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Supporters wearing tshirts with pictures of former Bulgaria's Prime Minister and leader of centre-right GERB party Boyko Borisov

Nikolay DOYCHINOV / AFP

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Urlaubswahlen

In Bulgarien stehen die zweiten Parlamentswahlen innerhalb weniger Monate an. Jede Partei, die die Wahlen nicht gewinnt, wird dafür den Sommer verantwortlich machen und nicht sich selbst.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Während sich ganz Europa auf die Corona Lockerungen freut und daran denkt, wo es seinen Sommerurlaub verbringt, denkt Bulgarien wieder daran, wen es als nächstes ins Parlament wählt - oder so glauben es zumindest die bulgarischen Politiker. Die meisten Bulgaren sind nämlich auch in Urlaubsstimmung.

Es sind die zweiten Parlamentswahlen im Zeitraum von nur einigen Monaten, da es das letzte Parlament nicht geschafft hatte, eine Regierung zu bilden. Das ohnehin niedrige politische Interesse sinkt weiter. Dafür wird von vielen Parteien der Sommer verantwortlich gemacht.

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Die Partei des früheren Talkshowhosts und Sängers Slawi Trifonow hat bei den Wahlen im April den zweiten Platz erreicht und hofft jetzt, erste politische Kraft zu werden. Aber was wird passieren, wenn ihre vorwiegend jungen Wähler*Innen sich entscheiden, am Meer zu sein statt wählen zu gehen. Selbst, wenn es vor jeder Wahlurne einen Pool gäbe, ist das Meer immer noch anziehender. Die Politiker schlagen vor, dass man am Schwarzen Meer mobile Wahlurnen organisiert. Es ist noch nicht klar, ob gleich am Strand oder an der Bar beim Strand. Was etwa die FKK Anhänger machen werden und wo sie ihr Personalausweis zum Wählen einstecken können, bleibt ein Rätsel. Wenn diese Partei den ersten Platz nicht erreicht, wird der Sommer schuld sein.

Die Partei der ehemaligen Kommunisten, die sich heute Sozialisten nennen, ist auch besorgt. Ihre Wähler sind vorwiegend ältere Menschen. Man sorgt sich, dass sie es in der Hitze nicht zum Wahllokal schaffen. Klimatisierte Busse, die sie zum Wahllokal fahren, wären eine Lösung. Das würde Arbeitsplätze schaffen und soziale Probleme lösen.

Schwer ist es auch für die Partei des ehemaligen Premiers Borissov. Ein Großteil seiner Wähler gehört zum riesigen Verwaltungsapparat, den seine Partei in den letzten zehn Jahren aufgebaut hatte. Es ist bekannt, dass viele Beamte ihre Urlaube ganz sorgfältig planen. Wenn auch nur 100.000 der 400.000 Beamten auf Urlaub sind, ist das ganz schlecht für Borissov. Denn diese Beamte ändern ihren Urlaub nicht, es könnte ja ihre letzte Möglichkeit sein, Urlaub als Beamte zu nehmen. Denn in einer neuen Regierung wären sie wahrscheinlich keine Beamten mehr.

Die Anhänger der Partei der bulgarischen Türken sind meistens Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten. Sie würden dann lieber die Ernte einbringen und nicht wählen gehen, selbst wenn sie von den Parteiverantwortlichen dazu genötigt werden. Diese Wähler werden merken, dass ihre Partei sich nur dann um sie kümmert, wenn gerade Wahlen kommen. Sie gehören zur niedrigsten Einkommensschicht und ihre politischen Vertreter sind einige der reichsten Männer in Bulgarien.

Und so wird jede Partei, die die Wahlen nicht gewinnt, den Sommer dafür verantwortlich machen. Und nicht sich selbst.

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