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Mieze Medusa

Sabine Pichler

buch

„Wir haben Spielraum, wir haben Gestaltungsraum!“

Aurtorin, Rapperin, Slammerin Mieze Medusa über Feminismus, Kooperation und Hip Hop in ihrem neuen Roman „Was über Frauen geredet wird“.

Von Boris Jordan

Boris Jordan/FM4: Also, es stellt sich die erste Frage von selber - Was wird über Frauen geredet?

Mieze Medusa: Allerhand. Im Roman geht’s eigentlich drum, was Frauen machen, während über sie geredet wird, vielstimmig, aber mit einem lauten und bestimmenden Tonfall. Und die Idee ist auch ein bisschen gewesen, drüber nachzudenken, ob überall das Gleiche geredet wird. Das ist schon eine Grundidee vom Roman, dass das Wort „Frau“ in Innsbruck und in Wien nicht unbedingt das Gleiche heißt - oder zumindest eine andere Schwingung hat.

BJ: Inwiefern?

Mieze Medusa: Dass der Spielraum in Wien schon größer ist und die gesellschaftliche Sichtbarkeit. Und dann muss man auch dazu sagen: Es ist schon eine Tiroler Eigenart - und ich sage das liebevoll - dass wenig, aber in einem strengen Tonfall gesprochen wird. Das ist ja auch wahr.

BJ: Das führt mich zu einer Zwischenfrage, warum du dir die Orte Wien und Innsbruck ausgesucht hast. Ich weiß, dass du in Innsbruck studiert hast und auch jetzt schon länger in Wien lebst. Abgesehen davon, dass du sie kennst, stehen sie doch für etwas innerhalb Österreichs, diese beiden Orte?

Mieze Medusa: Ich habe in Innsbruck studiert, weil ich in Innsbruck studieren wollte und nichts über Innsbruck gewusst habe. Und es hat sich später als wahr herausgestellt, dass der Rest von Österreich gar nicht so viel über Tirol weiß. Und ein bisschen war es die Folge der Pandemie, als auf einmal so viele Stimmen aus Tirol medial nach außen gedrungen sind, es waren nicht immer die Klügsten. Und das hat mich drauf gebracht, dass ich das Gefühl hatte: Ja, es gehört doch erzählt.

BJ: Das heißt, es ist keine allgemeine Provinz Geschichte, sondern eine spezifisch tirolerische, vom Tourismus, von einer sportlichen Konformität geprägte Realität?

Mieze Medusa: Ich möchte sagen, das Wort „Provinz“ in Bezug auf Innsbruck hast du verwendet. Ich hätte das nicht so gesagt. Ich habe mir schon bewusst eine Stadt ausgesucht. Das war mir schon wichtig. Und Innsbruck ist eine Stadt. Es ist eine junge Stadt. Es gibt wahnsinnig viele Studierende in Innsbruck. Und dafür, wie viele Studenten und Studentinnen in der Stadt sind, ist es eine sehr sportliche, auf Jus und Wirtschaft und Medizin ausgerichtete Stadt. Und das ist auch was Besonderes. Das macht auch die Situation von Laura, einer der Figuren aus dem Roman, so speziell, weil sie was anderes sucht und noch gar nicht weiß, wo sie da hinkommen kann.

BJ: Die typische Tirolerin, die zwar so nahe an diesen ganzen Natur- und Sportressourcen wohnt, aber sie eigentlich nicht wahrnehmen will.

Mieze Medusa: Und im Vergleich zu Rest Österreich wahrscheinlich relativ oft am Berg ist, weil er eh so nah ist, und es dann eh ein bisschen genießt, aber im Prinzip was anderes will. Ja.

BJ: Die zweite Frage wäre natürlich an die erste anzustellen: Was reden die Frauen zum Beispiel in deinem Buch?

Mieze Medusa: Es ist nicht so, dass nur das Patriarchat über Frauen redet. Frauen beteiligen sich an diesem Gespräch auf unterschiedliche Arten und Weisen. Und sie werden auf jeden Fall von diesem Gespräch geprägt. Gerade auch wieder beim Wien Part: da ist die Hauptfigur Fred, die ist Mitte/ Ende 40, und mit Mitte/ Ende 40 hat man im Idealfall schon mehr Menschen kennengelernt als mit Anfang 20. Und das heißt, die Verbindungen, die sie hat, sind einerseits quer durchs Land, auch über die Ländergrenzen natürlich hinaus - aber es sind auch Verbindungen, die brüchig geworden sind. Man hat auch mit Mitte Ende 40 wahrscheinlich schon mehr Streit gehabt als mit 20, und auch darum geht es: Bleibt mein Ich gleich, verändere ich mich? Ich habe versucht, die Figuren zu zeigen in Relation zu anderen Figuren. Ich habe wirklich Freude an den Dialogen gehabt. Ich habe Freude gehabt am Schreiben von Figuren, die sich kennenlernen oder schon so lange kennen, dass Gespräche auch wieder neu werden. Und das hat mir Freude gemacht.

Der umgekehrte „Bechdel Test“

BJ: Es gibt unfassbar viele Figuren in deinem Buch, die meisten sind Frauen. Zumindest solche, die die, die agieren, die was weiterbringen, die ihre Wünsche äußern. Meistens Frauen. Männer sind als Staffage angeordnet - Es würde vielleicht einen umgekehrten „Bechdel Test“ nicht bestehen. Sie könnten verschiedener nicht sein: Verschiedene Altersgruppen, verschiedene Wohnorte, verschiedene sexuelle Präferenzen, verschiedene Auffassungen von Arbeit, von Kunst, von Freiheit. Wie oder warum finden sich die?

Cover

Residenz Verlag

„Was über Frauen geredet wird“ von Mieze Medusa ist im Salzburger Residenz Verlag erschienen

Mieze Medusa: Den umgekehrten „Bechdel Test“ bestehts natürlich mit Absicht nicht, weil mir die Idee so Spaß gemacht hat, das zu spiegeln und umzudrehen. Die Männer im Roman, die ja auch vorkommen, die Figuren sind, sind vielleicht einfach auch damit beschäftigt, Geld zu machen, Karrieren zu machen oder nicht abzuheben, oder Vorstellungen zu haben, was man am Telefon dann sagen muss, wenn man anruft. Sie finden sich aus einer Mischung aus zwei starken Aussagen. Einerseits ist Österreich ein wahnsinnig kleines Land, man läuft sich über den Weg, und andererseits suchen sie. Sie sind tatsächlich offen. Sie haben Türen, durch die sie gehen wollen und wo sie auch neue Wege suchen. Es gibt ja auch eine, eine fast dritte Hauptfigur, es ist eigentlich eine halbe Nebenfigur, das ist Milla Yolo Bitch, eine junge Sängerin und Rapperin, und ich wollte ein Netzwerk sichtbar machen, das selten zu sehen ist, nämlich eines, das unter den offiziellen Medien- mit wenig Sichtbarkeit, aber wahnsinnig gut vernetzt ist. Und ich glaube, These, dass jede österreichische Rapperin österreichweit, oder zumindest in einigen Bundesländern, von engagierten Frauengruppen gebucht wurde, bevor der erste mediale Artikel irgendwo war. Und ich weiß das von mir, ich weiß das von Yasmo, ich weiß das aus einem Interview von Esra Ösmen Von EsRap, Und ich glaube, es ist bei allen so. Dieses Netzwerk von Frauen, die reden, die suchen, die in Kontakt bleiben, das wollte ich auch ein bisschen beschreiben, ohne dafür einen Namen zu finden.

Das Netzwerk als bestimmende Sache

BJ: Du bist ja nicht nur, wie gesagt, Rapperin, Poetry Slam Autorinnen, sondern auch große Netzwerkerin. Es steht auch in deiner Danksagung, dass die Kunst Gemeinsamkeit braucht, Kooperation, dass sich die Leute sozusagen unterstützen müssen, denn, wie du sagst, dann entsteht mehr ein Sog als ein Druck, und das braucht man mehr. Das heißt, das Netzwerk ist die bestimmende Sache in deinem künstlerischen Leben?

Mieze Medusa: Das Netzwerk ist, glaube ich, eine bestimmende Sache in allen Leben. Nur gibt es ein Monopol auf Netzwerke, und das wäre wieder mal das Patriarchat, ein großes Wort.
Die Seilschaft. Genau diese Seilschaft ist ja auch nichts anderes als ein Netzwerk. Und die Seilschaft ist ein bisschen würde ich sagen, bösartig und gewichtet. Das ist es in dem Buch hoffentlich nicht. Was wirklich toxisch ist, ist der Begriff vom gerne männlich definierten „Genie“. Eine Person, die einsam in der eigenen Genialität aus sich selber heraus Kunst schafft.

BJ: Wie Christine Lavant?

Mieze Medusa: Das ist die einzige, der ich das glaube. Aber die hat auch ein Netzwerk gehabt. Aber sie wäre ein Beispiel dafür, wie hart ein Leben ist, wenn die Welt so tut, als gebe es keine Redeberechtigung für eine Frau. Und dass sie das in irgendeiner Form mit so einem großen OEuvre verstanden hat, davor kann man überhaupt nur den Hut ziehen.

Feminismus

BJ: Wie man bereits ahnen konnte, ist dein Buch „Was über Frauen geredet wird“ eindeutig ein feministisches Buch. Hast du eine eigene Version von Feminismus für dich?

Mieze Medusa: Ich hoffe, dass der Roman da Antworten darauf gibt. Weil ich versuche sichtbar zu machen, die Fallen, die uns gestellt werden. Ich spreche auch darüber, dass es Milla Yolo Bitch passiert und das ist ganz sicherlich mir auch passiert, und ich kenne es von so vielen anderen Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen oder Kunst machen oder was Vergleichbares: Dass wir Lob bekommen, aber während eine Kollegin ausgespielt wird, quasi: Du gefällst mir voll gut, du gefällst mir viel besser ... Und dann kommt da ein anderer Name von einer Künstlerin, die das gleiche macht oder was ähnliches macht, aber nie der Name von Kollegen von männlichen. Und aber auch: du gefällst mir besser, als - warum nicht sagen, du gefällst mir gut, ich empfehle dein Buch weiter. Das wäre quasi positiv formuliert. Aus diesem Konkurrenz Gedanken auszusteigen und zu sagen, dass eine Kollegin sichtbar ist und Erfolg hat, macht mir meinen Beruf leichter, weil je mehr wir sind, desto mehr Raum ist für alle - das ist eine wichtige Lektion.

BJ: More bands like us!

Mieze Medusa: Ja, ja, ja.

BJ: Ist die Hip Hop Szene noch sexistischer als die Gesamtgesellschaft?

Mieze Medusa: (Pause) Nein. Aber sie verbirgt es weniger. Was am Hip Hop so mühsam war und am Sexismus im Hip Hop so wahnsinnig mühsam war, ist, dass der problematische Anteil im Hip Hop dazu verwendet wurde, um Sexismus gesellschaftlich wieder gangbar zu machen. Das waren dann die berühmten Songs, die wichtigen Playlists, das waren dann die Acts, die für die Wiener Festwochen Eröffnung gebucht werden müssen und hin und her - Der Teil war für mich immer mühsamer als der Club selber. Dass quasi in der Nähe vom Club gerne auch intellektuelle Männer zu mir hergekommen sind und gesagt haben „Hast gehört, was der gesagt hat, das war ja voll gut gereimt, voll gute Rap Technik“ - und der Satz war aber wirklich eine Vergewaltigung oder was ähnliches oder eine Herabwürdigung einer Frau. Und den Teil fand ich immer mühsamer. Und deswegen bleibe ich bei meinem Nein.

BJ: Die Frauen in deinem Buch verfolgen verschiedene Interessen, verschiedene Träume. Sie haben vielleicht gemein, dass sie alle einen Traum haben. Ist es immer noch so, dass den Frauen die Träume weniger zugestanden werden als den Männern? Weil du gesagt hast, die Männer zum Beispiel sind damit beschäftigt, Geld zu machen, das Richtige zu tun, weiterzukommen, wen anderen auszuschalten - während die Frauen tatsächlich sagen:" Ich würde das gern machen", „ich würde das gern tun“, „ich gehe jetzt dahin und fang das an“ .... Mir kommt vor, es sind eher die Männer, die Visionslosen in dieser Erzählung.

Mieze Medusa: Ich sehe natürlich im Vergleich zur Generation meiner Mutter und meiner Tanten zu jetzt einen großen Fortschritt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich den gleich großen Fortschritt in der Generation, die meine ist, zu der nächsten jüngeren Generation sehe.

BJ: Inwieweit?

Mieze Medusa: Dieses „Ich möchte gerne“, „ich würde gerne“ ist ja eigentlich oft eine formulierte Frage im Sinne von „Traust du mir das zu?“, „Habe ich deine Erlaubnis?“ Du, mach’s einfach. Wenn schiefgeht, wie es wird, wird dir etwas anderes einfallen. Im Vergleich zur Generation meiner Mutter haben sehr viele Frauen, unter anderem auch Johanna Dohnal, sehr viel für uns weitergebracht. Johanna Dohnal hat es nicht alleine gemacht, aber hat sie gut gearbeitet, wow!. Wir haben jetzt das Recht auf ein eigenes Konto. Wir haben das Recht, nach der Eheschließung berufstätig zu bleiben, auch wenn der Mann dagegen ist. Wir haben das Recht, die Zeugnisse der Kinder selber zu unterschreiben. Und so weiter und so fort. Wir haben nicht das Recht - oder wir haben das Recht, aber wir haben nicht die Realität - dass wir bei einem Vorstellungsgespräch für einen Job ernst genommen werden, wenn wir sagen, wir sind die nächsten fünf Jahre für den Job da, und wenn ich ein Kind bekomme, kümmert sich mein Partner drum, denn das wird nicht geglaubt werden. Und in dem Teil geht gar nichts weiter. Und der Teil ist aber wichtig für für Vielfalt und für Karrieren und für die Verhinderung von Altersarmut und so weiter und so fort. Mir geht es auch darum zu sagen: Trau dich, Entscheidungen zu treffen. Trau dich, hinzufallen. Es passiert nix, außer es passiert was. Aber ein bisschen Glück zum Leben braucht es ja ohnehin. Da wollte ich Input geben, mir selber und allen, die es lesen, sehr viel von den Figuren, von den Gesprächen und von den Ideen sind meine Idee, aber basierend auf Gesprächen, die ich ganz oft mit anderen Frauen geführt habe, unterschiedlicher Generationen.

Optimismus

BJ: Wir kennen uns ja persönlich, und ich habe dich immer als sehr tatkräftigen und optimistischen Menschen in Erinnerung. Ist es überhaupt mit einer Erzählung von Frauen, die anstehen und möglicherweise an ihren Träumen zu scheitern drohen, überhaupt vereinbar?

Mieze Medusa: Ich glaube, mit Optimismus kann man auf ganz viele Sachen schauen, die schmerzen. Der Keim für dieses Buch ist glaube ich, auch entstanden vor einer Regierung, als wir eine rechts- rechtskonservative Regierung hatten, und ich zuschauen musste, wie innerhalb von zwei Jahren Sachen ins Wanken gekommen sind und umgebaut wurden, die ich für unmöglich gehalten hätte, und das ohne jede Notwendigkeit: Sie waren sich einig und sie waren schnell und das hat schon dem Optimismus was zu Kauen gegeben.

BJ: Aber es hat deinen Optimismus, deinen Vorwärtsdrang, deinen Glauben an den Wandel der Welt in Richtung Gutes nicht erschüttert, dass alles rundherum irgendwie sich sozusagen in die backlash Richtung entwickelt.

Mieze Medusa: Na ja, erschüttert ... Was ich ganz wichtig finde ist, dass man dem nicht nachgibt, diesem verführerischen Klang des Satzes: Wir haben ja eh keine Macht. Alle, die im Leben irgendwas geändert haben, haben es im Widerspruch zu diesem Satz gemacht. Sie haben es nie alleine gemacht. Sie haben es nie mit einem Auftritt oder mit einem Essay oder mit einem politischen Akt gemacht, sondern sie haben es mit kleinen Schritten, Wiederholung, noch mal Wiederholung, noch einmal Wiederholung, noch mal Wiederholung gemacht. Und ja, nicht alleine und nicht glauben, dass man es alleine machen muss. Vielleicht auch und sagen Ja, ich, ich, ich und mein kleines Tagwerk ist hier und hier sind noch andere und wird schon. Aber es nützt ja auch nichts. Ich kann nicht sagen Oh my God, Klimakatastrophe, und sowieso sind alle korrupt! Was habe ich denn davon? Also ich kann doch auch genauer hinschauen und sagen Wo sind denn die Kipppunkte, wo ich sagen kann, da komme ich noch irgendwie hin, da kann ich noch jemandem ein Mail schreiben, da kann ich noch jemanden motivieren, da kann ich noch... Das ist doch klüger, oder? Mir erscheint es klüger zu sein. Also ich habe ja auch auch nur ein Leben, das ich ausprobiere.

BJ: Und vor allem ist es wahrscheinlich gesünder, auch psychisch als als jeden Tag sich nach unten ziehen zu lassen.

Mieze Medusa: Ja, aber das entscheidet man, glaube ich, nicht selber. Da habe ich vielleicht einfach Glück gehabt und dafür bin ich dankbar.

BJ: Du hast ihr das Buch zwar nicht gewidmet, aber du dankst ausführlich deiner kürzlich verstorbenen Mutter, die tatsächlich zu einer vorfeministischen Generation zählt und die ohne die von dir genannten Errungenschaften der 70er Jahre aufwachsen musste. Inwieweit haben die Erfahrungen dieser Frauengeneration dein feministisches Bild geprägt? Weil das ist, wie man eben gehört hat, denkst du ja nicht nur über dich selbst nach oder deine Generation oder die jüngere, sondern auch darüber nach, was die Frauen im 20. Jahrhundert so erkämpft haben. Ist dir das ein ja das Anliegen, das Historische am Feminismus?

Mieze Medusa: Selbstverständlich, weil es interessant ist und Mut macht. Und man muss ja auch Erfolge feiern. Da muss man auch sagen, da wurde was weitergebracht von sehr vielen klugen Frauen. Aber auf einer privaten Ebene ist die Antwort ein bisschen anders. Wahrscheinlich bin ich nicht die einzige Tochter, die ein bisschen länger gebraucht hat, als nötig gewesen wäre, um festzustellen, dass die eigene Mutter Feministin ist. Sie ist wirklich vor Johanna Dohnal geprägt. Meine Eltern haben relativ spät Kinder bekommen und ich bin auch das Jüngere und das war für mich in der Pubertät gar nicht und auch als junge Erwachsene erst langsam erkennbar, bis ich irgendwann draufgekommen bin. Ich habe an der Uni die Anglistik Amerikanistik in Innsbruck etwas über Consciousness raising groups in New York gelernt und bin dann irgendwann draufkommen meine Mama hat das im Dorf doch auch. Das sind auch Frauen, die sitzen zusammen und tauschen sich aus und reden über den Alltag und engagieren sich politisch. Und das war echt ein Knackpunkt. Und schön, dass ich das Glück hatte, dass meine Mama so lange gelebt hat, dass wir das noch wussten, voneinander, dass wir das wissen. Und das war schon gut.

Innsbruck Vibes

BJ: Ich muss noch kurz zu Innsbruck. Es ist auffällig, dass diese doch vielleicht recht hübsche, aber nicht übertrieben glamouröse Stadt der Mittelpunkt der Hälfte dieser Geschichten ist. Du wolltest eine Erzählung über diese Stadt machen, nicht nur, weil du sie kennst, sondern du hältst auch was Spezifisches davon. Es ist, wie du gesagt hast, eine junge Stadt, die keine Jugendkultur duldet, eine diskursfeindliche Leutseligkeit, ziemliche Widersprüche, die sich da in diesen, in diesem Tirol Porträt ergeben. Weil Sie das jetzt persönlich sich fragen solltest, ob du selbst dir vorstellen könntest, dort zu leben, ob du gern dort gelebt hast, was dir abgegangen ist etc.. Aber im Allgemeinen, sagen wir mal als Beobachterin Was ist das spezifischste daran? Warum kann die Geschichte nicht in Klagenfurt spielen? Oder in Graz? Oder in Heidelberg?

Mieze Medusa: Ich hab wahnsinnig gerne in Innsbruck studiert. Ich würde nicht mehr in Innsbruck leben. Ich würde aber in Österreich nirgends mehr leben außerhalb von Wien. Ich bin bekennende Großstadt Mensch und da gibt es nur eine Stadt in Österreich und fertig. Es hat wirklich mit diesen politischen Äußerungen dieses offiziellen Tirols in der Pandemie zu tun. Ich bin nach dem Studium mit mit der Innsbrucker Szene, vor allem der Poetry Slam und der Literaturszene, aber insgesamt in Kontakt geblieben, ich bin oft dort, ich trete dort oft auf, ich mag die Stadt wahnsinnig gern und mir ist aufgefallen, dass- bei diesen offiziellen Äußerungen- es eine seltsame Mischung in den sozialen Medien gab. Von den Innsbrucker Kulturschaffenden, die einerseits natürlich verurteilt haben, was gesagt wurde, aber irgendwie auch irritiert waren von von der Häme, die über Tirol ausgeschüttet wurde und sich da mit gemeint gefühlt haben. Was ich interessant fand, weil ich persönlich fühle mich nicht zuständig für die offizielle Wien Politik. Darin unterscheidet sich Innsbruck. Es ist ein Teil von Tirol und die eine Stadt von Tirol- und ist da insofern vielleicht in einer ähnlichen Rolle wie Wien mit Österreich. Und das ist sich dann irgendwie gut ausgegangen. Ich möchte dazu sagen, die Tiroler Poetry Slam Szene ist die queerfeministischste Österreichs. Wir haben Spielraum und wir haben Gestaltungsraum. Und das lohnt sich schon.

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