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Queere Rom-Com „Bros“: Billy Eichner kann nicht nur Straße

In „Bros“ liefert der amerikanische Comedian Billy Eichner einen Film, in dessen Kern es um die Beziehung von zwei Männern miteinander geht. Damit ist der Film ein Meilenstein in der Filmgeschichte. „Bros“ ist die erste Rom-Com eines großen Hollywoodstudios, deren Cast fast ausschließlich aus LGBTQ+-Schauspieler*innen besteht. Das Ergebnis ist zudem auch noch sehenswert!

Von Philipp Emberger

"Cis White Gay Man Of The Year” Mit diesem Titel darf sich der schwule Podcast-Moderator, Aktivist und Museumskurator in spe Bobby Lieber (Billy Eichner) in „Bros“ schmücken. Ob Eichner eine ähnliche Auszeichnung in der Realität auch irgendwann sein Eigen nennen darf, bleibt abzuwarten. Mit seinem Streetcomedyformat „Billy On Street“ hat er sich in der Vergangenheit nicht nur Freunde gemacht. Was wohl auch daran liegt, dass der Comedian darin gerne mal unschuldige Passanten auf den Straßen New Yorks überrumpelt, sie mit Fragen zu Popkultur überfällt und ihnen Preisschätzfragen entgegen brüllt. Die gute Nachricht deshalb gleich vorneweg: Selbst wer mit Billy Eichner seine Probleme hat, kann man mit „Bros“ Spaß haben. Versprochen!

Das liegt nicht nur daran, dass auch in „Bros“ fleißig über Popkultur gesprochen und darauf referenziert wird. Gastauftritt von „Will & Grace“-Star Debra Messing inklusive! „Bros“ überzeugt vor allem dank seines gelungenen Drehbuchs. Die grundlegende Handlung haben wir zwar schon mehr als einmal auf der Leinwand gesehen, „Bros“ macht aber mehr daraus. Mit Bobby steht ein konstant trauriger Mann im Zentrum der Story. Er hüpft von einem bedeutungslosen Sexdate zum nächsten. Die große Lebenserfüllung sieht anders aus. Sein Love Interest Aaron Shepard (Luke Macfarlane) hingegen ist in mehrfacher Hinsicht das Gegenteil von Bobby. Macfarlane gibt den durchtrainierten schwulen Mann, der erfolgreich als Anwalt arbeitet und in der schwulen Datingwelt eher wenig Probleme hat. Wem diese Figuren jetzt erstmals oberflächlich erscheinen: „Bros“ liefert auf diesen Vorwurf selbst die Antwort: "rather be a cliche than miserable“ heißt es da an einer Stelle.

In einem Punkt sind sich die beiden Männer aber einig. Mit Beziehungen haben sie sich in ihrem Leben bisher schwergetan. Dennoch probieren die beiden Männer, ihre alten Lebensgewohnheiten abzustreifen und miteinander eine Beziehung zu führen. Und das trotz der Unterschiede, wie sie ihre Homosexualität ausleben können und wollen.

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Aaron (Luke Macfarlane) und Bobby (Billy Eichner) versuchen miteinander, eine Beziehung zu führen

Grindr, Poppers & Co

Die große Stärke ist, was der Film aus den Figuren macht. Die gezeigte Lebensrealität von Bobby und Aaron ist authentisch. Das führt dann auch dazu, dass die Punchlines schon mal direkt dorthin gehen, wo es für die queere Community schmerzhaft ist. Lieber ist als Museumskurator für das neu eröffnende LGBTQ+-Museum in New York City zuständig. Die Boardmeetings verlaufen aber nur so mittel-harmonisch. Das liegt vor allem daran, dass sich die verschiedenen Vertreter*innen der LGBTIQ+-Buchstaben ordentlich in die Haare kriegen und ihre eigene Perspektive zur einzig gültigen erklären. In Szenen wie diesen haut der Film humortechnisch ziemlich drauf.

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„Bros“ zeigt eine Weihnachtsfeier, die etwas mehr Spaß macht

Der Humor erinnert an die Filme Judd Apatows, King of 2000er-Komödien. Wenig verwunderlich: Er ist als Produzent on Board. Es ist übrigens auch gar nicht unbedingt notwendig, schon mal selbst seine Zeit auf Grindr verschwendet zu haben. Klar, wer weiß, was Poppers sind, ist ein wenig im Vorteil, aber der Film funktioniert auch ohne umfangreiches queeres Dating-Know-how. Wem hier unangenehm ist, wie Sexdates dargestellt werden: It’s on you. „Bros“ gelingt es nämlich, sich in den richtigen Momenten selbst nicht allzu ernst zu nehmen und dafür in anderen Szenen, ernste Themen mit dem richtigen Ton anzusprechen.

Meilenstein queerer Filmgeschichte

Regisseur und Co-Drehbuchautor Nicholas Stoller und Comedian Billy Eichner gelingt mit „Bros“ ein Meilenstein der queeren Filmgeschichte. Bei dem rund zweistündigen Film handelt es sich um die erste Rom-Com eines großen Hollywoodstudios mit schwulen Männern in den Hauptrollen. Darüber hinaus besteht fast der komplette Cast aus LGBTIQ+-Personen.

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Die Meetings des neuen LGBTQ+-Museum verlaufen nicht immer harmonisch

Diese Metaebene haben Eichner und Stoller gleich selbst in den Film eingebaut. Bobby soll im Film ein Drehbuch für eine queere Rom-Com schreiben, die auch beim heterosexuellen Publikum gut ankommt. Genau das war auch der Plan von „Bros“. Der Versuch ist aber ordentlich in die Hose gegangen. In den USA waren die Einspielergebnisse enttäuschend-katastrophal. Das im amerikanischen Markt wichtige Startwochenende gilt als bombed. Eine Debatte, ob das am ausbleibenden heterosexuellen Publikum lag, folgte auf dem Fuß. Die Hoffnungen von Universal liegen nun auf dem internationalen Publikum.

Das bekommt dann einen sehenswerten, witzigen, schlauen, teilweise deftigen, aber verdammt unterhaltsamen Film zu sehen. „Bros“ wird es auch bestimmt in etliche „Diese 10 queeren Filme musst du gesehen haben“-TikToks schaffen. Zurecht.

Kinostart: 27. Oktober 2022

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