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Legs of Steel / Daniel Schiessl

Schwarz und Freeski-Profi: Dennis Ranalter auf der Suche nach seiner Identität

Freeski-Profi Dennis Ranalter hat Fragen nach seiner Identität als Schwarzer Tiroler jahrelang verdrängt. Mit Ende Zwanzig sollte damit Schluss sein. Im eindrucksvollen Film „Descendance“ geht er seiner Herkunft nach und will damit Vorbild für nächste Generationen sein.

Von Simon Welebil

Jahrelang hat sich Dennis Ranalter aus dem Tiroler Stubaital vor allem über seinen Lieblingssport identifiziert, als Freeskier mit einzigartigem Style, voller Kraft und Präzision, auf großen Schanzen genauso zuhause wie im Backcountry. Doch irgendwie wusste er immer, dass da auch noch etwas anderes ist. Jede Menge Fragen beschäftigten ihn: „Bin ich anders? Warum bin ich da und bin Schwarz? Schauen die Leute, weil das für sie ein Problem ist, oder ist das für sie interessant?“

Um Antworten auf diese Fragen zu finden fühlte er sich lange zu jung und im doch recht weißen Skisport hatte er auch nicht wirklich jemanden, den er hätte fragen können. Er wollte das mit sich selber ausmachen. Erst ein Aufruf seines Sponsors, Ideen zum Slogan „Never stop exploring“ einzureichen, hat das verändert und Dennis Ranalter begann, seiner Herkunft und damit einem anderen Teil seiner Identität nachzugehen.

Aus ersten Gedanken, die er in ein Notizbuch geschrieben hat, wurde ein Pitch vor seinem langjährigen Medienpartner, der Innsbrucker „Legs of Steel“-Crew, denen er sich zum ersten Mal wirklich geöffnet und ihnen nicht nur eine Perspektive auf den Skifahrer Dennis, sondern auf den „Schwarzen Dennis, der im Stubaital lebt“, geliefert hat.

Vom Slogan zum Film

„Descendance“ heißt das Filmprojekt, das Dennis Ranalter mit Legs of Steel umgesetzt hat, und für das sie sich Unterstützung holten: Phil Young, der sich für mehr Diversität im Outdoor-Sport einsetzt, stellte die tiefgehenden Fragen hinter der Kamera, die afroösterreichische Historikerin und Journalistin Vanessa Spanbauer lieferte die Hintergründe zu Schwarzen Menschen in Österreich und unterstrich, wie wichtig Repräsentation und Vorbilder sind.

Für Dennis war diese Unterstützung immens wichtig, weil er sich gewissermaßen auf fremdes Terrain begeben hat. Die Zweifel, ob seine Geschichte jetzt wirklich relevant genug sei, wurden dadurch ebenso ausgeräumt wie die Angst, als Zielscheibe für negative Reaktionen zu enden.

Dennis Ranalter Porträts

Legs of Steel / Daniel Schiessl

„Woher kimmsch du wirklich?“

Denn negative Reaktionen hat Dennis Ranalter aufgrund seiner Hautfarbe in seinem Leben schon genug einstecken müssen. Angefangen beim nur allzubekannten, vielleicht naiv und nicht böse gemeinten, aber immer verletzenden „Woher kimmsch du wirklich“ (Nenda kann davon ein Lied singen) zu beinharten rassistischen Sprüchen. Er solle lieber Fußball spielen, weil ihm am Berg ohnehin nur zu kalt würde, habe ihm etwa jemand einmal gesagt, oder ob sein Lieblingsessen Banane sei.

„Engstirnig“ nennt Dennis diesen Alltagsrassismus, den er mit Skifahren verarbeitet hat. „Am Berg war ich immer am befreitesten und habe an nichts anderes denken müssen.“ Den Zorn über schlechte Erfahrungen hat er in neue Tricks umgeleitet. „Skifahren ist meine Therapie“, sagt Dennis Ranalter.

Eine Reise zu sich selbst

„Descendance“ feiert am 13.10. bei der Legs of Steel Movienight im Innsbrucker Metropol Kino Premiere, knapp eine Woche später wird der Film aber auch schon auf Youtube aufschlagen.

In „Descendance“ geht Dennis allerdings andere Wege. Zum ersten Mal überhaupt unternimmt er eine Reise nach Ghana, trifft dort nach Jahren erstmals wieder auf seinen Vater und den anderen Teil seiner Familie. Dass diese Reise auch eine Reise zu sich selbst ist, wird mehr als nur deutlich. „Before, I was Austrian. Now I’m half Austrian, half Ghanian. That’s pretty cool“, heißt es im Film. „Ich glaub’ ich bin erwachsen geworden“ sagt Dennis Ranalter im Interview, „ich glaube, ich suche nicht mehr.“

Dennis Ranalter macht einen Trick auf Skiern im Tiefschnee

Legs of Steel / Pally Learmond

Jetzt, wo das Projekt fertig ist, fühlt sich Dennis erleichtert. Ein großer Stein sei von ihm gefallen, meint er, und er könne nun auch stolz auf den afrikanischen Teil seiner Identität sein. Auch wenn er immer noch nervös ist, wenn er daran denkt, wie die Freeski-Szene auf seinen so offenen und persönlichen Film reagieren wird, ist er sich sicher, dass er damit das Richtige getan hat und sich als Vorbild für viele junge Menschen anbietet:

Wenn das nur einem einzigen Menschen auf der ganzen Welt hilft, dann hat es sich schon zu 100.000% rentiert.

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