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Bilderbuch

Pascal Schattenburg

But I’ve got softpower

Stärken, Schwächen, alles wurscht: Bilderbuch feiern schon wieder Karrierespitze mit ihrer neuen EP „Softpower“.

Von Lisa Schneider

In manchen Momenten im Leben stimmt alles, bei Bilderbuch glitzert’s wieder. Gute Bands sind auch die, die das eigene Hochgefühl weitergeben an die Gruppe an Menschen, die da vor der Bühne steht oder auch nur vor den Lautsprechern daheimsitzt, es ist ein liebevolles „Komm mit“.

Es hat am vergangenen Wochenende bei ihrem Auftritt in Lustenau am Szene Open Air gestimmt, es stimmt immer noch: Es muss ein angenehmes Bauchgefühl sein, zu mischen und zu probieren und nicht gerade selten einen großen Song zu schreiben, schön zu sein und sich so zu fühlen und Menschen entgegenzuspielen, die das alles auch sehr gut finden. In ein paar Jahren werden wir vielleicht erst richtig verstehen, wie groß das alles ist, bei und mit dieser Band, wenn es um Einträge in Poplexika geht oder so fade Titel wie „Österreichische Musikgeschichte“. Könnte auch ein Albumtitel sein, weil auch das ist ein Skill dieser fabelhaften Gruppe: sie tun Pfeffer rein.

Bilderbuch

Eva Sutter

Seit Bilderbuchs Nova-Rock-Auftritt Anfang Juni wissen wir, dass nicht der Himmel, nicht mal das Universum ein Limit bedeutet, dass da eine Band steht und spielt, die schon wieder was macht, was man den eigenen Sound nennen muss. Während Maurice Ernst aktuell seinen inneren Prince channelt, spielt ihm seine immer hervorragendere Band das dazu passende Musikbett, überall ein Gefühl von Sicherheit, von Spaß und Leidenschaft und einem Trendgefühl, das wenig andere besitzen. Was ist Pop im Jahr 2023 und wo auf dieser Skala bauen Bilderbuch sich ihr Zelt? Es ist Band-Zeit, es ist Coolness-Zeit, es ist Borg-dir-was-aber-nie-zu-viel-Zeit. Es ist Zeit für Weltstadtambitionen.

„Softpower“ und „Dino“ kennen wir schon als die ersten beiden Singles der neuen EP und ebenfalls als aktuell beste Liveshow-Opener (schöne, knusprige Intros gehen immer gut mit fallenden Vorhängen). „Alles was du musst ist warten / Oh I think it’s a depression“: Existenzängste und auch sonstige anxiety issues stellen Bilderbuch wieder mal neben Nonsens-Lyrik, weil wie soll man mit der Lächerlichkeit Leben sonst umgehen.

Höchstpathetisch also und im nächsten Atemzug dann schon wieder nicht. Da sind die Träume zu hell, das Leben dreht sich in spirals, das Chaos ist angerichtet, aber immerhin, mit Liebe. Bilderbuch schreiben mit so einer Leichtigkeit und manchmal Blödeligkeit über die Anstrengung, die es kostet, das alles zu machen und zu bleiben und zu arbeiten, sich abzurackern für den großen Traum, auf der großen Bühne zu stehen.

Und jetzt gibt’s da also noch zwei neue Lieder: „Digitales Wunder“ und „Aber Airbags“. Zwei kleine, zwei große Schwestern, es ist schon ganz klar, warum welche davon die Single-Auskopplungen waren, aber eine EP ist ein kleines Album und da wird eine Geschichte in ihren Hoch- und Tiefphasen erzählt.

viertel nach vier
ich kann nicht schlafen
es ist viertel nach vier
ich kann nicht schlafen
es ist viertel nach vier
es riecht noch immer nach

Und zack, da fehlt ein Wort im Song „Digitales Wunder“ - aber eigentlich auch nicht. Man darf sich schon drauf verlassen, dass Menschen das hören und spüren, wie’s weitergeht, das hat viel mit Erfahrungen, Leben und der Geschichte guter Popsongs zu tun. Auslassungen sagen manchmal mehr, hier kann ein Satz stehen zu „zwischen den Zeilen“, es kann aber auch so einer dastehen: Bilderbuch schreiben neue Liebeslieder, weil sie wissen, wie die alten klingen.

Vom Spirit und Style sind wir mit diesen zwei brandneuen Songs schon mal wieder mehr im Club „Magic Life“ zuhause, also in der Nähe eines Albums, auf dem Bilderbuch 2017 die Melodie nicht selten gegen Gefühl getauscht haben. Niemand tanzt so gut zwischen Blabla-Texten und Alltagswahrheiten, „nichts bringt mich um / außer ich sterbe“ heißt es auf „Aber Airbags“, fortgesetzt wird dann aber eh elegant mit „darum fahr ich nur geradeaus“.

Es wird irgendwann ein gelbes Reclam-Heftchen geben, das diese ganzen guten Wortspiel- und Klaubereien analysiert und unnötig aufdröselt. Wir müssen das nicht, das ist Musik, eine wichtigste Softpower, und die ist schon wieder sehr gut.

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