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Der Nino aus Wien

Florian Rainer

Die Welt ist ein Suppentopf

Köpft die Flaschen, Nino aus Wien hat ein Buch geschrieben. Es heißt „Kochbuch Take 16“.

Von Lisa Schneider

Gute Bücher sind die, die man nach dem Lesen noch sehr oft zitiert. Wenige Sätze in den letzten Wochen öfter gesagt als „Meine Oma hat immer gesagt Schinken macht dick und Salami macht schön“ oder „Ich bin einfach viel zu zach“. Nino aus Wien (ohne „der“ und das ganz mit Absicht, das ist die feine Trennlinie zwischen Literaten- und Musiker-Ich) ist manchmal viel lustiger, als er es eigentlich möchte, weil es hier nicht um in-your-face, sondern um die schönen Lächerlichkeiten im Leben geht. Lachen darf man also eh, aber auch ein bissi nachdenken.

Buchcover Der Nino aus Wien Kochbuch Take 16

redelsteiner dahimène edition

Ninos erstes Buch erscheint im Verlag redelsteiner dahimène edition.

„Kochbuch Take 16“ also, wir führen über den Titel zwei Gespräche, das erste ernster, das zweite nicht so sehr. Frei nach letztgenanntem ist es natürlich schon ein „Kochbuch nach Wiener Tradition“, und es geht „hauptsächlich ums Panieren“. Und, nach erstgenanntem, die Umkehr zum „Kopf als Kochtopf“, der dann und wann bei zu hohem Druck überläuft. Nino hat sich durch seine Notizbücher der letzten 20 Jahre gegraben, auch deshalb, weil viele sich beschwert haben, „es gäbe nie was zu lesen“. Seine Lyrics hat er nämlich so gut wie nie in die Booklets drucken lassen, alle sollen verstehen, was sie wollen. Jetzt aber, und schon wieder eine schöne Formulierung, „sollen alle, die wollen, ein bisschen Teil an meinem Chaos haben können“.

Das Buch hat, der Titel verrät es, und vielleicht ist es Ninos Lieblingszahl, 16 Kapitel, das Chaos steht am Anfang und zieht sich schon ein bisschen durchs Buch. Was danach kommt, sind Randnotizen, kleine Alltagsbeobachtungen, Songtexte, Reiseberichte, Tipps, wie man Songs schreibt oder wie man sie lieber nicht schreibt, und natürlich ein paar kulinarische Wegweiser. Die klingen etwa so: Camembert mit Preiselbeeren, eher selten Kaviartoast mit Mayonnaise, aktuell immer Soletti mit Liptauer („ein österreichischer Klassiker“) oder natürlich How-to-Spaghetti. Als begnadeten Koch würde Nino sich nicht bezeichnen, aber auf Wortebene geht sich das natürlich wieder auf ganz andere Art aus.

Nino hat schon immer Zeilen geschrieben, die man den besten Menschen im eigenen Leben in die Glückwunschkarten schreibt. Floskelfrei und trotzdem immer mehr vom eigenen Kopf verlangen, als er bieten kann. Das sind sehr oft Sätze, bei denen man sich ärgert, nicht selbst drauf gekommen zu sein, dabei „hab’ ich ja fast kein Wort in dem Buch neu erfunden“. Wenn die Krautfleckerln zu „Krautfleckerlm“ oder er selbst mal zum „Dino aus Wien“ wird, wenn Beistriche fehlen oder die Groß- und Kleinschreibung nicht so wie bei der Matura sitzt, dann ist das schon ganz gewollt so. Gute Menschen können und machen es dann trotzdem ganz anders.

Zwischen die Gedankenstreifzüge streut Nino die Namen seiner Wegbegleiter*innen, Freund*innen und Idole, dabei sind natürlich Michael Konsel und Wolfgang Ambros, Ernst Molden, Georg Danzer, Stefanie Werger, Gerda Rogers, Pauls Jets, Voodoo Jürgens oder Euroteuro. Außerdem: „Es ist schön, in einer Stadt zu leben, in der es Wanda gibt“, das beste Lied, „Stehengelassene Weinflaschen“, singt er nicht nur kurz im Studio, es ist natürlich auch im Buch vermerkt. Fine-lining zwischen Totalanbetung und schlichter Wertschätzung, weil er meint es so, wie es da steht: „Wie ich begonnen hab’, Musik zu machen, hab’ ich ja niemanden gekannt, aber es war immer mein Traum, Teil zu sein von einer coolen Wiener Musikszene. Und dann sind plötzlich Wanda gekommen und ich find’, die haben die Stimmung in der Stadt schon sehr verändert.“

Nino aus Wien

Nino Mandl

Wer vergisst, im FM4 Studio ein Foto zu machen, muss Nino eben danach um ein Selfie bitten. Weil er sehr höflich ist, trägt er sogar noch einmal den prominenten, besten, natürlich auch im Buch vertretenen Katzenpulli, auf den sich „die mit Abstand meisten Anfragen der letzten Monate“ beziehen.

Vieles in „Kochbuch Take 16“ ist wahr, manches ist fast wahr, manches geflunkert. Wie eh immer soll man nicht Autor und Protagonist verwechseln, auch wenn sehr vieles sehr nah liegt. „Ich hab’ Adria am Unterarm tätowiert“, kurz davor: „Ich verlieb mich sofort“. Das zu Persönliche enttäuscht fast immer, das Wichtigste muss hinein.

Wir kennen die großen Musikthemen vom Nino aus Wien, selbst sagt er ja auch, „man könne das Buch schon so wahrnehmen wie ein Album". Es gibt die Setlist, und singen könne man es auch, dauert ungefähr zwei Stunden. So lang, wie ein Film dauert, den man mag, so kurz, dass es knackig bleibt. So, dass man nach dem Aufwachen aufs Nachtkästchen greift, wo dieses liebe, kleine Buch liegt, man sich eine Zeile durchliest und die vielleicht mit in den Tag nimmt. „Es muss das Leben gut werden, sonst hat es keinen Sinn.“

Dass man den Titel des Buchs vielleicht versteht, sobald man es mal gelesen hat, sagt Nino. Mögliche Verstehweise: Das Leben verläuft nicht nach Rezept, manche Dinge würde man vielleicht aber trotzdem immer wieder genauso machen. Das vielleicht Allerschönste an diesem Buch ist sein Nicht-Anspruch an Vollständigkeit und die Freude am Ideen An- und Aufreißen. Da ein Funke, dort ein Knall und dann wieder ein bisschen guter Blödsinn. „Wenn du ein Wort in diesem Buch findest, das eine Bedeutung für dich hat, dann ist das Buch ein Erfolg.“ Sehr understatement, sehr Nino, sehr, sehr wahr.

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