. Schaltet rein, lasst euch inspirieren und chattet mit!

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