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El Paso Elsewhere

Strange Scaffold

Ein kleines Pulp-Meisterwerk

Der Third-Person-Shooter „El Paso, Elsewhere“ ist weit mehr als nur eine Hommage an „Max Payne“.

Von Rainer Sigl

Meine Ex will mir nichts Gutes, oder besser gesagt: Sie ist auf die ganze Menschheit sauer. Weil die Verflossene eine mächtige Vampirin ist, will sie in einem magischen Ritual gleich den Untergang der ganzen Welt heraufbeschwören und öffnet in einem schäbigen Motel in El Paso, Texas, ein Tor zur Hölle. Klar, dass ich da etwas dagegen unternehme.

Im Third-Person-Action-Game „El Paso, Elsewhere“ trete ich als melancholischer, drogenabhängiger Ex-Freund gegen die übermächtige Bedrohung an. Dafür werfe ich mich in den Dimensionsriss und schieße in stylischer Zeitlupe Zombies, Werwölfe und Dämonen über den Haufen. Akrobatische Hechtsprünge, ein kaputter Held und Pillen gegen den Schmerz: vom Gameplay bis hin zum lakonischen Off-Kommentar des Helden wirkt alles hier wie eine Hommage an den großen „Max Payne“, auch wenn Remedys Mystery-Thriller „Control“ inhaltlich ebenfalls zitiert wird.

Im Fahrstuhl zur Hölle

Ein Aufzug bringt mich in der surrealen Welt von „El Paso, Elsewhere“ immer tiefer nach unten, in verwinkelte Labyrinthe, die aus absurd zusammengewürfelten Versatzstücken der vertrauten Realität bestehen. Hier muss ich Geiseln befreien und die Monster bekämpfen, die meine Vampir-Ex schon beschworen hat.

„El Paso, Elsewhere“, entwickelt und vertrieben von Strange Scaffold, ist für Windows und Xbox erschienen.

„El Paso, Elsewhere“ ist toll geschrieben und trotz düsterer Story selbstironisch und immer wieder berührend. Mein Held meldet sich situationsbezogen im Spiel direkt zu Wort und breitet dabei auch sein melancholisches Innenleben vor mir aus. Die Noir-Horror-Geschichte samt origineller horrormythologischer Vorgeschichte wird dabei zwischen den Levels erzählt. Trotz Low-Poly-Retro-Look kommt dabei dichte Atmosphäre auf, auch wegen des großartigen HipHop-Soundtracks, der sich immer wieder selbstbewusst über die Action legt und für viel Style sorgt. Dass die Sprecher manchmal etwas zu nuschelig daherkommen, verzeiht man gern.

El Paso Elsewhere

Strange Scaffold

Edel-Trash mit Kultpotenzial

„El Paso, Elsewhere“ ist ein gelungenes Stück Edel-Trash, das seine Schwächen in Sachen Grafik und Budget durch Selbstbewusstsein und Stil mehr als wettmacht. Unglaublich, aber wahr: Die fragmentiert erzählte Story hält einen auch dann noch bei der Stange, wenn sich vor allem in den letzten Levels leichte spielerische Längen bemerkbar machen.

Sieben bis acht Stunden lang wird man hier hervorragend unterhalten, die stylische Inszenierung bleibt im Gedächtnis. Ein kleines, düsteres Pulp-Meisterwerk.

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