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Kinderlos for Future

Wer die Zukunft retten will, muss auf die Zukunft verzichten - zumindest auf die menschliche Zukunft, sagen einige Klima-Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen. Andere wiederum verzichten auf Kinder, um sie vor der Zukunft zu beschützen. Wie der Antinatalismus in der Klimakrise Karriere macht.

Von Ali Cem Deniz

Sie sind oft ein Klassiker vieler dystopischer Filme und Serien: Babies. Selbst in der Zombie-Apokalypse von „The Walking Dead“, die in der unlebenswertesten aller Welten spielt, muss Protagonist Rick Grimes seine Tochter Judith ständig vor den Untoten retten. Als Zuschauer*in fragt man sich bei solchen Geschichten immer wieder, warum man eigentlich in dieser Welt noch Kinder bekommt.

Keine Zukunft für Kinder

Für die kleine Aktivist*innen-Gruppe „BirthStrike“, die sich 2019 zeitnah zu Extinction Rebellion gebildet hat, leben wir bereits in einer solchen Welt. Nach dem Besuch eines Workshops von Extinction Rebellion war „BirthStrike“-Gründerin Blythe Pepino klar, dass sie in dieser Welt keine Kinder bekommen will. Als „antinatalistisch“ will sie ihre Bewegung aber nicht bezeichnen, denn es gehe nicht darum, die Menschen davon abzuhalten, Kinder zu bekommen, sondern ihnen klarzumachen, wie dramatisch die Folgen der Klimakrise sein werden.

Etwas radikaler ist Les Knight, der sich vorgenommen hat, mit „zwangsfreien“ Mitteln die Auslöschung der Menschheit zu erreichen. 1991 hat Les Knight die „Voluntary Human Extinction Movement“ gegründet, die Menschen dazu ermutigen will, kinderlos zu leben und zu sterben. Der Highschool-Lehrer und Umweltaktivist versucht seit den 1970ern die Überbevölkerung der Erde zu stoppen. Bereits mit 25 Jahren hat er sich einer Vasektomie unterzogen, um sicher zu gehen, dass er keine Kinder zeugen kann. Auch er sieht sich nicht als Antinatalist, aber er ist überzeugt, dass die Menschen als Spezies dem Planeten schaden und dass die Welt ohne Menschen, eine bessere wäre.

Die Angst vor zu vielen Menschen

In den 1970er Jahren ist der berühmte Bericht des „Club Of Rome“ erschienen, der bereits damals vor dem Klimawandel warnte und der heute noch für seine wachstumskritischen Positionen bekannt ist. Viele denken da an das Wirtschaftswachstum, doch für den „Club of Rome“ spielte das Bevölkerungswachstum ebenfalls eine kritische Rolle. So empfiehlt die NGO unter anderem eine Ein-Kind-Politik und Prämien für Frauen, die sich entscheiden, nur ein Kind zu bekommen.

Noch drastischer warnte 1968 das Buch „The Population Bomb“ von Paul und Anne Ehrlich. Die beiden Biolog*innen prophezeiten darin ein rasantes Bevölkerungswachstum, das zu massiven Hungersnöten und zum Weltuntergang führen würde. Ihre Prognosen sind nicht eingetreten und die meisten Expert*innen gehen davon aus, dass die Weltbevölkerung zwar weiterwachsen wird, aber aufgrund fallender Geburtenraten irgendwann ein Plateau erreichen wird. Nichtdestotrotz lebt die Idee der Überbevölkerung des Planeten in Teilen der Klimabewegung weiter. Allerdings geht es dabei nicht um die Frage, wie man die Menschen ernährt, sondern welche Belastung Menschen, durch ihren Konsum und ihre bloße Existenz, darstellen.

Childfree Rebellion

Eine umstrittene Studie der Universität Lund aus dem Jahr 2017 sagt, dass man mit dem Verzicht auf ein Kind jährlich 58,6 Tonnen CO2 einsparen könne. Im Vergleich dazu würde man mit einer ausschließlich veganen Ernährung 0,8 Tonnen einsparen. Die Studie berechnet dabei nicht nur den CO2 Ausstoß eines Kindes, sondern auch die der Nachfahren. Außerdem basiert die Studie auf Zahlen zum CO2 Verbrauch aus den USA, Japan und Russland. Dabei verursachen Menschen in ärmeren Ländern deutlich weniger CO2 Emissionen.

Die Autorin Verena Brunschweiger hat diese Studie zum Anlass genommen und ruft mit ihrem Buch „Die Childfree-Rebellion“ zum antinatalistischen Aufstand auf. Sie fordert einen Geburtenstopp, zumindest für ein paar Jahre.

Die antinatalistischen Gruppen sind auch in der Klimabewegung weiterhin eine Randerscheinung, aber ihre Positionen werden durchaus immer populärer. Paradoxerweise in den westlichen Industriestaaten, in denen es im Vergleich zur restlichen Welt relativ sicher und stabil ist.

FM4 Auf Laut: Keine Zukunft – Keine Kinder?

Kinder sind unsere Zukunft. Aber hat dieser Spruch noch Gültigkeit in einer Gesellschaft, die sich um ihre Zukunft Sorgen macht? Tut man Kindern überhaupt etwas Gutes, wenn man sie in eine Welt setzt, die mit schweren Folgen der Klimakrise konfrontiert sein könnte? Oder braucht es gerade die nächsten Generationen, um den Planeten zu retten?

FM4 Auf Laut diskutiert am 28. Februar ab 21 Uhr mit Gäst*innen und Anrufer*innen. Die Nummer ins Studio: 0800 226 996

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