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FM4 Film Podcast: Elisabeth Scharang & Jörg Widmer über „Wald"

Im neuen Film der Wiener Regisseurin zieht sich eine traumatisierte Großstadtbewohnerin in die Provinz zurück. Zusammen mit ihrem Kameramann Jörg Widmer spricht Elisabeth Scharang über ästhetische Einflüsse und filmische Prägungen.

Von Christian Fuchs

An einem zentralen Punkt dieses Films steht ein befreiender Schrei. Marian (Birgitte Hobmeier) ist von Wien aufs Land gezogen, in der Natur kann sie loslassen. Was die Journalistin zurück ins alte, geerbte Haus der verstorbenen Großmutter führt, erfahren wir in „Wald“ in Rückblenden. Aber nur bruchstückhaft, denn Elisabeth Scharang ist eine Regisseurin, die nicht zuviel erzählen will.

Die Filmemacherin, Autorin (und FM4-Kollegin, das soll nicht verschwiegen werden) zeigt ihre Protagonistin in einer existentiellen Krise, deutet aber Hoffnungsschimmer an. Ausgerechnet die Leute in der Provinz, denen Marian zunächst ausweichen will, werfen letztlich Rettungsanker aus, darunter die lakonische Jugendfreundin Gerti (Gerti Drassl).

„Wald“ ist auf den ersten Blick einer der typischen österreichischen Filme, die sich am Land abarbeiten, wie „Revanche“, „Oktober/November“ oder auch jüngst auch das Horrordrama „Heimsuchung“. Schaut man genauer hin, wirkt Elisabeth Scharangs Werk - frei nach einem Buch von Doris Knecht - sehr gegenwärtig. Die Stimmung Marians dürfte vielen vertraut vorkommen, vor allem Frauen, die am Rande des Nervenzusammenbruchs durch den Alltag treiben.

Still aus "Wald"

Filmladen

Brigitte Hobmeier und Gerti Drassl in „Wald“

„Wald“ ist bereits die dritte Kollaboration der Regisseurin Elisabeth Scharang mit dem Kameramann Jörg Widmer, der auch schon für Terrence Malick, Wim Wenders und an großen Hollywood-Blockbustern gearbeitet hat. Das sehr unterschätzte Serienkiller-Drama „Jack“ führte die beiden erstmals zusammen, dass hier einer der Kameraleute von „Tree of Light“ dabei ist, dass wusste ich damals noch nicht.

Im FM4 Film Podcast sprechen wir nicht nur ausführlich über die Dreharbeiten im Waldviertel und welche ästhetischen und inhaltlichen Prägungen, die Regisseurin und den Director of Photography verbinden. Auch unser berüchtigter Fragebogen ist natürlich ein Thema.

Scharang, Widmer, Fuchs

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Elisabeth Scharang, Jörg Widmer und Christian Fuchs

Der erste Film und oder Kinobesuch, an den du dich erinnern kannst:
Elisabeth Scharang: „Aristocats“ von Disney.

Jörg Widmer: Ganz klassisch, mein Onkel war abends Filmvorführer in einem Kino einer französischen Garnison und hat mich immer mitgenommen. Nicht, dass ich auch nur den Inhalt verstanden hätte: die Filme waren alle auf Französisch und er hatte den Ton viel zu leise eingestellt und hatte mehr Freude daran, sich mit mir zu unterhalten. Aber immerhin durfte ich Filme in den Projektor einlegen, Rollen umspulen, hatte Spass und fing an, die Materialität und den Geruch des Filmes zu lieben.

Bei welchem Film hast du (zuletzt) geweint?
ES: „Women Talking“, im Flugzeug von Wien nach Toronto.

Ein Film, der eine Genreliebe ausgelöst hat:
JW: Alles kam relativ spät. Aber Filme, die mich faszinierten waren „Der Dritte Mann“, „Citizen Kane“ oder Hitchcocks „Vögel“.

Ein Film, den du mitsprechen kannst:
ES: Ich merke mir keine Dialoge, deswegen bewundere ich Schauspieler:innen so, aber ich merke mir Szenen- und Bilderfolgen - und ich schaue mir viele Filme, vor allem US-Mainstream-Blockbuster sehr gerne auch zum 20. Mal im TV an – „Hangover“, „Die Hard“, „Meet the Parents“. Mich beruhigt das.

JW: Da fällt mir leider keiner ein.

Ein Film der gut war, den du aber kein zweites Mal anschauen kannst/willst:
ES: „Un Prophéte“ von Jacques Audiard.

Ein Film, der dir als Erwachsene:r Angst eingejagt hat:
ES: “Get Out” von Jordan Peele. Ich hab bis heute nicht das Ende gesehen.

JW: Kein Film jagt mir Angst ein, weil da jederzeit mein Bewusstsein sich einschaltet und sagt: STOP, dies ist ein Film. Aber ich habe oft Angst um die Charaktere, besonders, wenn ich weiß, dass es sich um Filme handelt, die auf wahren Begebenheiten beruhen, wie zum Beispiel „Argo“.

Ein Film, den du als Kind zu früh gesehen hast:
ES: „Dracula“ mit 5.

Ein Film, den du abgebrochen hast:
ES: „Im Westen nichts Neues“ (2022)

JW: Ich bin aus einem dieser „Kettensägenmassaker“-Filme, den ich ansehen wollte, um mir einmal so etwas anzutun, nach 10 min wieder herausgegangen. „Hostel“ wollte ich mir ansehen, weil ich die Arbeit von Eli Roth ansehen wollte, ein sehr netter junger Mann, der mein 2nd Unit Regisseur bei Tarantinos „Inglourious Basterds“ war. Glücklicherweise zuhause auf Video, sodass ich das Spektakel mit fast forward abkürzen konnte. Ich habe einfach keinen Sinn für Gewaltorgien zur Unterhaltung.

Die erste Serie, die dich verschluckt hat:
ES: „The Handmaid´s Tale“.

JW: Ich habe früher nicht bewusst Serien geschaut. Die erste (Mini) „Serie“ für mich wäre diesbezüglich wahrscheinlich „Indiana Jones“, wo ich dann immer nachgesehen habe, wie sie es gemacht haben. Es gab diese Hefte, Cinefex, in der sie die Making Ofs der VFX-Szenen in geprinteter Form beschrieben. Habe ich mit großem Interesse angesehen! Es gibt Serien von heute, die ich stilistisch großartig, wie z.B. „Too Old To Die Young“, vielleicht die langsamste Actionserie, die jemals gedreht wurde. Aber auch „Gaslit“ (die Geschichte von Martha Miller) finde ich spannend - und beispielsweise wegen ihrer packenden Erzähldichte und hoher visuellen Qualität auch „Il Processo“ von Stefano Lodovichi, eine achtteilige Serie.

Welche 3 Filme machen dich glücklich – auch beim x-ten Mal anschauen:
ES: “Ghost Dog” von Jim Jamusch mit Forest Whitaker, Cate Blanchett in “I’m not there” von Todd Haynes und “Ziemlich beste Freunde“.

JW: „Blade Runner“, „Seven“, Brazil”.

Ein Film, den viel mehr Leute kennen sollen:
ES: „Die Tänzerin“ von Stephanie di Giusto mit Soko.

Ein Film, den man getrost aus dem allgemeinen „Kanon“ kicken könnte:
ES: “The House That Jack Built” von Lars van Trier.

JW: „Hostel“, „Hostel 2“, alle „Chainsaw Massacre“-Filme.

Ein Film, der deinen Humor beeinflusst hat:
JW: Da gibt es natürlich sehr viele. Angefangen bei Buster Keaton, dem die Dinge immer so zustoßen und der es mit genialer Stuntperformance immer wieder für den Zuschauer lustig macht. Dann die Filme der Monty Pythons und natürlich „Brazil“ von Terry Gilliam.

Ein Remake, das du lieber magst als das Original:
JW: “A Star Is Born” von Bradley Cooper.

Ein Biopic, das dringend gedreht werden sollte:
ES: Madonna

Was ist das größte Vorurteil in Sachen „Österreichischer Film“?
ES: Depressiver Aggrosex.

JW: Es gibt eigentlich keine Vorurteile gegen „den österreichischen Film“, von mir ohnehin nicht. Es gibt sicherlich Vorbehalte gegen manche österreichischen Produktionen, da sie zum Teil dialektbehaftet sind und demzufolge nicht mehr so gut verständlich sind für das deutsche Publikum. Hanekes Filme sind österreichisch und finden durchaus ein breites Publikum. Der österreichische Regisseur Wolfgang Fischer hat großen Erfolg mit „Styx“, Marie Kreutzer mit mehreren ihrer Filme. Und im TV gehören die österreichischen „Tatort“-Episoden oder „Der Pass“ mit zu den interessanten.

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