FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Dying Light 2

Techland

„Dying Light 2“: Die volle Apokalypse

Das Open-World-Spiel „Dying Light 2 - Stay Human“ stopft auch seinen neuen Spielplatz so voll mit Zeug, dass manches leider nicht mehr reinpasst.

Von Rainer Sigl

Zombies und Open-World-Spiele haben so einiges gemeinsam. Sie treten in Massen auf, sind nicht umzubringen und riechen schon etwas streng. Das First-Person-Spiel „Dying Light 2 - Stay Human“ hat allerdings etwas, was es besonders macht, und das ist die Bewegungsfreiheit. Als akrobatischer Parkour-Athlet renne und springe ich hier so elegant über die Dächer dieser fiktiven europäischen Großstadt, dass ich hin und wieder fast auf die Zombies vergesse, die überall herumlungern.

Abgesehen davon gibt es wenig, was diese Apokalypse anders macht: Es gibt eine Reihe von mutierten Superzombies, die nur nachts für Stress sorgen, miteinander verfeindete Grüppchen von Überlebenden und pittoreske Mangelwirtschaft - man kennt das.

Voll und belanglos

„Dying Light 2“ erzählt eine ambitioniert beginnende, letztlich aber eher belanglose und wirre Geschichte mit großteils auswechselbaren Figuren sehr traditionell in Cutscenes und auch sonst setzt es auf Konventionen des Open-World-Genres, die Optimist*innen schon seit „Breath of the Wild“ vergeblich überwunden sahen. Dazu gehört die übergroße Menge an Beschäftigungsangeboten. In jedem zweiten Haus warten Missionen oder Collectibles, kaum eine Minute, in der ich selbst auf dem höchsten Dach nicht von Zufallsmissionen gelockt werde.

Trotz dieses Überflusses streckt „Dying Light 2“ durch spielmechanische Schikanen seine Laufzeit aber noch weiter: Das Durchsuchen buchstäblich jedes einzelnen Mülleimers nach Materialien ist hier Pflicht, und bis ich einige essentielle Kampf- und Parkourskills freigeschaltet habe, warten etwa zehn Spielstunden, in denen das Spiel eigentlich mit seinen größten Stärken geizt. Richtig Spaß an der Bewegungsfreiheit darf also nur haben, wer sie sich durch mehrere Stunden Reingrinden verdient hat. Zusätzlich zerbröseln genau wie in Teil 1 auch die massivsten Nahkampfwaffen auf absurd komische Weise nach wenigen Hieben und lassen dadurch ständiges Inventory-Management nötig werden. Das Realismus-Argument mag dafür wohl niemand mehr bemühen.

Dying Light 2

Techland

Mehr ist weniger

„Das Spiel ‚Dying Light‘ schickt uns mit schwerem Rucksack in eine Stadt voller Zombies“, habe ich 2015 in meiner Rezension zum ersten Teil geschrieben, und es hat sich nichts geändert - im Gegenteil. Die eine oder andere Spielmechanik ersatzlos zu streichen, hätte „Dying Light 2“ eindeutig gut getan; doch schon ein vor Release veröffentlichter Tweet seines Marketing-Teams hat recht klar gemacht, dass es hier vor allem um Masse geht: 500 Stunden Spielzeit würde man für dieses Spiel benötigen, prahlte man dort. Auf die ungläubigen Nachfragen musste man einräumen: Wer nur die Hauptquest spielt, kommt auch in 20 Stunden ans Ende, die absurde Zahl von 500 Stunden gilt nur für jene, die das Spiel systematisch bis in jeden letzten Winkel auf Aktivitäten abgrasen würden. „Dying Light 2“ wäre weitaus besser, hätte man den Mut gehabt, auch nur die Hälfte dieser Beschäftigungsangebote ersatzlos aus dem Spiel zu kicken.

„Dying Light 2 - Stay Human“, entwickelt und vertrieben von Techland, ist für Windows, PS4/5 und Xbox One/Series erschienen.

Es ist zum Haareraufen: „Dying Light 2“ versucht mit ehrlicher Ambition, das meiste aus seiner Prämisse herauszuholen. Genau das ist sein Problem: Ein Spiel, das so vollgestopft ist, hat einfach Mühe, sowohl seinem Thema als auch dem Versprechen seines Genres vollends gerecht zu werden. „Dying Light 2 - Stay Human“ ist kein schlechtes Spiel. Wer allerdings sowohl von Zombies als auch von Open World nach Schema F genug hat, hat keinen Grund, seine Zeit in diese Postapokalypse zu investieren.

mehr Game:

Aktuell: