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Nier Replicant

Square Enix

Zweite Chance für ein Kultspiel

Mit dem Remake von „Nier Replicant“ bringt sein Schöpfer Yoko Taro einen Rollenspiel-Geheimtipp auf Hochglanz poliert nochmal in Umlauf.

Von Rainer Sigl

2010 ist dieses Spiel das erste Mal erschienen, jetzt ist das japanische Action-Rollenspiel „Nier Replicant“ zurück. Und zwar deshalb, weil sein direkter Nachfolger ein Welterfolg war: Das vor vier Jahren erschienene „Nier Automata“ hat sich über fünf Millionen Mal verkauft - Grund genug für eine hübschere Neuauflage des Vorgängers.

„Nier Replicant ver.1.22474487139…“, so der volle Titel, führt auch die kuriose Vorgeschichte seiner verschiedenen Versionen bei Erscheinen an ein eindeutiges Ende: Anfang der Zehnerjahre schien den Publishern der androgyn-jugendliche Held dem internationalen, also westlichen Publikum nicht heldenhaft genug, weshalb die Hauptfigur in zwei Versionen existierte: Als jugendlicher Bruder des schwerkranken Mädchens Yonah einerseits für den japanischen Markt, als ihr erwachsener und gamestypisch grimmiger Vater andererseits. Das Remake zeigt das gewachsene Selbstbewusstsein der Popkultur-Großmacht Japan: Papa Nier ist Geschichte, im Remake bin ich nur mehr als der zierliche, anime-typische Jugendliche unterwegs.

Nah am Original

Abgesehen von dieser optischen Vereinheitlichung und der grafischen Behübschung hat sich wenig verändert: Ich wandere relativ frei durch eine Science-Fiction-Fantasy-Welt, erledige jede Menge große und kleine Aufgaben, sammle Rohstoffe und kämpfe mit Schwert und Magie gegen eklige Monster. Begleitet werde ich dabei von einem fliegenden Zauberbuch, dessen trockene Kommentare immer wieder für Unterhaltung sorgen.

Das Kampfsystem wurde im Vergleich zum Original dynamischer gemacht und an jenes von „Automata“ angenähert, eine Besonderheit des Spiels ist nach wie vor, dass sich die Bosskämpfe ein bisschen wie klassische „Bullet Hell“-Shooter anfühlen und dass sich der Blickwinkel von der Third-Person-Perspektive immer wieder mal verändert - zur klassischen Seitensansicht etwa, oder zur Vogelperspektive, in der es dann auch mal ein „Sokoban“-artiges Schiebepuzzle zu lösen gibt.

Nier Replicant

Square Enix

Yoko Taro - der Mann mit der Maske

Was „Nier Replicant“ besonders macht, ist sein Schöpfer. Yoko Taro heißt der, und er ist ein Ausnahme-Gamedesigner. Wie er aussieht, weiß man nicht, denn auf Fotos trägt er immer einen riesigen Schaumstoffkopf, „weil er so hässlich sei“, wie er selber behauptet. Zum Release des Remakes scherzte er per PR-Aussendung, sein Hit „Nier Automata“ wäre nur ein Versehen gewesen und die Millionen DVDs, die Publisher Square Enix jetzt in der Hoffnung auf einen weiteren Bestseller drucken ließ, würden wohl als Frisbees enden: „Although, I mean, that does sound like fun and all...“

Yoko Taros schräger Humor zieht sich ebenso durch sein Werk wie hintergründige philosophische Themen; um die vollständige Geschichte eines seiner Spiele zu verstehen, muss man sie allesamt mehr als einmal durchspielen. Weil die Figuren komplex und die Wendungen der Story spannend sind, machen das viele Spieler*innen auch gerne - wenn man also nach etwa 20 Stunden am ersten Ende von „Nier Replicant“ ankommt, zahlen sich ein zweiter und dritter Anlauf aus - zumindest dann, wenn man eine gewisse Affinität zu JRPGs mit ihren Besonderheiten hat.

Erschienen ist „Nier Replicant“ für PS4, Xbox One und Windows; entwickelt von Vacia, vertrieben von Square Enix. Achtung: Die Windows-Version kämpft zurzeit noch mit technischen Problemen.

„Nier Replicant“ ist in seiner Neuauflage ein hübsches Spiel mit bekannt bombastischer Story, außergewöhnlich toller Musik und viel Charme geworden, das sich dank vorbildlicher Schwierigkeitseinstellungen auch für Einsteiger bestens eignet.

Nur manchmal merkt man ihm sein Alter und sein Genrekorsett ein wenig an: Die Menüführung im Hintergrund ist zum Haareraufen umständlich, und auf Grind und klassisches Fetch-Quest-Design kann auch die Neuauflage nicht verzichten. Besonders in den ersten Stunden kommt man sich nicht wie ein Held vor, sondern eher wie ein Laufbursche. Wer dran bleibt, wird aber von der tollen Story belohnt.

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