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Laura Mvula im pinken Rüschenkleid und das Cover ihres neuen Albums "Pink Noise"

Warner Music Group

„Pink Noise“: Das Comeback von Laura Mvula

Die englische Musikerin Laura Mvula begeisterte vor einigen Jahren mit dem eleganten Soul-Songwriter-Album „Sing To The Moon“. Auch der Nachfolger, „The Dreaming Room“, war eine tolle Platte, auch wenn sie nur Platz 21 in den britischen Album-Charts erreichte. Es schien aber alles vorbei zu sein für Laura Mvula. Doch jetzt feiert sie mit „Pink Noise“ ein richtig starkes Comeback.

Von Eva Umbauer

Laura Mvula fühlt sich jetzt frei, befreit statt verbittert. Obwohl, so bekennt sie im FM4-Interview, dass ihre Plattenfirma sie nach zwei Alben plötzlich nicht mehr wollte, nagte erst schon ordentlich an ihrem Selbstvertrauen. Die Dinge liefen nicht mehr ganz wie vorher. „The Dreaming Room“ - ebenso wie das Debütalbum von Laura Mvula für den großen englischen Mercury-Musikpreis nominiert - war ein fast schicksalhaftes Break-up-Album.

Laura und ihr Ehemann, der aus dem afrikanischen Sambia stammende Opernsänger Thembe Mvula, gingen auseinander. Die beiden hatten einander am Konservatorium in Birmingham kennengelernt. Laura Douglas, so Laura Mvulas ursprünglicher Name, war erst Anfang zwanzig, als sie heiratete, aber das war in ihrem behüteten, bürgerlich-konservativen, christlich-religiösen Umfeld nichts Ungewöhnliches. Einen Mann zu finden und zu heiraten bedeutete Stabilität.

Laura Douglas war schon sechzehn Jahre alt, als sie zum ersten Mal in einem Bus fuhr, sie spielte seit Jahren Klavier und Violine, sang dann im Chor ihrer Tante, den „Black Voices“, mit denen sie auch international tourte. Doch plötzlich die Scheidung ihrer Eltern, weil Lauras Vater eine neue Frau gefunden hatte. Es war für sie, als ob die letzten 25 Jahre ihrer Familie umsonst gewesen wären. Laura brach den Kontakt zu ihrem Vater ab. Im Song „Father, Father“ auf Laura Mvulas gefeiertem erstem Album, „Sing To The Moon“, geht es darum. Doch die Panikattacken, die begonnen hatten, wurden mehr. Sehr offen hat Laura Mvula in den letzten Jahren in Großbritannien über mentale Gesundheit gesprochen.

Statt, wie geplant, sechs Alben mit einer großen Plattenfirma zu machen, war also schon nach zwei Schluss für Laura Mvula. Die in klassischer Musik ausgebildete Britin mit karibischen Wurzeln hat einen Studienabschluss in Komposition. Ihre Liebe zu Orchestern, so meint Laura Mvula im FM4-Interview, hat sie vielleicht zu sehr als diese junge schwarze Frau mit dem orchestralen Songwriter-Pop stilisiert, ja, stigmatisiert. Aber sie hatte ja gar nie eine Popmusik-Karriere geplant, wollte als Lehrerin arbeiten, ein „normales“ Leben führen und nicht das eines Popstars. In Birmingham, so Laura Mvula, ist man wahrscheinlich insgesamt bodenständiger als in London, und alles ist dort - obwohl Birmingham die zweitgrößte Stadt in Großbritannien ist - langsamer, bedächtiger.

Inspiration von Prince, Michael Jackson und Kanye West

Sich für etwas Zeit zu lassen, so meint Laura Mvula, ist aber heute meist nicht sehr angesagt, es gilt als „uncool“, alles muss schnell gehen. Laura Mvula ließ die Plattenfirma, als sie endlich für einen neuen Plattenvertrag bereit war, erst einmal warten, nicht absichtlich, sondern weil sie einfach noch brauchte, um Ideen vorzuspielen. Aber, so hatte sie dort vorgebracht, ihre neuen Songs würden von Prince inspiriert sein - er war ein Fan von Laura Mvulas Musik -, von Michael Jackson, auch von Kanye West und noch ein paar mehr. Eine große Ansage. Aber Laura Mvula hat Wort gehalten. Ihr neues Album „Pink Noise“ ist eine wahre Sound-Explosion, ganz große Disco - mit dem einen oder anderen ungewöhnlichen Moment.

„Warum sich selbst limitieren?“, meint Laura Mvula im FM4-Interview. Mit der Musik, so sagt sie, ist es wie mit Kleidern, man muss nicht für immer den selben Stil haben, oder die Frisur, sie kann mal so sein, dann wieder anders. Laura Mvula ist nun Mitte 30, Songs wie „Green Garden“ - dafür gab es fast 15 Millionen Spotify-Streams - oder „She“ liegen fast zehn Jahre zurück. Laura hat diese Songs nicht weggestoßen, manche von ihrem ersten Album singt sie nach wie vor gerne, etwas abgeändert, neu arrangiert und so. Überhaupt findet sie, dass diese Zeit nicht so weit zurückliegt, auf eine Weise dann aber doch wieder.

Die Ästhetik der 80er

Und wie weit liegen die 1980er-Jahre zurück für Laura Mvula? Sie wurde Mitte der 80er geboren, ist aber total vertraut mit der Musik dieses Jahrzehnts. Laura Mvula liebt die Farbe Pink, eine Farbe, die sie auch mit den 80ern assoziiert. Sie liebt Michael Jacksons Song „Human Nature“, von seinem großen Album „Thriller“, das nicht eine Schwachstelle hatte, und sie liebt rosafarbene Sonnenuntergänge, wie man sie in Kalifornien erleben kann. „Pink Noise“ ist zum Teil in Los Angeles entstanden, und immer wenn Laura vom Aufnahmestudio heimfuhr, gab es einen dieser pinken Sonnenuntergänge.

Laura Mvula im pinken Rüschenkleid und das Cover ihres neuen Albums "Pink Noise"

Warner Music Group

„Pink Noise“ von Laura Mvula ist bei Atlantic/Warner erschienen.

„This is the album I always wanted to make. Every corner is made warm with sunset tones of the 80s. I was born in 1986. I came out of the womb wearing shoulder pads. I absorbed the dynamism of the 80s aesthetic right from my first moments on this planet.“

Der Begriff „pink noise“ bedeutet aber auch das sogenannte 1/f-Rauschen, das auch als rosa Rauschen bezeichnet wird. Es handelt sich um ein Rauschen, dessen Amplitude mit steigender Frequenz abnimmt. In der Akustik wird das 1/f-Rauschen als ein Geräusch empfunden, bei dem ein durchschnittlicher Mensch alle Frequenzbereiche des hörbaren Schallspektrums als etwa gleich laut empfindet. Das rosarote Rauschen ist eine physikalische Erscheinung bei der die tiefen Frequenzen dominieren und das Ohr alle Töne ungefähr gleich laut wahrnimmt.

In „Church Girl“ - der Song erinnt etwas an die frühe Whitney Houston - singt Laura Mvula „how can you dance with the devil on your back“, in „Got Me“ heißt es „I believe in higher things“, in „Magical“ singt sie „I can see you through that open door“, und der vielleicht gelungendste all dieser neuen Tracks von Laura Mvula, nämlich „Golden Ashes“, hat die Textzeile „please don´t let me drown again.“ Ganz ist die Klaustrophobie bei Laura Mvula noch nicht verschwunden. „Golden Ashes“ beginnt sanft-pulsierend, aber irgendwann bekommt der Beat dann etwas fast „militärisches“.

„Conditional“ ist eine Power-Ballade, „Magical“ hat einen herrlich langsamen Groove, dazu die unverkennbare Stimme von Laura Mvula, und bei „What Matters“ singt jemand mit, eine Männerstimme ist zu hören, im Duett mit Laura. Es handelt sich um Simon Neil, den charismatischen Sänger der schottischen Rockband Biffy Clyro. Laura Mvula und Simon Neil, das ist ein „match made in heaven“. Dabei hatte Laura Mvulas Team eigentlich an ein Duett mit einem schwarzen Musiker gedacht, aber, und da sind wir wieder beim Ausgangspunkt, „why limit myself?“, wie Laura Mvula sagt.

Sie wollte eine Rockstimme, irgendwer schlug schließlich Simon Neil vor, aber zuerst sollten sich Simon und Laura wohl etwas „beschnuppern“. Ach was, lehnte Laura Mvula ab, Simon ist extrem talentiert, er wird auch ohne Treffen spüren, was passend sein könnte. Hat er, und in der Zusammenarbeit mit einem Orchester ist er übrigens auch erprobt. Der gemeinsame Song „What Matters“ handelt vom Alleinsein, von einer gescheiterten Beziehung und einem letzten Funken Hoffnung. Einen letzten Funken Hoffnung hatte Laura Mvula als sie „Pink Noise“ in Angriff nahm. Das Hoffen hat sich ausgezahlt.

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